Während Jan-Erik Fjell in seiner Heimat Norwegen längst zu den Bestsellerautor:innen im Thriller-Genre zählt, ist er auf dem deutschen Buchmarkt noch vergleichsweise unbekannt. Das liegt sicher auch daran, dass seine ersten Bücher der Anton-Brekke-Reihe hierzulande wohl damals eher wenig erfolgreich waren und die weiteren Bände dann gar nicht erst veröffentlicht wurden. Mit dem sechsten Band “Nachtjagd” startete der Goldmann Verlag dann aber einen Wiederbelebungsversuch der Serie – offenbar mit größerem Erfolg, denn nun ist mit “Dunkelhaus” nicht nur die direkte Fortsetzung erschienen, auch die ersten Bücher der Reihe werden anscheinend nun nach und nach neu aufgelegt.
Neuer Anlauf für den Durchbruch auf dem deutschen Buchmarkt
Man muss ehrlicherweise sagen, dass “Nachtjagd” vielleicht nicht der beste Einstieg in das Universum des Ermittlers Anton Brekke war, denn die ambitionierte Geschichte mit drei verschiedenen Handlungsebenen bis hinein in einen Todestrakt in den USA wirkte mitunter deutlich zu überfrachtet. Viel schlimmer war jedoch, dass sich der Protagonist höchstselbst hier nicht unbedingt von seiner besten Seite zeigte und vor allem durch missgünstiges und latent sexistisches Verhalten auffiel.
Welche neuen Erkenntnisse nahm der Mentor mit in den Tod?
In “Dunkelhaus” wirkt Brekke jedoch plötzlich wie ausgetauscht und stellenweise wie eine völlig neue Figur, was auch daran liegen mag, dass der Kommissar diesmal auch auf persönlicher Ebene herausgefordert wird. Denn die Geschichte beginnt mit dem Tod von Harald Uteng, dem früheren Mentor des inzwischen selbst erfahrenen Polizisten. Dieser ist offenbar in möglicherweise angetrunkenem Zustand von seinem Hausboot gefallen und ertrunken, doch Brekke kommt die Unfall-Theorie von Anfang an merkwürdig vor. Seine Vermutung wird bestärkt, als er erfährt, dass Uteng kurz vor seinem Tod an einem True-Crime-Podcast mitgewirkt hatte, der den brutalen Mord an einem 17-jährigem Mädchen neu aufrollen wollte – ein Fall aus der Zeit, in der Brekke selbst noch ein junger Polizist war.
Ein besserer Brekke-Auftritt als noch im Vorgänger
Vielleicht ist es diese persönliche Note und auch die Rückblenden in die Vergangenheit des Protagonisten, die Anton Brekke in diesem Roman deutlich nahbarer wirken lassen. Zudem nimmt der Ermittler inzwischen auch selbst die Rolle eines Mentors für seinen jüngeren Kollegen Magnus Torp ein und ist immer darauf bedacht, seinem Zögling Wissen und Erfahrung weiterzugeben – auch wenn manche seiner Ermittlungsmethoden inzwischen zumindest als grenzwertig bezeichnet werden dürften. Das Zusammenspiel von altem Hasen und ambitioniertem Nachwuchs ist jedoch gut gelungen, auch weil Torp nicht immer alles blind akzeptiert und seinem Kollegen auch durchaus widerspricht.
Zweite Chance zahlt sich aus
Auch der Fall selbst ist viel stringenter als noch im Vorgänger und baut von Beginn an Spannung auf, zudem sorgen die zwei verschiedenen Zeitebenen für Abwechslung. Atmosphärisch ist “Dunkelhaus” ebenfalls stärker als “Nachtjagd” und erzeugt eine packende düstere Stimmung. Zudem erzeugen interessante und überraschende Wendungen bis zum Schluss eine gewisse Sogwirkung. Insgesamt ist dieser siebte Band folglich deutlich besser gelungen als der vorherige und wäre vermutlich der bessere Wiedereinstieg in die Romanwelt von Jan-Erik Fjell gewesen. Bleibt zu hoffen, dass die kommenden Bücher und auch die neu aufgelegten Frühwerke an die Qualität von “Dunkelhaus” anknüpfen und das eher durchschnittliche “Nachtjagd” vielleicht nur ein Ausreißer war.
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8/10