Tags: Geheimnis, Koma, Missbrauch, Psychothriller, Selbstmordversuch, Unfall, Vergangenheit
Genre: Thriller
Susan Jackson dachte, sie würde endlich ein perfektes Leben führen – bis ihre 15-jährige Tochter von einem Bus erfasst wurde und seitdem im Koma liegt. Zudem deutet vieles darauf hin, dass Charlotte sich mit voller Absicht vor den Bus geworfen hat um sich das Leben zu nehmen, auch wenn Sues Mann Brian dies nicht wahrhaben will und immer noch an einen Unfall glaubt. Allerdings weiß Brian nichts von dem geheimen Tagebuch, dass Susan nach dem Selbstmordversuch ihrer Tochter in deren Zimmer gefunden hat. Vor allem ein Eintrag sorgt bei der besorgten Mutter für Entsetzen: „Keeping this secret is killing me“. Verzweifelt setzt Sue alles daran herauszufinden, was es mit diesem Geheimnis auf sich hat und was für Charlotte so schlimm gewesen sein muss, dass sie versucht hat sich das Leben zu nehmen…
Die verzweifelte Suche einer Mutter nach der Wahrheit
Erzählt wird die Geschichte in C.L. Taylors Psychothriller „The Accident“ aus der Sicht der Mutter, deren Leben durch das Drama um Charlotte völlig aus dem Ruder gelaufen ist. Während sie Tag und Nacht am Krankenbett ihrer Tochter wacht und fast panische Angst hat, ein vorübergehendes Loslassen könnte für Charlotte fatale Folgen haben, ist sie gleichzeitig davon besessen, die Gründe für deren Selbstmordversuch herauszufinden – denn im Gegensatz zu ihrem Mann macht sich Sue keine Illusionen und geht davon aus, dass ihre Tochter den Unfall bewusst herbeigeführt hat. C.L. Taylor beginnt durch den mysteriösen Tagebucheintrag recht früh mit dem Spannungsaufbau und kann damit auch die Leser schnell für Susans Suche nach der Wahrheit fesseln.
Unzuverlässige und paranoide Erzählerin als Spannungsfaktor
Einen großen Teil des Reizes bezieht „The Accident“ zudem dadurch, dass Susan Jackson als Erzählerin äußerst unzuverlässig ist: Sie hat eine therapeutische Vorgeschichte, war vor Jahren schon einmal in Behandlung und wird durch die jüngste Tragödie erneut völlig aus der Bahn geworfen. Zudem sorgen die vagen Andeutungen ihrer Tochter dafür, dass sie selbst ihren engsten Bezugspersonen mit Misstrauen begegnet. Warum hat ihr Mann plötzlich Geheimnisse vor ihr, was wusste Charlottes Halbbruder über die Probleme des Mädchens und war ihre Tochter vielleicht gar nicht der Engel, für den Sue sie immer gehalten hat? Die Mutter steigert sich bei ihren Nachforschungen immer mehr in die Paranoia hinein, allerdings kann man als Leser selbst ebenso wenig wie die Hauptfigur herausfiltern, welche Zweifel möglicherweise berechtigt sind und mit welchen Anschuldigen Sue ihren Mitmenschen hingegen Unrecht tut und böse vor den Kopf stößt. In diesem ständigen Spiel mit der Glaubwürdigkeit erinnert „The Accident“ oft an Gillian Flynns „Gone Girl“ oder an S.J. Watsons „Ich. Darf. Nicht. Schlafen“, wobei vor allem letzteres Buch einige deutliche Parallelen aufweist. Und auch wenn die Mutter als Protagonisten sich nicht zur wirklichen Sympathieträgerin entwickelt, ist ihr Verhalten doch stets nachvollziehbar.
Sehr spannend, aber zum Ende hin vorhersehbar
Neben Sues verzweifelten Nachforschungen gibt es nämlich noch einen zweiten Handlungsstrang, der anhand von Tagebucheinträgen das schwierige Leben der 15 Jahre jüngeren Sue erzählt, die in einer obsessiven Beziehung lebt und von ihrem Partner einem massiven psychischen Druck ausgesetzt wird. Auch hier ist es faszinierend und spannend zu beobachten, wie die Frau immer tiefer in eine Abwärtsspirale gerät, aus der sie sich kaum noch befreien kann. Allerdings haben diese Einblicke für das Gesamtwerk einen recht deutlichen Nachteil, denn sie lenken den Leser sehr früh in eine bestimmte Richtung, was der Suche nach der Ursache für Charlottes Handeln doch ein wenig den Reiz raubt. Zwar bleibt „The Accident“ wirklich bis zum Ende ein packender Page-Turner, den man aufgrund der immer erschreckenderen Enthüllungen kaum aus der Hand legen kann – die Auflösung ist dann aber doch eher vorhersehbar und kann nur noch in Detailfragen für Überraschung sorgen. Das ist ein wenig schade, allerdings lässt sich die Geschichte rückblickend betrachtet wohl auch kaum anders aufziehen, als es C.L. Taylor hier getan hat. Dafür ist der Schluss aber immerhin logisch herbeigeführt und glaubwürdig, was man z.B. von „Gone Girl“ nun nicht gerade behaupten kann. Wer psychologische Thriller dieser Machart mag und eine Abwechslung zu blutrünstigen Serienkiller-Schockern sucht, wird mit „The Accident“ wirklich sehr gut bedient.
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8/10