Autor: Martin Semesch, Christoph Wittmann
Umfang: 184 Seiten
Verlag: Acabus Verlag
Erscheinungsdatum: 01. Februar 2011

Klappentext:
Seit über hundert Jahren ranken sich Gerüchte und Spekulationen um den berühmtesten Serienmörder der Geschichte. Warum hat er getötet? Wieso hat das Morden so abrupt aufgehört? Wer war er? Nie hat jemand eine Antwort darauf gefunden.
Im heutigen London werden bestialisch zugerichtete Frauenkörper gefunden. Die Bevölkerung fühlt sich an eine längst abgeschlossen geglaubte Mordserie aus der Vergangenheit erinnert. Detective Sergeant Duncan McGregor wird mit den Ermittlungen betraut. Mit jeder Spur gerät er tiefer in die dunkle Welt des Killers. Handelt es sich um einen Nachahmungstäter, einen verrückten Fan, jemanden, der nach Anerkennung lechzt? Oder ist es die albtraumhafte Wahrheit, dass Jack the Ripper von den Toten auferstanden ist, um sein Werk zu Ende zu bringen?

Zum Roman:
London, East End, Whitechapel: Detective Sergeant Duncan McGregor wird mitten in der Nacht zu einem Tatort in einer kleinen dunklen Seitengasse gerufen. Als er dort eintrifft, findet er die nackte Leiche einer Frau vor, welche brutal ermordet wurde. Bei der Toten handelt es sich um eine Prostituierte, die von ihrem Mörder im Genitalbereich grausam verstümmelt wurde. Zusammen mit seinem Partner Matthew Peterson übernimmt McGregor die Ermittlungen, welche sich jedoch zunächst äußerst schwierig gestalten. McGregor und Peterson müssen sich mit zwielichtigen Gestalten im Londoner Rotlichmilieu beschäftigen, kommen aber zu keiner vielversprechenden Spur.

Als wenig später ein zweites Opfer tot und verstümmelt aufgefunden wird, deutet immer mehr auf einen Serientäter hin. Erst recht, als bei einem abgehalfterten Journalisten ein Bekennerschreiben eingeht, in dem der Killer seine Taten gesteht und weitere Morde ankündigt. Der Brief weist erschreckende Parallelen zu dem eines bekannten Londoner Serienmörders auf, dessen Gräueltaten allerdings schon mehr als hundert Jahre zurückliegen: Jack the Ripper. Handelt es sich nun um einen Nachahmungstäter, der die Verbrechen des bekannten Vorbildes wiederholt? Und welche Rolle spielt dabei McGregors Partner Matt Peterson, der seit geraumer Zeit völlig neben der Spur ist und sich die Nächte im Umfeld der ermordeten Frauen um die Ohren schlägt?

„Schwarz/Weiß. Der Tod hat zwei Gesichter“ ist der Debütroman der beiden österreichischen Autoren Martin Semesch und Christoph Wittmann und hat in Deutschland bisher keine große Aufmerksamkeit erregt. Das ist eigentlich schade, denn trotz des relativ geringen Umfangs bietet der London-Thriller viele gute Ideen und jede Menge Spannung. Allerdings ist der Einstieg in den Roman mehr als ungewöhnlich, denn bereits im ersten Kapitel wird der Serienmörder auf frischer Tat von Scotland Yard erwischt. Damit ist die Frage, ob die Ermittlungen von McGregor und Peterson erfolgreich sind, direkt nach wenigen Seiten beantwortet. Wer jedoch nun befürchtet, durch diese frühe Enthüllung ist in dem Thriller schnell die Luft raus, der kann beruhigt sein: Die Identität des Killers bleibt nämlich bis zum Schluss ein gut gehütetes Geheimnis und sorgt somit für ein durchgehend hohes Spannungsniveau.

Nach dem packenden Beginn springt die Handlung dann auch erst einmal zehn Wochen in die Vergangenheit und an den Fundort der ersten Leiche. Der Leser wird kurz mit den handelnden Figuren vertraut gemacht, wobei vor allem Duncan McGregor im Mittelpunkt steht: Der Detective Sergeant ist ein absoluter Vorzeigecop, ein gründlicher und gewissenhafter Ermittler, der zudem das uneingeschränkte Vertrauen seines Vorgesetzten genießt. Das kann man von seinem Partner Matthew Peterson nicht gerade behaupten, denn seit dieser von seiner Frau verlassen wurde ist Matt ein menschliches Wrack. Er verbringt seine Nächte im Rotlichtmilieu, ist unzuverlässig und wirft durch sein Verhalten ein schlechtes Licht auf McGregor, was schon zu Beginn ein großes Konflikpotenzial zwischen den beiden darstellt, welches sich konsequent durch die Geschichte zieht. Natürlich zieht Peterson durch sein Handeln auch schnell das Interesse der Ermittlungen auf sich, denn er kennt sich im Umfeld der Ermordeten durch seine eigenen Erfahrungen bestens aus…

Der Schreibstil der beiden Österreicher ist sehr einfach gehalten, man könnte fast schon sagen er wäre primitiv. Positiv könnte man es aber auch so ausdrücken, dass die beiden keine Zeit an unnötige Details und überflüssige Beschreibungen verschwenden. Der Fokus liegt hier eindeutig auf der Geschichte, was für ein durchgängig sehr hohes Erzähltempo sorgt. Kurze und schlicht gehaltene Sätze machen das Lesen sehr einfach und man kommt schnell in der Handlung voran, was aufgrund der geringen Seitenzahl auch durchaus begrüßenswert ist. Von Zeit zu Zeit wird der Umgangston auch schon mal etwas derber und vulgärer, vor allem wenn sich die Detectives unter Zuhältern und Prostituierten aufhalten oder aber wenn die Perspektive wechselt und der Leser in die Rolle des Serienmörders schlüpft. Dessen Identität bleibt natürlich verhüllt, doch man begleitet in einigen Szenen den offenbar wahnsinnigen Killer bei seinen Morden und der Suche nach dem nächsten Opfer und kann an dessen beängstigenden Gedanken teilhaben. Diese Perspektivwechsel sorgen für Abwechslung und erhöhte Spannung, sind aber gerade bei den recht heftigen Tötungsszenen auch nichts für zartbesaitete Gemüter.

Was allerdings ein wenig negativ ins Gewicht fällt, ist die Beschreibung der Schauplätze. Obwohl „Schwarz/Weiß. Der Tod hat zwei Gesichter“ auf dem Buchcover ausdrücklich als „London-Krimi“ beworben wird, so ist das Setting der Handlung schon ein wenig beliebig. Viele der Handlungsorte könnten in jeder beliebigen Stadt angesiedelt sein, denn dunkle Gassen und Rotlichtkneipen gibt es nicht nur in Englands Hauptstadt. Hier hätte man mit ein bisschen mehr Recherche eine deutlich bessere London-Atmosphäre kreieren können. Das gilt zudem für die Anspielungen auf die historischen Ripper-Morde, denn bis auf den mysteriösen Brief und die Morde an Prostituierten gibt es eigentlich nicht wirklich viele Gemeinsamkeiten. Selbst wenn man nur grob den entsprechenden Wikipedia-Eintrag überfliegt, hätte man mehr Informationen darüber finden können. So bleibt ein wenig der Verdacht, dass das „Jack the Ripper“-Thema nur als Aufhänger für die Geschichte dient, um diese wirksamer und aufmerksamkeitsheischender an den Mann zu bringen, was das Buch aber eigentlich gar nicht nötig hat.

Mein Fazit:
Trotz des sehr geringen Umfangs von nur knapp 200 Seiten ist „Schwarz/Weiß. Der Tod hat zwei Gesichter“ ein wirklich gelungener Thriller geworden. Der Schreibstil ist bewusst sehr einfach gehalten und voll auf schnelle und packende Unterhaltung ausgerichtet. Auch die Figuren sind etwas klischeehaft (guter Cop/böser Cop), funktionieren jedoch ausreichend als Identifikationsfiguren. Der große Trumph des Buches ist aber die sehr spannende Story, welche den Leser schnell in einen richtigen Sog zieht. Ich habe den Roman in einem Zug durchgelesen – was zugegebermaßen bei 184 Seiten aber auch nicht allzu schwer fällt. Doch gerade gegen Ende hin ist die Geschichte unglaublich mitreißend und bietet eine Reihe von überraschenden Wendungen. Immer wenn man denkt „Hab ich’s doch gleich gewusst!“, wird einem kurz darauf schnell klar, dass man von den beiden Autoren wieder auf eine falsche Fährte gelockt wurde. Kurzum: Semesch und Wittmann erfinden das Genre weiß Gott nicht neu und auch die gelungene Auflösung hat man so oder so ähnlich schon woanders gesehen. Doch „Schwarz/Weiß. Der Tod hat zwei Gesichter“ weiß über die gesamte Distanz absolut zu fesseln und kann mit einer ungemeinen Spannung aufwarten. Allerdings sollte man hier bitte kein literarisches Meisterwerk erwarten, denn sprachlich ist das alles auf einem sehr beschaulichen Niveau. Macht aber nichts, denn ich habe mich während des Lesens jederzeit großartig unterhalten gefühlt. Für Thriller-Fans ist „Schwarz/Weiß. Der Tod hat zwei Gesichter“ meiner Meinung nach ein echter Geheimtipp!

Meine Wertung: 8/10

Informationen:
„Schwarz/Weiß. Der Tod hat zwei Gesichter“ von Martin Semesch und Christoph Wittmann ist im Acabus Verlag erschienen und hat einen Umfang von 184 Seiten. Das Buch ist für 12,90 € als Taschenbuch erhältlich. Weitere Infos gibt es auf der Verlags-Homepage.

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