Autor: Jeffery Deaver
Sprecher: Dietmar Wunder
Länge: 13 Std. 03 Min. (ungekürzt)

Inhaltsbeschreibung von audible.de:
James Bond genießt einen romantischen Abend mit einer hinreißend schönen Frau. Da erreicht ihn ein dringender Alarm: Ein Lauschposten hat eine verschlüsselte Botschaft abgefangen, die einen unmittelbar bevorstehenden Anschlag ankündigt. Es wird mit Tausenden von Todesopfern gerechnet. Britische Sicherheitsinteressen sind unmittelbar betroffen. Die höchsten Regierungsstellen wissen, dass nur noch James Bond die drohende Katastrophe abwenden kann. Doch will er diese Mission erfüllen, darf er sich an keine Regel halten. Und so erhält 007 eine Carte Blanche.

Zum Hörbuch:
James Bond ist im Auftrag der ODG – der Overseas Development Group, einer verdeckten operativen Einheit der britischen Sicherheitsbehörden – in Serbien im Einsatz, wo er in Novi Sad in letzter Minute einen verheerenden Anschlag verhindern muss. Der Ire Niall Dunne plant, einen Zug mit Gefahrgutmaterial entgleisen und mit seiner hochgiftigen Ladung in die Donau stürzen zu lassen, was verheerende Folgen mit einer hohen Opferzahl nach sich ziehen würde. Kurz bevor es zur Katastrophe kommt und Dunnes Plan Erfolg hat, schafft es Bond jedoch, den Zug an einer ungefährlichen Stelle aus der Spur zu bringen und den Anschlag zu verhindern. Allerdings sterben bei der Aktion die serbischen Kontaktleute des britischen Geheimagenten und der Drahtzieher Dunne kann unbehelligt entkommen.

Zurück in Großbritannien erfährt Bond bei der ODG von einem weiteren geplanten Anschlag, der in wenigen Tagen stattfinden soll. Abgefangene Nachrichten deuten darauf hin, dass in die Planungen ein britisches Recycling-Unternehmen namens Green Way International verstrickt ist, bei dem besonders der Manager Severan Hydt die Aufmerksamkeit des Geheimdienstes auf sich gezogen hat. Weil James Bond aber offiziell nicht auf heimischem Boden tätig werden darf, muss er zusammen mit einem Agenten der inneren Sicherheit die Ermittlungen aufnehmen. Allerdings bleiben ihm nur wenige Tage, um das Leben unzähliger unschuldiger Menschen zu retten, und Bond kennt weder den genauen Zeitpunkt noch das konkrete Ziel des Anschlages…

„Carte Blanche“ ist der neue Thriller des amerikanischen Bestseller-Autors Jeffery Deaver. Allerdings handelt es sich dabei nicht um einen weiteren Teil der populären Lincoln-Rhyme-Reihe, sondern um einen offiziellen neuen Roman um den wohl berühmtesten Geheimagenten der Welt: James Bond. Da ich zwar die meisten 007-Filme gesehen, aber bisher noch keinen Bond-Roman gelesen habe, hat mich die Ankündigung von „Carte Blanche“ natürlich neugierig gemacht. Das liegt vor allem am Autor, denn Jeffery Deaver gilt eigentlich als Garant für spannende und raffinierte Thriller-Unterhaltung. Wenn das ungekürzte Hörbuch dann auch noch von Dietmar Wunder, der deutschen Synchronstimme von Bond-Darsteller Daniel Craig, gelesen wird, kann dabei normalerweise auch nichts schief gehen.

Jeffery Deavers Bond orientiert sich von der Persönlichkeit her eher an der Figur, die Craig auch schon in den letzten beiden Filmen „Casino Royale“ und „Ein Quantum Trost“ dargestellt hat, allerdings ist die Romanfigur ein paar Jahre jünger und noch recht neu beim britischen Geheimdienst. Trotzdem kann Bond bereits auf gesammelte Erfahrungen aus den Kriegen im Irak und Afghanistan zurückblicken. Natürlich spielen auch die Frauen im Leben des Agenten eine bedeutende Rolle, allerdings nehmen diese im Laufe der Handlung deutlich weniger Raum ein als zum Beispiel bei den Filmen mit Sean Connery, Roger Moore oder Pierce Brosnan. Die weiblichen Nebenfiguren dienen nicht nur zur reinen Unterhaltung und zum lustvollen Zeitvertreibt, sondern bringen die Geschichte auch tatsächlich voran und werden von Bond deutlich respektvoller behandelt als man es gewohnt ist. Zudem wird er selbst nicht immer nur als abgehärteter Profi dargestellt, sondern auch als nachdenklicher und zweifelnder Mann, der sich des öfteren Sorgen um die erfolgreiche Durchführung einer Operation macht. Was mir persönlich sehr gut gefallen hat ist die Tatsache, dass Deaver auch auf den familiären Hintergrund des Agenten eingeht, über den ich bisher noch überhaupt nichts wusste. So geht es in einer kleinen Nebenhandlung um das Schicksal von Bonds Eltern, die vor vielen Jahren in den französischen Bergen tödlich verunglückt sind. Diese Passagen sind nicht nur informativ, sondern zeigen auch eine andere Seite von James Bond als immer nur den professionellen Agenten. Hier geht es stattdessen um moralische Aspekte und Gewissensfragen – meiner Meinung nach ein sehr interessanter und spannender Ansatz.

Überhaupt ist das von Deaver bestens eingefangene Bond-Feeling ein sehr großer Pluspunkt von „Carte Blanche“. Zwar nimmt sich der Autor einige Freiheiten – so ist Bonds Vorgesetzter „M“ diesmal ein Mann und „Q“ ist kein alter Tüftler, sondern die Bezeichnung der gesamten Forschungsabteilung – doch trotzdem merkt man an allen Ecken und Enden, dass man es mit einem Bond-Roman zu tun hat. Die Figur des Agenten wurde erfolgreich modernisiert und ermittelt nicht mit futuristischen und absurden Gadgets, sondern mit seinem Smartphone und den entsprechenden Apps für Gesichtserkennung, Fernsteuerung etc. Bereits die erste Szene im Buch mit dem verhinderten Attentat auf einen Zug in Serbien wirkt wie der Vorspann eines Bond-Films und reißt den Hörer gleich mitten ins Geschehen hinein. Im Laufe der Handlung darf man dann noch weitere interessante Schauplätze bereisen, u.a. geht es nach London, Dubai und Südafrika, sodass es immer wieder Neues zu entdecken gibt. Dabei trifft Bond auf eine Reihe von alten Bekannten wie Miss Moneypenny oder den CIA-Mann Felix Leiter. Besonders erfreulich: Deaver verlässt sich nicht nur auf seine spannenden Action-Szenen, sondern nimmt sich erstaunlich viel Zeit für handfeste Ermittlungsarbeit mit mühsamer Spurensuche oder brisanten Undercover-Einsätzen.

Auch die Handlung weiß zu überzeugen. Zwar ist die Story nicht so verzwickt wie ein Lincoln-Rhyme-Thriller, doch wie man es von Deaver kennt gibt es auch hier wieder überraschende Wendungen und vor allem ein hochdramatisches und verblüffendes Finale. Zwar gibt es nicht den klassischen Oberschurken wie in den Filmen, doch sowohl Recycling-Tycoon Severan Hydt als auch sein Handlanger und brillianter Techniker Niall Dunne bieten interessante Persönlichkeiten und stellen den Agenten so manches Mal vor scheinbar unlösbare Aufgaben, sodass sich hier absolut ein Duell auf Augenhöhe entwickelt. Auch die Schauplätze der Handlung sind nicht beliebig gewählt und beschränken sich nur auf ihre Funktion als exotische Kulisse, sondern sind storytechnisch durchaus von Belang. So spielt fast die komplette zweite Hälfte der Geschichte in Südafrika und greift dabei brisante Themen wie soziale Ungerechtigkeit und Hungersnöte auf – Aspekte, die der temporeichen Story erstaunlich viel Tiefgang verleihen. Natürlich ist „Carte Blanche“ kein hochanspruchsvoller Thriller, doch für eine Bond-Geschichte hat sich Jeffery Deaver überraschend viel einfallen lassen.

Zum Sprecher:
Für die Vertonung eines James-Bond-Romans darf es eigentlich nur eine mögliche Besetzung für die Rolle des Sprechers geben. Glücklicherweise dachten sich das auch die Verantwortlichen von Random House Audio und buchten Dietmar Wunder, die deutsche Stimme des aktuellen Bond-Darstellers Daniel Craig, für die Umsetzung des Hörbuches. Wie nicht anders zu erwarten war ist Wunder ein absoluter Glücksgriff. Man hat sofort das Bond-Feeling im Ohr und Daniel Craig vor Augen, was enorm viel zur Atmosphäre des Hörbuches beiträgt. Zudem liest Wunder dann auch noch absolut hervorragend und trifft in allen Situationen den richtigen Ton, ob in dramatischen Actionszenen, bei heiklen Undercoveraktionen oder beim charmanten Flirt mit den weiblichen Protagonisten. Besonders Wunders lispelnde Interpretation des Kontaktmannes Percy Osborne-Smith ist überaus amüsant und hat mir hervorragend gefallen. Nicht zuletzt dank dieser außerordentlich guten Lesung ist das Hörbuch unwahrscheinlich kurzweilig geraten.

Mein Fazit:
Meine Erwartungen an „Carte Blanche“ waren ehrlich gesagt ziemlich hoch. Ein Bond-Roman von Jeffery Deaver, gesprochen von Dietmar Wunder – wenn das kein gutes Hörbuch ergibt, muss da schon einiges schiefgehen. Doch der amerikanische Autor bewegt sich im 007-Universum mit traumwandlerischer Sicherheit und fängt das typische Bond-Feeling wunderbar ein, jedoch nicht ohne den Agenten an die Begebenheiten der modernen Zeit anzupassen. Man darf allerdings keinen Thriller im Stile der Lincoln-Rhyme-Serie erwarten, dafür ist die Geschichte vermutlich nicht ausgefeilt genug. Allerdings ist Deavers Schreibstil unverkennbar und vor allem der wendungsreiche Showdown trägt eindeutig die Handschrift des Autors. Allen Ansprüchen, die ich an einen James-Bond-Roman habe, wird Deaver vollauf gerecht: Spannende Story, tolle Hauptfigur, interessante Gegenspieler, Bond-Atmosphäre, packende Action-Szenen, abwechslungsreiche Schauplätze und natürlich die obligatorischen Ausflüge in die wie immer attraktive Damenwelt – all das bietet „Carte Blanche“ ohne Abstriche. Zudem begeistert die Hintergrundgeschichte um die Kindheit von James Bond, sodass eigentlich keine Wünsche offen bleiben. Natürlich ist der britische Geheimagenten vielleicht ein bisschen zu clever und hat für jede noch so schwierige Situation eine entsprechende Antwort parat – aber genau das ist es doch, was 007 so auszeichnet. Es macht einfach riesigen Spaß, eine gefährliche und scheinbar äußerst heikle Szene zu lesen bzw. zu hören, nur um wenig später herauszufinden, dass alles ganz anders verlaufen ist als es anfangs den Anschein hatte. Von diesen Überraschungen liefert Jeffery Deaver eine ganze Reihe, sodass ich wirklich inständig hoffe, dass „Carte Blanche“ nicht der letzte Bond-Roman des Schriftstellers bleibt, sondern noch viele weitere folgen werden. Außerdem würde ich mir wünschen, dass die Romanhandlung auch filmisch umgesetzt wird, denn schon beim Hören wirken manche Passagen wie aus einem Drehbuch und sorgen für faszinierendes Kopf-Kino. „Carte Blanche“ ist vielleicht kein perfekter Thriller, aber für meine ganz individuellen Ansprüche ist es der perfekte Bond-Roman – somit vergebe ich für Deavers 007-Premiere auch dank Dietmar Wunders fantastischer Lesung begeistert die volle Punktzahl!

Meine Wertung: 10/10

Informationen:
Das Hörbuch „Carte Blanche“ von Jeffery Deaver hat eine Länge von 13 Stunden und 03 Minuten und ist ungekürzt für 29,95 € bei audible.de erhältlich. Flexi-Abonnenten zahlen wie gewohnt nur 9,95 €. Weitere Informationen gibt es auf der Detail-Seite bei audible.de.

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Eine Anwort zu diesem Beitrag

  • Ganze 10/10? Dann werde ich es mir wohl auch reinziehen als alter James-Bond-Fan 😉

    Hab vielen Dank für deine Einschätzung 🙂 – glg, Sunsy