Während Fantasy-Leser es inzwischen gewohnt sind, dass die Wartezeit auf den nächsten Band ihrer Lieblingsreihe mit einer (oder gar mehreren) Kurzgeschichten überbrückt wird, findet man derartige Bonus-Storys im Krimi- und Thriller-Genre eher selten. Trotzdem scheinen sich die kurzen Spannungs-Happen für zwischendurch offenbar immer größerer Beliebtheit zu erfreuen und so ist der Brite Tony Parsons längst nicht der erste, der seinem Ermittler keine allzu große Verschnaufpause zwischen den vollwertigen Romanen gönnt. Dessen Protagonist Detective Max Wolfe bleibt sogar ein ruhiges Weihnachtsfest verwehrt, denn mitten in der Nacht des 2. Weihnachtsfeiertages beobachtet der Londoner Polizist eher zufällig, wie vor seinem Haus ein Van hält und zwei Vermummte einen halbnackten Mann aus dem Auto zerren und mit ihm zielsicher auf die Metzgerei im Erdgeschoss zusteuern. Auch im schläfrigen Weihnachtsmodus muss Wolfe nur eins und eins zusammenzählen um schlussfolgern zu können, dass es bei der nächtlichen Aktion nicht mit rechten Dingen zugeht und als resoluter Gesetzeshüter zögert der Detective natürlich nicht lange und geht nach dem Rechten sehen – wenig später ist Wolfe kurzzeitig bewusstlos und das Opfer der beiden Männer einen Kopf kürzer…

Ein kurzer Weihnachts-Fall für DC Max Wolfe

Die DC-Max-Wolfe-Kurzgeschichte „Nachtschwärmer“ – benannt nach dem berühmten Gemälde von Edward Hopper – ist zeitlich zwischen den ersten beiden Romanen „Dein finsteres Herz“ und „Mit Zorn sie zu strafen“ und bietet knapp 2 Stunden (oder rund 100 eBook-Seiten) Thriller-Unterhaltung. Das reicht natürlich nicht für einen wahnsinnig ausgeklügelten Kriminalfall oder komplexe Charakterzeichnung, bietet aber dennoch genug Raum für eine solide konstruierte Geschichte, die Detective Max Wolfe ausgerechnet an Weihnachten in die Kreise des organisierten Verbrechens führt – mehr wird über den Inhalt der Story aber an dieser Stelle auch nicht verraten, schließlich soll die Kurzgeschichte ja noch die ein oder andere Überraschung parat halten. Tony Parsons ist dabei sichtlich bemüht, seinen Lesern (oder Hörern) in der Kürze der Zeit möglichst viel zu bieten, allerdings muss man wahrlich kein Star-Ermittler sein, um den Fall relativ früh zu durchschauen – das ist zwar ein kleiner Spannungskiller, es ist zugegebenermaßen im Vergleich zu einem 400-Seiten-Roman in dieser komprimierten Form aber auch ungleich schwerer, das Publikum auf eine falsche Fährte zu locken, schließlich sind die Anzahl der Charaktere (und damit eben auch Tatverdächtigen) in einer Kurzgeschichte nun einmal recht überschaubar.

Etwas vorhersehbares, aber dennoch kurzweiliges Thriller-Häppchen

Trotzdem dürften Max-Wolfe-Fans an „Nachtschwärmer“ ihre Freude haben, auch wenn dieses „Bonusmaterial“ keine großen Geheimnisse oder eine spürbare Weiterentwicklung der Hauptfigur bietet – es gibt zwar ein paar kurze Einblicke in das Familienleben des Ermittlers, der Fall selbst steht aber eindeutig im Mittelpunkt. Zum Unterhaltungsfaktor des Hörbuches trägt auch Sprecher Dietmar Wunder bei, für den dieses Thriller-Häppchen zwar wohl eher zu den leichteren Aufgaben gehört haben dürfte, der sich aber trotzdem keine Blöße gibt und die Geschichte engagiert vorträgt und im Übrigens stimmlich auch ziemlich gut zum Charakter des Protagonisten passt. So ist „Nachtschwärmer“ insgesamt eine nette Dreingabe für alle Tony-Parson-Fans und bietet kurzweilige Thriller-Unterhaltung für die Mittagspause oder einen kurzen Leseabend, man verpasst aber auch nichts Weltbewegendes, wenn man sich nur auf die Hauptwerke der Max-Wolfe-Reihe beschränkt.

Nachtschwärmer (Max Wolfe #1.5)
  • Autor:
  • Sprecher: Dietmar Wunder
  • Original Titel: Dead time
  • Reihe: Max Wolfe #1.5
  • Länge: 1 Std. 55 Min. (ungekürzt)
  • Verlag: Lübbe Audio
  • Erscheinungsdatum: 10. September 2015
  • Preis Hörbuch-Download 1,82 €
Charaktere:
Story:
Atmosphäre:
Sprecher:
Gesamt:
7/10
Fazit:
Die Thriller-Kurzgeschichte „Nachtschwärmer“ bietet zwar weder dramatische Hochspannung noch besonders anspruchsvolle Krimikost, Fans von Tony Parsons Ermittler Max Wolfe dürfen sich aber über knapp 2 Stunden kurzweilige Unterhaltung zum kleinen Preis freuen, um damit die Wartezeit auf den nächsten Band zu überbrücken.

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