Sterntaler_Rezi

In einem Waldstück in Stockholm wird die zerstückelte Leiche einer jungen Frau aufgefunden. Obwohl die sterblichen Überreste nicht vollständig sind und unter anderem der Kopf des Opfers fehlt, wird dem Ermittler Alex Recht schnell klar, welche Leiche der Hund eines Spaziergängers hier aufgespürt hat: Bei der Toten handelt es sich um die Studentin Rebecca Trolle, die zwei Jahre zuvor spurlos verschwunden ist. Alex Recht leitete schon damals die Ermittlungen bei der Suche nach der Vermissten und hat noch immer damit zu kämpfen, dass er diesen Fall nie aufklären konnte. Mit dem Auffinden der Leiche hofft Recht nun aber auf neue Anhaltspunkte und setzt alles daran, den Verantwortlichen für Rebeccas Ermordung zu finden – um zum einen ihrer Mutter, aber auch sich selbst endlich einen Abschluss mit diesem Trauma ermöglichen zu können…

Der Leichenfund einer lange vermissten Studentin gibt Rätsel auf

Die Thrillerreihe der schwedischen Autorin Kristina Ohlsson um die Ermittler Alex Recht, Fredrika Bergmann und Peder Rydh ist für mich ein seltenes Phänomen: Auch nach den beiden Vorgängern „Aschenputtel“ und „Tausendschön“ bin ich immer noch mit keiner der drei Hauptfiguren richtig warm geworden und kann den Polizisten kaum Sympathien entgegenbringen. Das liegt bisher nicht etwa daran, dass Ohlsson ihren Protagonisten kein Leben einhauchen könnte und bei ihren Charakterisierungen oberflächlich vorgehen würde – im Gegenteil, denn selten erfährt man in einer Krimireihe so viel nicht nur über eine Ermittlerfigur, sondern gleich ein ganzes Team. Allerdings wirkten sowohl Recht, Bergmann als auch Rydh auf mich bisher eher kühl und fast schon arrogant. Trotzdem konnten mich beide Vorgänger der Reihe absolut überzeugen, was hauptsächlich an den spannenden und sehr geschickt konstruierten Kriminalfällen lag. Auch der dritte Band „Sterntaler“ hat in dieser Hinsicht wieder einiges zu bieten – und hat es diesmal sogar geschafft, dass ich mich etwas mehr für die so ungeliebten Charaktere erwärmen konnte.

Aus ungeliebten Ermittlerfiguren werden langsam Sympathieträger

Das gilt vor allem für Alex Recht, der noch den viel zu plötzlichen Tod seiner Frau verarbeiten muss, und für Peder Rydh, der den eher abstoßenden Schürzenjäger endlich abgelegt und wieder zu seiner Frau zurückgefunden hat. Während man für ersteren also erstmals richtiges Mitgefühl aufbringen kann, wirkt Rydh als bemühter Ehemann schon gleich deutlich sympathischer als zu Zeiten, als er noch schamlos jede weibliche Person schmierig angegraben hat. Nur Fredrika Bergmann bleibt für mich immer noch das schwarze Schaf des Trios, da diese im dritten Band auf mich auch weiterhin gefühlskalt und herablassend wirkt – und das, wo man aufgrund der erst wenige Monate zurückliegenden Geburt ihrer Tochter vielleicht eine etwas weniger verbitterte Frau erwartet hätte. So finde ich es zum Beispiel immer noch befremdlich, dass es in allen drei Bänden in ihrer Beziehung zu ihrem deutlich älteren Lebensgefährten eigentlich keine einzige liebevolle Szene gab, aber man inzwischen zusammengezogen ist und ein Kind bekommen hat. Aber nun gut, zwei von drei „Sympathieträgern“ ist immerhin besser als keiner von drei wie in den Vorgängern…

Gewohnt komplexer und hochspannender Krimiplot

Bei dem Krimiplot bleibt sich Kristina Ohlsson aber zum Glück auch weiterhin treu und hat wieder eine sehr spannende und komplexe Geschichte erschaffen, die viele Fragen aufwirft, häufig für Verwirrung sorgt und mit nahemdem Ende kaum noch Zeit zum Luftholen lässt. Zudem sorgen einige geschickt platzierte Cliffhanger dafür, dass man das Buch nur noch schwer weglegen kann. Und auch wenn die Handlung sich wieder über einige scheinbar zusammenhanglose Nebenstränge und insgesamt über einen Zeitraum von rund drei Jahrzehnten erstreckt, so wirkt diese doch keinesfalls unglaubwürdig oder zu konstruiert, wie es bei „Tausendschön“ manchmal der Fall war. Zur enormen Spannung der Geschichte trägt auch die Tatsache bei, dass alle drei Hauptfiguren diesmal auch persönlich in den Fall verwickelt werden – zwar auf jeweils unterschiedliche Weise, aber immer so, dass diese gezwungen werden, aus ihrer beherrschten Haltung herauszubrechen und tiefe Einblicke in ihr Seelenleben zu offenbaren.

Der bisher beste Band der Reihe

Somit ist „Sterntaler“ für mich insgesamt der bisher beste Band der Thrillerreihe von Kristina Ohlsson: Die Story ist packend, durchweg auf einem hohen Spannungsniveau und nicht selten verstörend, die rückblickende Erzählweise mit hin und wieder eingestreuten kurzen Gegenwartsszenen clever gewählt und die Charaktere diesmal so angelegt, dass man nun nach langem Warten endlich mit ihnen mitfiebern kann. Somit fällt mein Hauptkritikpunkt an den Vorgängern fast komplett weg, sodass der dritte Band in der Wertung noch einen Punkt zulegen kann. Wenn es Kristina Ohlsson dann im nächsten Buch („Himmelschlüssel“, erscheint am 24. November) auch noch schafft, Fredrika Bergmann zumindest ein wenig menschlicher darzustellen, bin ich wirklich wunschlos zufrieden.

Sterntaler
  • Autor:
  • Sprecher: Uve Teschner
  • Original Titel: Änglavakter
  • Reihe: Fredrika Bergmann & Alex Recht #3
  • Länge: 13 Std. 30 Min. (ungekürzt)
  • Verlag: Random House Audio
  • Erscheinungsdatum: 8. Oktober 2013
Charaktere:
Story:
Atmosphäre:
Sprecher:
Gesamt:
9/10
Fazit:
Mit "Sterntaler" bietet Kristina Ohlsson erneut hochspannende Krimikost, bei der nun endlich auch die Charaktere überzeugen können – absolute Empfehlung für Schwedenkrimi-Fans!

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