Autor: Arthur L. Gelderblom
Umfang: 276 Seiten
Verlag: Pedion Verlag
Erscheinungstermin: 31. März 2008
Preis: Broschierte Ausgabe 14,90 €/eBook 6,18 €

Klappentext:
Wer möchte nicht hin und wieder am liebsten vor den existentiellen Problemen davonlaufen? So wie beispielsweise dieser Chris Schomburg. Statt seine Probleme zu Hause zu lösen, reisst der lebensferne Workaholic aus seinem Leben als PR-Berater und Ehemann aus, um sich in ein Abenteuer mit ungewissem Ausgang zu stürzen. Wider Erwarten setzt sich Chris Schomburg jedoch in fremder Umgebung mit seinen verqueren Ideen und skurrilen Methoden durch – nicht nur gegen das Verbrechen, sondern auch gegen unwillige Ermittlungsbehörden. Trotz zäher Gegenwehr von allen Seiten kommt er einem zehn Jahre alten Mordfall an der Düsseldorfer Kö auf die Spur. Je näher im Harz die Walpurgisnacht heranrückt, desto mehr gerät Chris dabei in den Bann einer äußerst anziehenden und geheimnisvollen Frau.

Meine Buchbesprechung:
Chris Schomburg ist wirklich nicht zu beneiden: Eben noch war der 36-Jährige Geschäftsführer einer PR-Agentur, doch nach einem Konflikt mit seinem zwielichtigen Geschäftspartner steht Chris plötzlich mit leeren Händen da. Er hat nicht nur seinen Job und damit auch alle Vorzüge wie den komfortablen Firmenwagen verloren, sondern muss auch noch damit rechnen, unschuldig der Manipulation von Bilanzen beschuldigt zu werden, die sein Ex-Partner ihm in die Schuhe schieben will. Seine Frau ist von der neuen Situation ebenfalls alles andere als begeistert, schließlich kann sie ohne das Gehalt ihres Mannes nicht ihrem geliebten Hobby nachkommen: Shoppen bis zum Umfallen. Als Chris dann auch noch noch mit einem angriffslustigen Wolfshund konfrontiert wird und er herausfindet, dass seine Frau ihn offenbar betrügt, ist der Werbefachmann restlos bedient.

Marketing-Kampagne im romantischen Harz mit ungeahnten Folgen

Da kommt ihm das Angebot eines alten Freundes gerade recht: Der Pfarrer Frank Schulz berichtet ihm von dem Plan eines Investors aus dem Harz, der sein ambitioniertes Tierzuchtprojekt kräftig vorantreiben und seine Unternehmungen mithilfe eines PR-Experten in der gesamten Region bekannt machen will. Der Auftrag ist finanziell äußerst lukrativ, vor allem da Chris nach seiner Kündigung jeden Cent gut gebrauchen kann – außerdem klingt die Aussicht auf einen mehrtägigen Aufenthalt im Harz und fernab seiner untreuen und undankbaren Ehefrau sehr verlockend. Schomburg nimmt das Angebot also an und macht sich direkt am nächsten Tag auf nach Quedlinburg, wo sein Freund Frank und der Unternehmer Joe Jansen schon auf ihn warten. Auf dem Weg dorthin wird Chris aber klar, dass der Job deutlich brisanter ist, als er bisher angenommen hat. Eine Mitreisende berichtet ihm auf der Bahnfahrt aufgeregt von ihrem Vater, der mit Schomburgs künftigem Auftraggeber Geschäfte gemacht und seitdem spurlos verschwunden ist. Auch die Neuigkeit, dass der Investor vor zehn Jahren in einen Mordfall verwickelt war, sorgt bei Chris nicht gerade für Beruhigung…

Regionalkrimi im deutschen Mittelgebirge

„Auf der Flucht vor dem vergangenen Leben“ lautet der Untertitel von Arthur L. Gelderbloms Roman „Hexenritt“, der im März 2008 im Pedion Verlag erschienen ist. Das klingt geheimnisvoll und fast schon ein wenig esoterisch und erweckte bei mir zunächst die Vorstellung von einem Fantasy-Roman, zumal die Geschichte auch noch rund um die Walpurgisnacht spielt und der Blocksberg im Harz den Schauplatz dieser Story darstellt. Mit dieser Annahme liegt man aber gründlich daneben, denn „Hexenritt“ entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als klassischer Regionalkrimi, der seinen Leser nach einem kurzen Vorspiel in Düsseldorf und Umgebung in die vermeintliche Idylle des Harzer Mittelgebirges entführt.

Erfahrener PR-Berater gegen skrupellosen Unternehmer (und Mörder?)

An Ruhe und Erholung denkt auch die Hauptfigur Chris Schomburg, als er das Angebot des Unternehmers Joe Jansen annimmt und die Reise in den Harz antritt, um dort ein wenig die Werbetrommel für dessen Fischzucht zu rühren und damit seine angespannte finanzielle Situation zügig aufzubessern. Der Job stellt sich aber schnell komplizierter dar, als Chris zunächst annahm. Jansen hat offenbar sehr konkrete Vorstellungen und geht wenig skrupellos vor, um seine Ziele zu erreichen. Auch das Projekt der Fischzucht, bei dem quasi nebenbei ehemalige Strafgefangene wieder in die Gesellschaft integriert werden sollen, wirkt bei genauerem Hinsehen wenig vertrauenswürdig. Es sieht danach aus, als würde der Betrieb vielmehr als Deckmantel für Jansens dunkle Machenschaften fungieren, worauf nicht nur dessen Vergangenheit als Mordverdächtiger hinweist. Darüber hinaus wird Chris bei seinen Recherchen auch noch von einer nicht weniger dubiosen Rockergang verfolgt, die ebenfalls mit Jansen unter einer Decke steckt.

Unterhaltsame, manchmal etwas zu ambitionierte Geschichte mit viel Abwechslung

Statt erholsamen Waldspaziergängen und romantischem Bergpanorama muss die Hauptfigur also praktisch im Alleingang dem übermächtigen Unternehmer trotzen und einigermaßen unbeschadet aus der Angelegenheit wieder herauskommen und dann auch noch das Verschwinden eines alten Mannes aufklären. Unterstützung bekommt er lediglich in Form seiner Zugbekanntschaft Lydia, die hartnäckig das Schicksal ihres Vaters aufdecken will. Arthur L. Gelderblom hat aus diesen Zutaten eine muntere Geschichte zusammengestellt, die allerdings mit ein paar Anlaufschwierigkeiten zu kämpfen hat. Gerade zu Beginn wirkt der Schreibstil zuweilen doch etwas holprig, sodass sich der Lesefluss nicht auf Anhieb einstellen will. Das legt sich aber nach ein paar Abschnitten, sodass man sich als Leser wieder ganz auf die Story konzentrieren kann. Die hat nämlich einiges zu bieten, denn der Autor hat für seinen Protagonisten beinahe an jeder Ecke irgendwelche Stolpersteine platziert, die Chris‘ Arbeit immer wieder erschweren. Da gibt es unter anderem Jansens zwielichtige Fischzucht, die lästigen und überall lauernden Rocker, einen Pastorenfreund mit Beziehungsproblemen, eine Entführung, eine unzufriedene Noch-Ehefrau, Finanzprobleme, einen ungeklärten Mordfall und noch jede Menge anderer Baustellen. Das sorgt für Kurzweil und viel Abwechslung, allerdings wirkt die Geschichte dadurch gelegentlich auch etwas zu ambitioniert. Gelderblom möchte seinem Publikum offensichtlich so viel wie möglich bieten, das geht manchmal aber zu Lasten des Erzählflusses. Durch die vielen Nebenstränge gibt es nämlich zwangsläufig auch viele Charaktere, die dann im weiteren Verlauf nur ein paar Kurzauftritte haben und daher nicht immer im Gedächtnis bleiben, sodass man öfter mal überlegen muss, welche Rolle diese oder jene Figur nochmal gespielt hat. Auch lenken die vielen Themengebiete manchmal etwas von dem eigentlichen Handlungsfaden ab und einige Passagen wirken ein wenig deplatziert. So sind Ausführungen über die Besonderheiten und Wirkung von Pflanzen oder die Auseinandersetzung mit der biblischen Figur des Moses zwar nicht uninteressant, tragen aber strenggenommen nichts zur Geschichte bei. Hier wäre manchmal weniger mehr gewesen.

Sympathische Hauptfiguren, stimmungsvolles Harz-Setting

Dafür wissen aber die beiden sympathischen Hauptfiguren Chris Schomburg und Lydia Pasternak zu gefallen und entwickeln sich schnell zu echten Identifikationsfiguren. Während der PR-Berater es allen immer irgendwie recht machen will und sich dadurch häufig noch tiefer in den Schlamassel reitet, zeichnet sich Lydia vor allem durch ihre forsche Art und ihre Unerschrockenheit aus, wenn sie es mit dem übermächtig scheinenden Joe Jansen aufnehmen und ihm das Handwerk legen will. Pluspunkte sammelt „Hexenritt“ zudem durch jede Menge Lokalkolorit, da das Harz-Szenario wirklich gut beschrieben wird und die Gegend und Schauplätze für den Leser dadurch sehr anschaulich werden. Auch der durchweg selbstironische Ton steht dem Roman gut zu Gesicht, da sich die Geschichte selbst nicht allzu ernst nimmt und immer wieder ein paar skurrile Charaktere wie das schwule Pärchen Manfred und Klaus zu bieten hat, welche die Story etwas auflockern. Allerdings wirken diese Episoden von Zeit zu Zeit auch ein wenig zu albern und nehmen der Story gelegentlich die nötige Ernsthaftigkeit.

Schlussfazit:
„Hexenritt – auf der Flucht vor dem vergangenen Leben“ ist ein unterhaltsamer Kriminalroman mit atmosphärischem Setting und sympathischen Figuren und bietet seinen Lesern eine komplexe und abwechslungsreiche Geschichte mit einem durchweg soliden Spannungsniveau. Allerdings wirkt der Roman an manchen Stellen etwas zu ambitioniert und hätte an manchen Passagen ein paar Straffungen vertragen können. So verfängt sich Arthur L. Gelderblom gelegentlich etwas in seinen vielen Nebensträngen, was dann auf Kosten des Erzählflusses geht. Auch der Schreibstil wirkt manchmal ein wenig holprig, außerdem trüben ein paar handwerkliche Schwächen das Gesamtbild. Man stößt beim Lesen nämlich öfter mal auf Rechtschreibfehler, außerdem wechselt der Autor zuweilen von einem Satz auf den anderen das Tempus.

Solider und kurzweiliger Regionalkrimi vor atmosphärischer Kulisse

Wer aber auf der Suche nach einem kurzweiligen Krimi vor stimmungsvoller Kulisse ist, der kommt mit „Hexenritt“ sicherlich auf seine Kosten. Für hartgesottene Thrillerfans ist die Handlung trotz Mordfall und Ausflügen in die Sadomaso-Szene vermutlich zu harmlos, dazu trägt auch der eher heitere Erzählstil bei. Wer es aber lieber etwas beschaulicher und ohne großes Blutvergießen mag, für den ist das Buch allemal einen Blick wert. Um es auf den Punkt zu bringen: ein unterhaltsamer Regionalkrimi, nicht mehr und nicht weniger.

Meine Wertung: 6/10

Informationen:
„Hexenritt – auf der Flucht vor dem vergangenen Leben” von Arthur L. Gelderblom ist im Pedion Verlag erschienen und hat einen Umfang von 276 Seiten. Das Buch ist für 14,90 € als broschierte Ausgabe und für 6,18 € als eBook erhältlich. Weitere Infos gibt es auf der Verlags-Homepage oder auf der Website zum Roman. An dieser Stelle auch noch vielen Dank an Myriam Gelderblom und den Pedion Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.

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