Autor: Ian Fleming
Sprecher: Oliver Siebeck
Länge: 05 Std. 26 Min. (ungekürzt)
Anbieter: Audible GmbH
Originaltitel: Casino Royale
Preis: 20,95 € (9,95 € im Flexi-Abo von Audible.de)

Inhaltsbeschreibung von audible.de:
Geheimdienstchef M schickt Bond auf eine Mission, um einen russischen Agenten namens „Le Chiffre“ auszuschalten. Er soll ihn am Baccarat-Tisch ruinieren und so seine sowjetischen Auftraggeber zwingen, ihn in den „Ruhestand“ zu schicken. Zunächst scheint es so, als ob das Glück Bond hold ist – Le Chiffre hat eine Pechsträhne. Doch manche Leute weigern sich einfach, nach den Regeln zu spielen, und die Anziehungskraft, die eine schöne Agentin auf Bond ausübt, führt ihn zuerst ins Unglück und dann zu einem unerwarteten Retter…

Meine Hörbuchbesprechung:
Der sowjetische Top-Agent Le Chiffre hat ein Problem: Von seinem Nachrichtendienst SMERSCH, der Vorgängerorganisation des KGB, hat er einen sehr großen Geldbetrag bekommen, welches er in Frankreich in eine Reihe von Bordellen investiert hat, um das Kapital für spätere Missionen noch weiter zu aufzustocken. Wenig später macht ihm die französische Regierung aber einen Strich durch die Rechnung, da diese ein Gesetz verabschiedet, das Prostitution für illegal erklärt und Le Chiffre damit seiner Geschäftsgrundlage beraubt. Das Geld ist also weg und SMERSCH von den Spekulationen ihres Agenten alles andere als begeistert, sodass Le Chiffre fieberhaft nach einer kurzfristigen Einnahmequelle sucht. Die Lösung soll ein Casino in dem Küstenort Royale-les-Eaux sein, wo er am Baccara-Tisch seinen Verlust wettmachen und SMERSCH dadurch besänftigen will.

James Bond im Glücksspiel-Duell gegen feindlichen Top-Agenten Le Chiffre

Als der britische Secret Service von diesem Plan Wind bekommt, sieht der Geheimdienst seine Chance gekommen, um den feindlichen Agenten endlich kaltzustellen. Zu diesem Zweck schleusen die Briten ihren eigenen Mann ins Casino ein, der Le Chiffre am Spieltisch besiegen und ihn damit endgültig ruinieren soll. Für diesen Auftrag schickt der Secret Service keinen geringeren als James Bond, den Agenten mit der Lizenz zum Töten. Unterstützung erhält 007 dabei vom amerikanischen CIA-Agenten Felix Leiter, René Mathis vom Deuxieme Bureau und der geheimnisvollen Vesper Lynd vom französischen MI6. Das Spiel kann beginnen…

Auftakt der neu aufgelegten 007-Reihe von Cross Cult und Audible

2012 ist James-Bond-Jahr: Vor 50 Jahren erschien der erste Film mit dem britischen Doppel-Null-Agenten („James Bond jagt Dr. No“) und gerade erst feierte der neue Bond-Blockbuster „Skyfall“ seine Premiere. Zur Feier des Jubiläums hat der Cross Cult Verlag sich die Rechte an den Büchern von 007-Schöpfer Ian Fleming gesichert und bringt diese nun nach und nach in einer Neuauflage heraus, viele Titel sogar erstmals in der ungekürzten Übersetzung. Den Anfang macht dabei der bereits 1953 veröffentlichte Roman „Casino Royale“, der die Grundlage für den gleichnamigen Film von 2006 darstellt.

Geheimdienst-Krieg zwischen Briten und Sowjets am Baccara-Tisch

Natürlich ist in der Buchvorlage das Setting der damaligen weltpolitischen Situation angepasst und so kämpft Bond nicht gegen einen zwielichtigen Börsenspekulanten, der für ein international agierendes Terrornetzwerk arbeitet, sondern gegen einen Agenten der Sowjets. Der Hintergrund bleibt aber derselbe: Le Chiffre hat sich mit dem Geld seines Auftraggebers, in diesem Fall der Geheimdienst SMERSCH, kräftig verspekuliert und muss nun schleunigst das dicke Minus ausgleichen, um seine eigene Haut zu retten. Für die Gegner der Sowjets bietet sich somit die einmalige Gelegenheit, den Top-Agenten auszuschalten und den Feind damit empfindlich zu treffen. Ian Fleming kommt hier deutlich schneller zur Sache als in der Filmversion: Nach einer kurzen Erklärung, wer Le Chiffre überhaupt ist und was die Vorgeschichte des Auftrags ist, sitzt Bond praktisch schon fast am Casinotisch und steht seinem Gegner in einem packenden Duell gegenüber. Gespielt wird Baccara, ein Karten-Glücksspiel, welches Fleming vor und während des Spiels zügig, aber absolut ausreichend erklärt – allzu kompliziert sind die Regeln nämlich nicht. Dieses Psychoduell zwischen Bond und Le Chiffre nimmt einen recht großen Teil der eher kurzen Hörbuchlaufzeit ein, wird aber packend und spannend vom Autor erzählt. Etwas schade ist lediglich, dass Fleming für seine Schilderung eine allwissende Perspektive gewählt hat und man daher immer genau weiß, wer welche Karten auf der Hand hat. Eine etwas subjektivere Erzählweise mit weniger Einblicken (z.B. nur aus der Sicht von James Bond) hätte sicherlich für noch mehr Nervenkitzel gesorgt.

James Bond – eiskalter Killer und ausgeprägter Chauvinist

007 muss einen sowjetischen Agenten kaltstellen und spielt zu diesem Zweck Karten – das klingt jetzt wahrscheinlich wenig spektakulär, hat aber seinen Reiz. Der Gegner muss genau gelesen werden können, außerdem hat sich Fleming noch das ein oder andere Extra einfallen lassen, welches das Baccara-Spiel zusätzlich aufpeppt. Natürlich kommt eine Bond-Geschichte aber auch nicht ohne Action aus, wenngleich diese im Buch deutlich sparsamer eingesetzt wird als in den zahlreichen Verfilmungen. Dafür sind diese dann aber umso intensiver – die Bezeichnung „kurz und schmerzhaft“ trifft es dabei ganz gut. Wer den Film mit Daniel Craig kennt, kann sich ungefähr vorstellen, was darunter gemeint ist, denn die Verfilmung ist im Nachhinein betrachtet ziemlich nah am Original, was mich doch überrascht hat. Das gilt auch für die Figur des James Bond, der in Flemings Roman wenig vom charmanten Verführer, dafür mehr von einem eiskalten Killer hat, der darüber hinaus auch noch ein ausgeprägter Chauvinist ist. Frauen haben seiner Meinung nach in diesem knallharten Geschäft absolut nichts verloren, was sich auch in seinem Umgang mit Vesper Lynd niederschlägt. Von der Idee einer Zusammenarbeit ist Bond überhaupt nicht angetan, schließlich seien Frauen am Herd besser aufgehoben als im Geheimdienst-Business. Das geht so weit, dass 007 Lynd aufgrund ihrer vermeintlichen Dummheit am liebsten ins Gesicht schlagen und die Naivität aus ihr herausprügeln möchte – was er aber natürlich nicht macht. Glücklicherweise bricht Ian Fleming diese ablehnende Haltung aber zum Ende hin auf und sorgt so für einen dramatischen und zugleich tragischen Schluss, der den Hörer nach einem kurzen Durchhänger nochmal richtig mitreißt.

Der Sprecher:
Ich gebe ehrlich zu, dass ich bei der Ankündigung der neuen James-Bond-Hörbücher bei aller Vorfreude auch ein wenig enttäuscht war, weil man für die Umsetzung nicht Dietmar Wunder, sondern Oliver Siebeck als Sprecher ausgewählt hat. Schließlich ist Wunder seit „Casino Royale“ als Synchronsprecher von 007-Darsteller Daniel Craig die deutsche Bond-Stimme und hätte vom Charakter her auch sicher gut zu der Buchvorlage gepasst. Der Hintergrundgedanke von Audible zu dieser Besetzung erscheint aber verständlich und ist für mich auch nachvollziehbar. Laut Programm-Managerin Anne Wiedemeyer wollte man „die Reihe vollständig anbieten, eine bekannte Bond-Stimme hätte wieder das Bild eines bestimmten Bonds aus den Filmen erzeugt. Doch so bekommen die Bücher ihre eigene Stimme, wir fanden das eine sehr gute Idee.“

Eine unverbrauchte Stimme als perfekte Bond-Besetzung

Im Nachhinein betrachtet war dies absolut die richtige Entscheidung, denn so kann sich der Hörer sein eigenen Bild von James Bond machen, ohne dabei z.B. ständig Daniel Craig vor Augen zu haben. Darüber hinaus liest Oliver Siebeck das Buch absolut großartig und passt hervorragend zu dem von Ian Fleming vermittelten Bild des Agenten. Kühl, zurückgenommen und hart, aber auch mit dem nötigen Feingefühl in den ruhigeren und eher seltenen emotionalen Momenten. Highlights des Vortrages sind u.a., wie Siebeck genießerisch die kulinarischen Wünsche von James Bond vorträgt oder die verkörperte Verbitterung der Hauptfigur am Schluss des Buches.

Schlussfazit:
„Casino Royale“ ist ein packender und realistischer Agenten-Thriller, der trotz seiner fast 60 Jahre zurückliegenden Veröffentlichung keinesfalls angestaubt wirkt und abgesehen vom politischen Hintergrund so auch in der Gegenwart spielen könnte. Fleming schreibt nicht lange um den heißen Brei herum, sondern kommt schnell zum Eingemachten, sodass keine Langeweile aufkommt. Die Casino-Episode mit dem ausführlich geschilderten Baccara-Duell ist sicherlich Geschmackssache und wird in ihrer Ausführung manchem Hörer vielleicht etwas zu lang vorkommen – mir ging es aber nicht so.

Knallharter und mitreißender, aber zu kurzer Agenten-Thriller

Wer die Verfilmung mit Daniel Craig kennt und mag, dem wird sicherlich auch die zugrunde liegende Romanvorlage gefallen, da sich der Film recht stark am Original orientiert und sogar streng genommen noch ein wenig komplexer als das Buch ist. Am Hörbuch habe ich persönlich eigentlich nur zwei Kritikpunkte: Nummer eins ist die kleine Schwächephase vor dem letzten Drittel der Story und Punkt zwei ist die Länge des Hörbuchs. Mit knapp fünfeinhalb Stunden ist „Casino Royale“ einfach ein wenig zu kurz und die Geschichte fast schon zu simpel, hier hat der Film ehrlich gesagt sogar etwas mehr zu bieten. Trotzdem sollte man sich als Bond-Fan und Thriller-Liebhaber diesen packenden und harten Agententhriller nicht entgehen lassen, was auch an der sehr guten Lesung von Oliver Siebeck liegt. Außerdem eignet sich das Hörbuch perfekt als Einstimmung auf den neuen „Skyfall“-Film…

Meine Wertung: 8/10

Informationen:
Das Hörbuch hat eine Länge von 05 Std. und 26 Min. und ist ungekürzt für 20,95 Euro (9,95 Euro im Flexi-Abo) bei audible.de erhältlich. Weitere Infos auf der Detail-Seite bei audible.de.

 

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3 Antworten zu diesem Beitrag

  • Vielen Dank für deine sehr gute Rezension! Als James-Bond-Fan war ich natürlich auch sehr skeptisch, was eine Hörbuch-Reihe angeht… man hat ja doch so seine Vorstellungen, vor allem, wenn man die Filme quasi in und auswendig kennt…

    Aber du hast mich überzeugt – ich werde wohl auch zuschlagen 😉

    glg, Elke

    • Ich habe mir gestern auch direkt schon den zweiten Band, „Leben und sterben lassen“ heruntergeladen und werde diesen wohl auch in Kürze verschlingen…

      Vorher geht’s aber erst einmal in „Skyfall“ 🙂

Pings: