Tags: Benjamin Chambers, Kunst, London, Serienkiller, Skulpturen, Ullstein
Genre: Thriller
Nachdem Daniel Cole mit seiner “Ragdoll”-Trilogie internationale Bekanntheit erreicht hatte war es auf dem deutschen Buchmarkt eine Weile lang erstaunlich ruhig um den Briten. Gut vier Jahre nach dem letzten Buch ist nun aber der Standalone-Thriller “Die Muse” erschienen – allerdings hat es knapp zweieinhalb Jahre gedauert, bis dieser Roman aus dem englischen Original übersetzt wurde. Und nach der Lektüre dieses neuen Buches ist man fast geneigt, die lange Wartezeit darauf zu schieben, dass man von Seiten des deutschen Verlages möglicherweise nicht wirklich von der Qualität von Coles jüngstem Werk überzeugt war.
Eine Mordserie im Stil großer Meisterwerke
Dabei klingt der Inhalt erst einmal gar nicht uninteressant, wenn auch nicht sonderlich originell: Im Jahr 1989 kommt es in London zu einer grausigen Mordserie, bei der die Opfer im Stil berühmter Skulpturen der Kunstgeschichte zur Schau gestellt werden – so wird zum Beispiel der erste Tote im Hyde Park in der Pose von Auguste Rodins “Der Denker” aufgefunden. Die Ermittlungen übernimmt Detective Sergeant Benjamin Chambers, der Unterstützung vom Streifenpolizisten Adam Winter erhält. So weit, so verheißungsvoll.
Hier sind nicht nur die Morde künstlich
Allerdings ist die Ausführung der Geschichte ab der ersten Seite an seltsam befremdlich. Das beginnt bei den Charakteren, die für einen Unterhaltungsroman zwar durchaus passabel und nicht unsympathisch angelegt sind, aber vollkommen unnatürlich miteinander interagieren. Dies reicht von Chambers’ cholerischem und an einer Aufklärung des Falls kaum interessiertem Vorgesetzten bis zu den Dialogen zwischen den Ermittlern, die vermutlich humoristisch gemeint waren, in der Umsetzung aber sehr verkrampft und unlustig wirken. Dadurch erwecken die Figuren nahezu allesamt einen sehr unprofessionellen und gekünstelten Eindruck.
Auf der Suche nach dem roten Faden
Ähnlich ist es bei der Geschichte selbst, die oft wie eine hektische Aneinanderreihung von willkürlichen Szenen scheint und häufig einen roten Faden vermissen lässt. Viele Passagen sind sogar derart unstrukturiert geschrieben, dass mehrfach kaum nachvollziehbar ist, wer in Dialogen gerade redet und was genau die jeweiligen Handlungen veranlasst. Dadurch ist es stellenweise schwierig, der holprigen Handlung zu folgen, in welcher sich eigentlich lediglich Verbrechen ohne verständlichen Zusammenhang aneinanderreihen.
Eine Zeitreise aus reiner Faulheit
Ein völliges Mysterium ist zudem, warum sich Daniel Cole für seine Geschichte die 1990er Jahre ausgesucht hat und die Handlung zwischen den Jahren 1989 und 1997 spielen lässt. Da die besuchten Schauplätze kaum beschrieben werden und dadurch wirklich keinerlei Atmosphäre entsteht, bleibt eigentlich nur die Vermutung übrig, dass die Reise in die Vergangenheit aus reiner Faulheit angetreten wurde. So musste sich der Autor nämlich über neuere Technologien in der Kommunikation und Kriminaltechnik deutlich weniger Gedanken machen und konnte sich einen Großteil der Recherche sparen. Mit den heutzutage zur Verfügung stehenden Mitteln hätte die Geschichte nämlich alleine schon aufgrund des feinmaschigen Londoner Überwachungsnetzes nicht mal ansatzweise funktioniert.
Lieblos geschriebener und amateurhaft inszenierter Thriller
So wirkt “Die Muse” von Anfang bis Ende völlig lieblos heruntergeschrieben und fühlt sich beim Lesen eher an wie ein im Selbstverlag publizierter Schreibversuch eines Möchtegern-Schriftstellers, jedoch nicht wie ein professionell verlegter Roman eines bereits international erfolgreichen Autors, der mit seinen ersten Büchern ja durchaus ein gewisses Talent unter Beweis gestellt hat. Kein Wunder, dass man sich mit der deutschen Übersetzung dieses Werkes so viel Zeit gelassen hat – und ehrlich gesagt hätte man sich diese Mühe auch komplett sparen können, denn das einzige Highlight dieses Buches sind die Illustrationen der Zeichnerin Alexandra Limon, die beim Verständnis der Tatorte helfen und einem das Googeln der künstlerischen Tat-Vorbilder ersparen.
Cover: | |
Charaktere: | |
Story: | |
Atmosphäre: |
4/10
Das ist ein sehr langes Buch für nur 4 Sterne xD