Autorin: Antje Babendererde
Umfang: 337 Seiten
Verlag: Merlin
Erscheinungsdatum: 28. Februar 2012

Klappentext:
Warum musste der junge Indianer Daniel Blueboy den Kältetod sterben? Auch Jahre danach glaubt sein Bruder Robert nicht an einen tragischen Unfall. Nicht ganz uneigennützig erklärt sich der Privatdetektiv Adam Cameron bereit, den Fall Blueboy noch einmal aufzurollen. Bei seinen Ermittlungen stößt er auf übellaunige Polizisten, kurzsichtige Pathologen und eine eisige Mauer des Schweigens. Und plötzlich befindet er sich selbst in größter Gefahr. Cameron will nur noch eines: zurück, aber dafür ist es längst zu spät…
Starlight Blues ist der erste Kriminalroman mit dem Detektiv Adam Cameron, von Antje Babendererde spannend erzählt nach einer wahren Begebenheit.

Meine Buchbesprechung:
Adam Cameron hat eine kleine Detektei in Seattle und schreibt gelegentlich auch Artikel für die Zeitung seiner Schwester. In seinen Texten widmet er sich fast ausschließlich Berichten über das Leben der amerikanischen Ureinwohner und setzt sich stets für deren Belange ein. Auch bei der Auswahl seiner Fälle ist Cameron lediglich an solchen interessiert, bei denen er sich für die Rechte der Indianer einsetzen kann. Das hat einen simplen Hintergrund: Adam selbst hat indianische Wurzeln und wurde im Alter von drei Jahren von einem weißen Ehepaar adoptiert. Über seine leibliche Familie weiß er zu seinem Leidwesen jedoch nichts, was ihm immer wieder schlaflose Nächte bereitet und ihn sehr belastet.

Ein indianisch-stämmiger Privatdetektiv untersucht den zehn Jahre zurückliegenden Kältetod eines Indianer-Jungen

Als der Privatdetektiv dann aber einen Anruf von Robert Blueboy aus Kanada erhält, wird Adam hellhörig. Der Mann – ebenfalls mit indianischer Abstammung – bittet ihn, dem Tod seines Bruders Daniel auf die Spur zu gehen. Dieser starb vor zehn Jahren einen einsamen und tragischen Kältetod weit außerhalb der kanadischen Stadt Winnipeg. Die Leiche des Jungen wurde leicht bekleidet im tiefen Schnee gefunden und der Todesfall von der örtlichen Polizei als Unglücksfall abgetan. Robert Blueboy glaubt aber nach wie vor nicht an diese Version und sieht in der Beauftragung des Personaldetektivs seine letzte Chance, Licht in dieses traurige Kapitel seiner Familiengeschichte zu bringen und im Fall seines Bruders doch noch für Gerechtigkeit sorgen zu können. Adam Cameron nimmt den Auftrag an und reist direkt ab nach Winnipeg, wo ihn die eisige Kälte des kanadischen Winters und eine Mauer des Schweigens erwartet…

Basierend auf einer wahren Begebenheit

„Starlight Blues“ stammt aus der Feder der deutschen Autorin Antje Babendererde, die sich seit fast 20 Jahren in literarischer Form mit dem Leben der amerikanischen Ureinwohner auseinandersetzt. Der vorliegende Roman bildet nun den Auftakt zu einer geplanten Serie über den indianischen Privatdetektiv Adam Cameron und basiert auf dem realen Fall des Neil Stonechild, dem das Buch auch gewidmet ist. Stonechild starb am 25. November 1990 im Alter von nur 17 Jahren an Unterkühlung und wurde bei Temperaturen von -28°C tot auf einem Feld in der kanadischen Provinz aufgefunden. Mehr soll zu den Umständen seines Todes an dieser Stelle aber nicht verraten werden, da dies der Geschichte von „Starlight Blues“ vorweggreifen würde.

Hauptfigur mit interessantem Hintergrund und Stärken und Schwächen

Im Fokus der Geschichte steht wie erwähnt der indianische Privatdetektiv und Teilzeit-Journalist Adam Cameron, der sich mit seiner Frau und seinen beiden Kindern ein solides Leben in Seattle aufgebaut hat. Nachdem Cameron sich viele Jahre als Reporter für die Rechte der amerikanischen Ureinwohner eingesetzt hat, kam ihm irgendwann die Erkenntnis, das seine Arbeit als Journalist in dieser Hinsicht nicht weit genug gehe und er der indianischen Minderheit als Detektiv besser und direkter helfen könne. So arbeitet er in der Regel unentgeltlich für seine Klienten, wie auch in seinem aktuellen Fall um den toten Daniel Blueboy. Allerdings ist Adam nicht der strahlende Held und barmherzige Samariter, als der er nun vielleicht erscheinen mag. Er hat durchaus seine Schwächen, wobei seine Angst vor Flügen und Schnee noch zu den Kleinigkeiten zählt. Als Familienvater und Ehemann ist er nicht wirklich ein Vorbild, auch wenn er seine Frau und Kinder aufrichtig liebt. In der Regel stellt er seine Arbeit jedoch vor die Bedürfnisse seiner Liebsten, die dadurch nicht selten zu kurz kommen. Auch mit der ehelichen Treue nimmt es Cameron nicht ganz so genau und sein Flug nach Kanada ist ebenfalls nicht so selbstlos, wie es den Anschein hat. Adam geht es zwar auch um den toten Indianerjungen, allerdings tritt er die Reise primär aus einem ganz persönlichen Anlass an: „Blueboy“ ist nämlich nicht nur der Nachname seines Klienten, sondern war vor der Adoption auch sein eigener Name. Der Detektiv erhofft sich von dem Trip also auch Hinweise auf die eigene Vergangenheit und lässt so wieder einmal seine Familie enttäuscht zurück.

Tragische und spannend erzählte Geschichte

Im unwirtlichen Winnipeg angekommen, stürzt sich Adam Cameron mit vollem Einsatz in die Ermittlungen. Wir erfahren, dass auch das Opfer Daniel Blueboy nicht der unschuldige Indianerjunge war, sondern wiederholt strafrechtlich aufgefallen ist. Das hält seine Hinterbliebenen aber nicht davon ab, ihn als gutherzigen Engel darzustellen, der lediglich durch die falschen Freunde auf die schiefe Bahn geraten ist. Kurz vor seinem Tod ist er aus einer Besserungsanstalt geflohen und befand sich laut offizieller Fallakte auf dem Weg zur nächsten Polizeistation, wo er sich nach seiner Flucht wieder den Behörden stellen sollte. Diese Version stinkt aber zum Himmel und Adam stößt auf immer mehr Hinweise, die auf andere Todesumstände hindeuten. Für ihn beginnt eine nervenzehrende Odyssee durch Kinderheime und zu verbitterten Angehörigen und nur selten wird der „Schnüffler“ mit offenen Armen empfangen. Trotzdem fügen sich nach und nach die einzelnen Puzzlestücke zusammen und offenbaren letztendlich eine unglaublich traurige und schockierende Geschichte, die in der heutigen Zeit schwer vorstellbar ist, sich aber offenbar tatsächlich so ähnlich zugetragen hat, wie der reale Fall „Neil Stonechild“ zeigt.

Unglaublich dichte Atmosphäre, aber fehlende Objektivität seitens der Autorin

Antje Babendererde hat hier ohne Zweifel einen starken und spannenden Roman hingelegt, der neben seiner toll erzählten Story vor allem von der sehr gelungenen Atmosphäre lebt. Die Kälte des kandadischen Winters ist fast körperlich spürbar und das Gefühl der Ablehnung überträgt sich schon zu Beginn auf den Leser, sodass die Handlung einen schnell für sich einnimmt. „Starlight Blues“ ist kein Gute-Laune-Roman, sondern zeichnet ein erschütterndes Bild über das Leben der indianisch-stämmigen Bevölkerung in der kanadischen Provinz – voller Armut, Hoffnungslosigkeit, Angst und Gewalt. In seinen stärksten Momente erinnert Babendererdes Roman dabei an die Werke von Dennis Lehane („Mystic River“, „Gone, Baby, Gone“), allerdings gibt es aus meiner Sicht auch einen großen Kritikpunkt: Der Autorin fehlt es in meinen Augen einfach an der nötigen Objektivität, sie schlägt sich viel zu deutlich auf die Seite der amerikanischen Ureinwohner und sieht beinahe in jedem Nicht-Indianer den bösen weißen Mann, dessen einziges Ziel es zu sein scheint, die Native Americans zu diskriminieren. Sicherlich kennt sich Antje Babendererde aufgrund ihrer langjährigen Recherchen um ein Vielfaches besser in diesem Thema aus als ich, doch ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass diese Form des Rassismus in der heutigen Zeit in Kanada noch so ausgeprägt ist, wie es die Autorin darstellen möchte. Ständig wird die Hauptfigur aufgrund ihres indianischen Aussehens schräg von der Seite angeschaut und abwertend behandelt, sodass man sich nicht selten in eine Zeit von vor 60 Jahren zurückversetzt fühlt. Meiner Meinung nach hat Babendererde hier deutlich zu dick aufgetragen, sodass das ständige Gejammer fast schon paranoid wirkt.

Schlussfazit:
„Starlight Blues“ ist ein spannender und packender Kriminalroman, der aus meiner Sicht völlig zu Unrecht ein Nieschendasein fristet und deutlich mehr Beachtung verdient hätte. Die Wirkung des Buches wird durch den Sachverhalt, dass sich die Ereignisse so ähnlich tatsächlich abgespielt haben, nur noch umso erschütternder. Neben der unwahrscheinlich dichten Atmosphäre und der dramatischen Story punktet der erste Adam-Cameron-Krimi zudem noch durch das verhältnismäßig unverbrauchte Setting, denn der Hintergrund rund um das Leben der amerikanischen Ureinwohner ist sehr interessant und bietet viele wissenswerte Fakten, die mir zuvor nicht bekannt waren. Auch die Figuren können durch die Bank überzeugen und sind vielschichtig gezeichnet – strahlende Helden sucht man vergeblich, denn hier hat jeder Charakter seine eigene Bürde zu tragen.

Packendes Kriminaldrama mit unverbrauchtem Setting und vielschichtigen Charakteren

Der einzige, dafür aber recht starke Kritikpunkt, ist die aus meiner Sicht viel zu aufdringliche Schwarz-Weiß-Malerei mit den guten Indianern auf der einen und den bösen Weißen auf der anderen Seite. Bei all der Tragik wäre etwas mehr Objektivität angebracht gewesen, stattdessen stören Babendererdes etwas plumpe Generalisierungen auf die Dauer doch sehr. Dies sollte aber nicht von der Lektüre des Buches abhalten, denn abgesehen davon ist „Starlight Blues“ ein absolut lesenswertes Kriminaldrama mit tollem Setting und starker Story. Bitte mehr davon!

Meine Wertung: 8/10

Informationen:
Der Titel „Starlight Blues“ von Antje Babendererde ist im Merlin Verlag erschienen und hat einen Umfang von 337 Seiten. Das Buch kann für 9,95 € hier bestellt werden. An dieser Stelle auch vielen Dank an den Merlin Verlag und Bloggdeinbuch.de, die mir das Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt haben!

 

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