Zero Day_Rezi

In Drake, einem kleinen Ort in West Virginia, wird eine Familie brutal ermordet aufgefunden, die Spuren am Tatort deuten auf eine kaltblütige Hinrichtung der Eltern und ihrer beiden Kinder hin. Da der Familienvater Matthew Reynolds ein hochrangiger Offizier des amerikanischen Geheimdienstes war, wird der Militärpolizist und hochdekorierte Army-Veteran John Puller nach Drake geschickt und auf den Mordfall angesetzt. Zusammen mit der ortsansässigen Polizistin Samantha Cole soll er dieses grausame Verbrechen aufklären, steht dabei aber zunächst vor einem Rätsel: Wer könnte in einem solch verschlafenen Ort zu einer derartigen Bluttat fähig sein und welche Gründe könnten hinter der Auslöschung der Familie Reynolds stecken? Für ein persönliches Motiv ist der Mörder eigentlich viel zu professionell vorgegangen, ein politisch motiviertes Verbrechen erscheint in der sozial eher schwachen Bergbauregion aber ebenfalls fragwürdig. Puller wird schnell klar, dass der Fall deutlich brisanter ist als es zunächst den Anschein hatte…

Brutaler Vierfach-Mord im verschlafenen West Virginia

Wer einigermaßen regelmäßig im Thrillergenre unterwegs ist, dem dürfte beim Stichwort „Militärpolizist“ wohl sofort Lee Childs Romanheld Jack Reacher in den Sinn kommen, der es in der gleichnamigen Thrillerreihe bis zum heutigen Tag bereits auf satte 19 Einsätze gebracht hat. Im Vergleich dazu steht David Baldaccis Protagonist John Puller mit „Zero Day“ noch am Anfang seiner literarischen Karriere, darf aber wie es sich für einen gestandenen Ermittler gehört bereits auf eine beeindruckende Laufbahn in der amerikanischen Armee zurückblicken und hat sich als Soldat und Polizist bereits reichlich Lorbeeren verdient. Da erscheint es zunächst ein wenig verwunderlich, dass ein solch hochdekorierter Ermittler in ein amerikanisches Kaff in West Virginia entsendet wird um dort einen zwar sehr kaltblütigen, auf den ersten Blick aber doch eher gewöhnlichen Mord an einer vierköpfigen Familie aufzuklären. Wenn der Klappentext bei einem solchen Fall mit dem Satz „Die Sicherheit ganz Amerikas steht auf dem Spiel“ lockt, so scheint dies vorsichtig gesagt doch ein wenig dick aufgetragen, denn wie könnte ein Ort wie das ländliche Drake zum Ausgangspunkt einer nationalen Krise werden?

John Puller: David Baldaccis Konkurrenz zu Lee Childs „Jack Reacher“-Reihe

Dass „Zero Day“ aber kein gemütlicher Dorfkrimi ist, das garantiert nicht nur schon der Name David Baldacci, das muss John Puller auch selbst sehr schnell am eigenen Leib erkennen. Ohne wie der wieder einmal etwas unglücklich formulierte Klappentext zu viel vorwegnehmen zu wollen nur so viel: Über einen zu ereignislosen Einstieg in die Geschichte kann man sich in diesem Fall wahrlich nicht beschweren. Zudem gibt John Puller als Protagonist eine gute Figur ab und wirkt nicht nur auf Anhieb kompetent und sympathisch, sondern kommt als Sohn einer an Alzheimer leidenden Militär-Legende und Bruder eines verurteilten Landesverräters auch mit einem interessanten persönlichen Hintergrund daher, der von Baldacci auch gut in die Story integriert wird. Auch sein Sidekick in Form der Polizistin Samantha Cole ist gelungen, kommt als atemberaubende und selbstbewusste Schönheit aber nicht ganz um die üblichen Klischees herum. Schön ist ebenfalls, dass der Autor auch seinem Schauplatz viel Aufmerksamkeit schenkt und die sozialen Strukturen und die damit verbundenen Brennpunkte der gebeutelten Kohleregion gut herausarbeitet, auch wenn die Story dadurch im Mittelteil manchmal ein wenig zu sehr verlangsamt wird.

Spannender Reihenauftakt mit hochdramatischer Schlussphase

Am stärksten punktet David Baldacci aber mit seinem furiosen und hochdramatischen Schlussdrittel, in welchem die Geschichte der vollmundigen Ankündigung des Klappentextes dann doch noch gerecht wird. Zwar trägt der Bestsellerautor in dieser Phase sicherlich ein wenig zu dick auf und verliert dadurch auch ein wenig an Glaubwürdigkeit, diese Übertreibungen machen die Geschichte aber eben auch verflucht spannend, sodass man Baldacci diese Effekthascherei gerne verzeiht. Insgesamt ist „Zero Day“ also ein wirklich rundum gelungener erster Auftritt des Militärpolizisten John Puller und man darf gespannt sein, ob es Baldaccis Reihe schafft, sich zu einem ähnlich erfolgreichen Dauerbrenner wie „Konkurrent“ Jack Reacher zu entwickeln. An Dietmar Wunder soll es jedenfalls nicht scheitern, der als Sprecher der Hörbuchversion wieder einmal eine tadellose Leistung abliefert und nicht nur viel zu den Sympathiewerten Pullers beiträgt, sondern durch sein wohldosiertes Erzähltempo auch ganz klar seinen Anteil an der Dramatik der Schlussphase hat.

Zero Day
  • Autor:
  • Sprecher: Dietmar Wunder
  • Original Titel: Zero Day
  • Reihe: John Puller #1
  • Länge: 14 Std. 19 Min. (ungekürzt)
  • Verlag: Random House Audio, Deutschland
  • Erscheinungsdatum: 16. Dezember 2013
  • Preis 29,95 € (9,95 € im Audible-Flexi-Abo)
Charaktere:
Story:
Atmosphäre:
Sprecher:
Gesamt:
8/10
Fazit:
David Baldacci legt mit „Zero Day“ einen spannenden und zum Ende hochdramatischen Reihenauftakt hin und macht mit dem sympathischen und interessanten Protagonisten John Puller Lee Childs „Jack Reacher“-Serie starke Konkurrenz.

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