Tags: Blackout, Internet, Piper Verlag, Schweden, Stockholm, Verschwörung, William Sandberg
Genre: Thriller
Fast scheint es so, als hätte William Sandberg, Hauptfigur in Fredrik T. Olssons Thriller „Das Netz“ und dort jahrzehntelang einer der angesehensten Kryptologen Schwedens, erst in den (mehr oder weniger freiwilligen) Ruhestand gehen müssen, um die wirklich aufregenden Seiten der Geheimdienstarbeit kennenzulernen. Wurde Sandberg schon in Olssons erstem Roman „Der Code“ das Opfer einer Entführung, so beginnt auch sein zweiter Auftritt damit, dass der in die Jahre gekommene Cyber-Experte gegen seinen Willen verschleppt wird und den schwedischen Geheimdienst einmal von einer ganz anderen Seite kennenlernt: als Hauptverdächtiger in einem offenbar landesweiten Sabotageakt, der in ganz Stockholm einen Zusammenbruch der kompletten Stromversorgung herbeigeführt haben soll. Sandberg selbst wurde von dem totalen Blackout aber genauso überrascht wie seine ehemaligen Regierungskollegen und muss verzweifelt feststellen, dass er anscheinend unfreiwillig in eine groß angelegte Verschwörung hineingezogen wurde…
Fortsetzung? Vorgeschichte!
Wer bereits den Vorgänger „Der Code“ gelesen hat wird sich in den ersten Kapiteln von Olssons zweitem Roman vermutlich ein wenig wundern, da die Lebensumstände William Sandbergs nicht zu denen zu passen scheinen, in denen dieser am Ende des ersten Buches zurückgelassen wurde. Das ist dadurch zu erklären, dass „Das Netz“ zeitlich vor „Der Code“ angesiedelt ist, auch wenn der Nachfolger selbst im schwedischen Original erst zwei Jahre nach Sandbergs erstem Auftritt erschienen ist.
Verwirrende Geheimniskrämerei
Dieser überraschende Zeitsprung ist aber nicht der einzige Umstand, der den Einstieg in diese „Vorgeschichte“ ein wenig holprig und mühsam ausfallen lässt. Wie bereits in „Der Code“ spielt Fredrik T. Olsson nämlich erneut von Beginn an mit der Neugier seiner Leserschaft und macht um jede Kleinigkeit ein riesiges Geheimnis. Dabei ist natürlich verständlich, dass der Autor die Verschwörung nicht gerade in den ersten Kapiteln seines fast 700 Seiten umfassenden Wälzers preisgeben will, wenn die Geheimniskrämerei aber so weit geht, dass selbst die Identität gewöhnlicher (und bereits bekannter!) Charaktere in gefühlt jedem zweiten Absatz im Dunkeln bleibt und man über fast alles im Unklaren gelassen wird, dann kann dies schon ein wenig nerven – zumal diese erzwungene Ungewissheit das Textverständnis nicht gerade erleichtert.
Ein alternder Kryptologe im falschen Film
Leicht fällt hingegen die Identifikation mit der Hauptfigur, was zum einen daran liegt, dass William Sandberg genauso wenig Ahnung davon hat, was um ihn herum eigentlich passiert, wie die Leser selbst. Und es ist durchaus amüsant zu beobachten, wie der Kryptologe zunehmend gereizt darauf reagiert, dass ihm so gut wie alle Informationen vorenthalten werden, denn genau dieses Gefühl stellt sich spätestens nach rund einem Viertel des Buches auch beim Lesen ein, denn es dauert bis weit in die zweite Buchhälfte, bis Olsson endlich einmal das ein oder andere Geheimnis lüftet. Der andere Grund für das bereitwillige Sympathisieren mit dem Protagonisten ist die Tatsache, dass der gute William Sandberg vom Leben in letzter Zeit nicht unbedingt besonders verwöhnt wurde: seine Ehe ist zerbrochen, die eigene Tochter hat den Eltern den Rücken gekehrt und irrt lieber als drogenabhängige Obdachlose durch Stockholm und auch sonst hat Sandberg seit seinem Aus beim Geheimdienst nicht mehr allzu viel auf die Beine bekommen – da fällt das Mitgefühl leicht und so fiebert man gerne mit dem unfreiwilligen Helden mit.
Suchtfaktor trotz gelegentlicher Längen
Olssons Schreibstil mag vielleicht hin und wieder gewöhnungsbedürftig und die übertriebe Geheimniskrämerei etwas anstrengend sein, trotzdem erzeugt auch „Das Netz“ wie schon der Vorgänger Nachfolger einen gewissen Suchtfaktor, der einen an das Buch fesselt. Man will halt doch irgendwie wissen, was es mit den Geschehnissen auf sich hat und wie die Ereignisse zusammenhängen, auch wenn die Geschichte sicherlich auch mit etwas weniger Nebencharakteren funktioniert hätte und in dieser Form manchmal etwas unnötig aufgebläht wirkt. Gerade im Mittelteil stellt sich dadurch doch der ein oder andere kleine Hänger ein, durch den man sich ein bisschen durchkämpfen muss, bevor man letztlich dann doch in die tiefergehenden Geheimnisse eingeweiht wird.
Ein eher gewöhnungsbedürftiges Gedankenspiel
Mit der überraschenden, aber auch sehr gewagten Auflösung steht und fällt dann wohl auch das Gesamturteil über „Das Netz“, denn diese dürfte die Leser vermutlich in zwei Lager spalten: den einen werden vor lauter Begeisterung über Olssons Gedankenspiel die Synapsen glühen, die anderen werden hingegen Schwierigkeiten haben, die Erklärung des Autors vollständig ernst zu nehmen. Ich zähle leider eher zur letzteren Kategorie, denn während mich Olsson in „Der Code“ mit seiner faszinierenden Grundidee total fesseln konnte, so waren mir die Hintergründe in „Das Netz“ letztlich zu absurd, um eine ähnliche Begeisterung auszulösen.
Spannender, aber manchmal etwas anstrengender Verschwörungsthriller
Mein Fazit zum zweiten (bzw. ersten…) William-Sandberg-Roman fällt somit etwas zwiespältig aus: einerseits erzählt Fredrik T. Olsson auch hier eine spannende, komplexe und clever konstruierte Verschwörungsgeschichte, andererseits wirkt die Geheimniskrämerei gerade in der ersten Buchhälfte häufig zu gezwungen und die große Enthüllung konnte mich insgesamt leider nicht ganz überzeugen. Zudem hatte ich ein wenig das Gefühl, dass „Der Code“ rückblickend betrachtet nicht so ganz stimmig zur hier erzählten Vorgeschichte passt und Sandbergs (chronologisch) erster Einsatz eigentlich umfassendere Konsequenzen für die Nachfolge-Story hätte haben müssen. So bleibt „Das Netz“ für mich zwar etwas hinter „Der Code“ zurück, Verschwörungsfans bekommen aber dennoch einen insgesamt lohnenswerten Thriller mit leichten Science-Fiction-Einflüssen geboten.
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7/10
Eigentlich kann ich kaum glauben, dass du dem Buch 7 Punkte gibst. Ich habe fast alles vergessen, aber ich erinnere mich noch daran, dass ich mich total gelangweilt habe. xD Das erste Buch war auf jeden Fall viel besser!
Langweilig fand ich es eigentlich nicht, mich hat nur genervt dass der Autor um jedes kleine Detail ein Riesengeheimnis gemacht hat 😀
Ich fand das erste Buch im direkten Vergleich aber auch besser und ich verstehe immer noch nicht so ganz, warum das zweite Buch unbedingt vor dem ersten spielen musste wenn man eh schon teilweise weiß, was mit William und seiner Familie passiert ist…^^
Für mich war es langweilig, weil ich so langsam auf Deutsch lese, vor allem bei so einem Buch. Ich verstehe auch nicht, warum er es so gemacht hat. Glaubst du, dass er von Anfang an es so geplant hat?