Nach Jahren in der Großstadt kehrt Ellen Roth zurück in das abgelegene Dorf am Rande der Alpen, in dem sie aufgewachsen ist. Dort will sie eine soeben freigewordene Hausarztpraxis übernehmen und einen Neuanfang wagen. Doch schon kurz nach ihrer Ankunft wird ein Mann tot an der örtlichen Skischanze aufgefunden – erhängt, womöglich Selbstmord. Schnell wird aber klar, dass mehr hinter dem Vorfall steckt. Der Tote ist ein unliebsamer Bekannter aus ihrer Jugend, und Ellen wird unweigerlich in die düsteren Geheimnisse des Dorfs und ihrer eigenen Vergangenheit hineingezogen.
Kälte, Misstrauen und eine unheilvolle Atmosphäre
Lars Menz gelingt es in seinem Thriller-Debüt „Die Schanze“, eine bedrückende und fast greifbare Stimmung zu erzeugen. Die winterliche und raue Bergkulisse mit der das Dorf überragenden Skisprungschanze bildet eine eindrucksvolle Bühne für eine Geschichte, in der Misstrauen, Verdrängung und alte Wunden allgegenwärtig sind. Die schroffen äußeren Gegebenheiten passen nämlich auch zur Darstellung der Dorfgemeinschaft, die Ellen mit einer Mischung aus Kälte, Ablehnung und subtilem Argwohn begegnet. Diese leicht feindselige Stimmung zieht sich wie ein roter Faden durch den Roman und schafft eine durchweg unheilvolle und beklemmende Atmosphäre.
Überschaubare Spannung, wenig Überraschungen
Trotz des stimmungsvollen Settings bleibt das Spannungsniveau jedoch über weite Strecken eher moderat. Die Handlung entfaltet sich langsam, echte Überraschungen hat die Geschichte eigentlich kaum zu bieten. Zwar werden nach und nach Puzzlestücke aus Ellens Vergangenheit aufgedeckt und sorgen für etwas Dynamik, dennoch wirkt der Plot insgesamt oft vorhersehbar. Für einen Thriller fehlt es letztlich an Dramatik und an unerwarteten Wendungen, die wirklich mitreißen – so ist auch die Auflösung solide, aber nicht unbedingt spektakulär.
Eine Protagonistin mit verdrängter Vergangenheit
Dafür gelingt es dem Autor, seine Hauptfigur Ellen glaubwürdig und vielschichtig zu porträtieren. Ihre innere Zerrissenheit, die ambivalenten Gefühle gegenüber ihrer alten Heimat und die Verarbeitung ihrer eigenen Vergangenheit verleihen ihr Tiefe und machen sie zu einer durchaus gelungenen Protagonistin. Die angedeutete und eher oberflächliche Romanze mit einer der Nebenfiguren hätte allerdings nicht unbedingt sein müssen, sie fällt aber auch nicht sonderlich störend auf.
Solides Thriller-Debüt mit Luft nach oben
So punktet „Die Schanze“ letztlich mit einer eindringlichen Atmosphäre, einer ordentlichen Figurenzeichnung und einem interessanten Setting. Leider reicht das jedoch nicht ganz, um die eher schwache Spannungskurve und den weitestgehend vorhersehbaren Plot auszugleichen. Für Leser:innen, die Wert auf düstere Stimmung und psychologische Tiefe legen, ist das Buch dennoch einen Blick wert – wer auf einen packenden Pageturner hofft, kommt hier womöglich aber eher nicht auf seine/ihre Kosten.


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7/10