Cover des Buches
Autor: Claus Beling
Umfang: 318 Seiten
Verlag: Bastei Lübbe
Erscheinungsdatum: 16. November 2012
Originaltitel: Was du nicht weißt
Preis: eBook 7,49 €/Taschenbuch 8,99 €

Klappentext:
Zwei brutale Morde an jungen Frauen erschüttern die sonst so friedliche Kanalinsel Jersey und geben dem Chef de Police Rätsel auf. Dass dabei gefährliche und nie geklärte Ereignisse aus der Vergangenheit eine Rolle spielen, findet ausgerechnet die Zeugin Emily Bloom heraus. Denn die sympathische Teehändlerin mit dem „absoluten Gedächtnis“ ist in der Lage, sich an alles in ihrem Leben genauestens zu erinnern. Doch schon bald muss Emily wegen dieser Fähigkeit um ihr eigenes Leben bangen…

Meine Buchbesprechung:
Als der frisch pensionierte Richter John Willingham seine Verabschiedungsfeier verlässt, geht er eigentlich davon aus, das Thema Kriminalität endgültig hinter sich gelassen zu haben. Doch schon wenige Schritte sieht er sich eines besseren belehrt, denn als er die Kofferraumklappe des bestellten Taxis öffnet, um dort seine Abschiedspräsente zu deponieren, stößt er auf die Leiche einer Frau. Bei dem Opfer handelt es sich um eine junge Polin, die zurückgezogen gelebt hat und ihre gesamte Zeit in die Pflege einer alten Tante investiert hat. Nicht nur der Taxifahrer ist geschockt von seiner unbewussten Fracht, auch die Bevölkerung der sonst so friedlichen Kanalinsel Jersey reagiert erschüttert auf den Mord.

Zwei brutale Frauenmorde erschüttern die friedliche Kanalinsel Jersey

Es kommt jedoch noch schlimmer, denn wenig später wird durch einen kuriosen Autounfall ein zweiter Leichenfund freigelegt. Die Tote wird als Debbie Farrow identifiziert, eine junge Bankangestellte, die vor knapp einem Jahr ihren kleinen Sohn durch eine schwere Krankheit verloren hat. Die Polizei entdeckt an den beiden Leichen zwar übereinstimmende Fingerabdrücke, doch trotzdem stehen der Chef de Police Harold Conway und seine Partnerin Sandra Querée vor einem Rätsel: Zwischen den ermordeten Frauen scheint es keinen Zusammenhang zu geben und somit somit fehlt es auch an Hinweisen auf den Täter. Bei ihren Nachforschungen bekommen die Ermittler jedoch unerwartete und zunächst auch unliebsame Hilfe, denn die resolute Teehändlerin Emily Bloom macht sich auf eigene Faust auf die Suche nach dem Mörder. Sie kannte das zweite Opfer Debbie Farrow seit vielen Jahren und hat noch kurz vor deren gewaltsamen Tod mit ihr gesprochen und dabei einige Auffälligkeiten in ihrem Verhalten feststellen können…

Jersey – eine Insel mit einigen Besonderheiten und Kuriositäten

Auf der kleinen Kanalinsel Jersey ticken die Uhren ein wenig anders. Sie ist zwar mit rund 117 qkm die größte der Inselgruppe im Ärmelkanal, hat aber weniger als 100.000 Einwohner und weist einige Besonderheiten auf. So gehört Jersey zum Beispiel nicht zum Vereinigten Königreich, sondern ist als Kronbesitz direkt der britischen Krone unterstellt und auch nicht Mitglied der EU. Auch was Bürokratie und Traditionen angeht, hat die Insel einige Besonderheiten zu bieten. Für Claus Beling, ehemaliger Unterhaltungschef des ZDF, offenbar Grund genug, um Jersey als Schauplatz seines ersten Romans auszuwählen. „Was du nicht weißt“ soll zugleich der Auftakt einer ganzen Krimireihe werden, in deren Mittelpunkt eine recht ungewöhnliche Hauptfigur steht.

Eine Teehändlerin als furchtlose Verbrechensbekämpferin

Emily Bloom ist nämlich nicht etwa Polizistin, Rechtsmedizinerin oder Privatdetektivin, sondern schlicht und einfach Teehändlerin. Mit ihrem Mann Richard hat sie sich vor vielen Jahren ein erfolgreiches Unternehmen aufgebaut, von dem mittlerweile nur noch ein kleiner und altmodischer Laden übriggeblieben ist, seit Richard vor 17 Jahren bei einem Bootsausflug spurlos verschwand. Als ich den Klappentext des Buches gelesen habe, hatte ich bei der Protagonistin zunächst das Bild einer schrulligen Oma vor Augen, die in Miss-Marple-Manier auf Verbrecherjagd geht. Das trifft aber nicht zu, denn Emily Bloom ist mit ihren knapp 50 Jahren nicht nur deutlich jünger, sondern hat auch sonst fast nichts mit ihrer „Kollegin“ gemein. In die Mordermittlungen auf der Insel Jersey gerät aber auch sie eher zufällig. Sie entdeckt die Leiche des zweiten Opfers, nachdem der betrunkene Vikar mit einem Autounfall deren „Grab“ unter einem frischgepflanzten Baum freilegt und kennt die Tote zudem seit Debbies Kindertagen – und somit auch ihre tragische Vergangenheit. Debbies kleiner Sohn starb vor einem Jahr unter rätselhaften Umständen und erst vor wenigen Tagen hat sie in einem Gespräch geheimnisvolle Andeutungen in diese Richtung gemacht, so als hätte sie neue Informationen über das Schicksal ihres Kindes erhalten. Emilys Neugier ist also geweckt und da sie sich zugleich verpflichtet fühlt, der Toten Gerechtigkeit zuteil kommen zu lassen, stellt sie eigene Nachforschungen an. Dabei hat sie gegenüber der Polizei einen großen Vorteil: Die Teehändlerin verfügt über ein absolutes Gedächtnis, was ihr selbst aber gar nicht so lieb ist und ihr schon viele schlaflose Nächte beschert hat. Sie kann sich zwar an jede Einzelheit aus ihrem Leben erinnern, dadurch aber auch u.a. an die schlimme Zeit, als ihr Mann verschwand, wodurch oft bereits verdrängte Gefühle wieder hochkochen. Für ihre privaten Ermittlungen ist ihre Fähigkeit aber von unschätzbarem Vorteil, denn sie erinnert sich dadurch an wichtige Details von Tatorten oder relevante Aussagen von beteiligten Personen. Der Autor setzt diese Eigenheit der Hauptfigur geschickt ein und lässt von Zeit zu Zeit ein paar kurze Rückblenden einfließen, übertreibt es aber auch nicht damit, sodass sich Emilys absolutes Gedächtnis sehr harmonisch in die Geschichte einfügt.

Zwei konkurrierende Polizeibehörden und viele Charaktere

Neben der Hauptfigur hat Claus Beling aber noch eine ganze Reihe weiterer Figuren zu bieten, was auch auf eine von Jerseys Besonderheiten zurückzuführen ist. Neben der offiziellen „States of Jersey Police“ gibt es auf der Insel nämlich auch noch die sogenannte „Honorary Police“, die aus ehrenamtlichen Freizeitpolizisten besteht, welche ihren bezahlten Kollegen aber praktisch gleichberechtigt sind und in vollem Umfang an den Ermittlungen beteiligt werden müssen. Somit gibt es in „Was du nicht weißt“ eine ganze Menge von Polizisten, die sich untereinander aber auch nicht immer ganz grün sind. Als Leser muss man sich somit zunächst einmal an die ganzen Namen gewöhnen, was aber nicht allzu problematisch ist.

Unterhaltsam, aber ohne großen Tiefgang

Die Krimihandlung des Romans ist durchaus gelungen und wird von Beling abwechslungsreich geschildert, allerdings lassen sich die Wurzeln des Autors kaum verleugnen. Beling war in seiner Funktion als ZDF-Unterhaltungschef nämlich auch u.a. für die Rosamunde-Pilcher- und Inga-Lindström-Reihe verantwortlich, was man dem Buch an vielen Stellen auch anmerkt. So hat fast jede Person ein mehr oder weniger tragisches Schicksal vorzuweisen, sei es die ermordete Debbie Farrow mit ihrem verstorbenen Sohn, Emily Bloom mit ihrem verschwundenen Mann oder die so kühl wirkende Polizistin Jane Waterhouse. Auch die Tatsache, dass offenbar die Hälfte der Jersey-Bewohner in ungeklärten Familienverhältnissen zu leben scheint, wirkt manchmal ein wenig übertrieben und wie aus einem seichten Sonntagabendfilm entnommen. Abgesehen davon gibt es aber an „Was du nicht weißt“ nicht allzu viel auszusetzen. Der Roman ist zwar nicht sonderlich originell, punktet aber mit der sympathischen Hauptfigur und dem gemütlichen und interessanten Setting, das so manche Kuriositäten vorzuweisen hat. Beling verzichtet außerdem auf großes Blutvergießen, sodass auch zartbesaitete Gemüter keine Berührungsängste haben müssen.

Schlussfazit:
„Was du nicht weißt“ von Claus Beling ist zwar kein Buch, das man unbedingt gelesen haben muss, trotzdem weiß der Debütroman des Autors durchaus zu gefallen. Die Story ist abwechslungsreich, kurzweilig und hat eine angenehme Länge, außerdem überzeugt die ungewöhnliche Hauptfigur in Form der Teehändlerin Emily Bloom. Highlight für mich war jedoch die Insel Jersey, die vom Autor sehr anschaulich beschrieben wird und somit eine gelungene Atmosphäre erzeugt.

Kurzweiliger, aber etwas seichter Krimi mit tollem Setting

Hartgesottene werden über den eher gemächlichen Inselkrimi zwar nur ein müdes Lächeln übrig haben, denn die Geschichte ist weder besonders actionreich noch übermäßig spannend, für einen gemütlichen Sonntagnachmittag mit Keksen und einer Tasse Tee (wie passend…) ist das aber genau das Richtige. Wem diese typischen britischen ZDF-Krimis wie Barnaby & Co. gefallen, der macht mit „Was du nicht weißt“ gewiss nichts falsch. Mir persönlich ist die Handlung jedoch insgesamt etwas zu harmlos und weichgespült, ich bin aber weiteren Fällen der ermittelnden Teehändlerin durchaus nicht abgeneigt.

Meine Wertung: 7/10

Informationen:
Der Titel „Was du nicht weißt“ von Claus Beling ist bei Bastei Lübbe erschienen und hat einen Umfang von 318 Seiten. An dieser Stelle auch vielen Dank an Bastei Lübbe und Bloggdeinbuch.de, die mir das Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt haben!

Kommentar verfassen: