Tags: Auftakt, Chaos, Gewalt, Gone, Jugendliche, Kinder, Kleinstadt, Superkräfte
Genre: Jugendroman, Science Fiction
Gerade noch saß der 14-jährige Sam Temple wie an einem ganz gewöhnlichen Schultag im Unterricht seines Geschichtslehrers, doch von einem Augenblick auf den nächsten ist dieser plötzlich weg – als hätte sich der Lehrer in Luft aufgelöst. Sam und seine Mitschüler müssen zunächst verwundert und dann entsetzt feststellen, dass nicht nur alle anderen Lehrkräfte verschwunden sind, sondern auch von allen anderen Erwachsenen und Jugendlichen über 15 Jahren in ganz Perdido Beach jede Spur fehlt. Die gesamte Stadt befindet sich im Chaos: Führerlose Autos stehen nach Unfällen zerstört auf den Straßen, jegliche elektronischen Kommunikationsnetze sind zusammengebrochen und kleine Kinder stehen plötzlich ohne Aufsichtspersonen da. Während Sam und seine Freunde verzweifelt nach den Verschwundenen und einer Ursache für den plötzlichen Zusammenbruch der Stadt suchen, müssen sie sich zugleich organisieren, um sich um die hilflosen Kinder zu kümmern und Perdido Beach vor Plünderungen und einer Welle der Gewalt zu bewahren – doch nicht alle Jugendlichen sind an einer friedlichen Lösung interessiert…
Wenn plötzlich alle Erwachsenen verschwinden
Michael Grant verschwendet bei „Gone“, dem Auftakt seiner gleichnamigen YA-Reihe, keine Zeit für eine lange Einführungsphase, sondern wirft seine Leser und Protagonisten sofort mitten in den Ausnahmezustand der amerikanischen Kleinstadt Perdido Beach: Bereits im zweiten Satz verschwindet ein Lehrer vor den Augen seiner verblüfften Schüler, und mit ihm auf seltsame Weise gleich alle anderen Menschen, die ihr 15. Lebensjahr vollendet haben. Wie es zu diesem Massen-Phänomen kommt, ist für alle verbliebenen Kinder und Jugendlichen unerklärlich, ebenso die Tatsache, warum die Stadt auf einmal auf ebenso mysteriöse Weise von ihrer Außenwelt abgeschottet ist und einige der Kids plötzlich nicht weniger seltsame Veränderungen an sich wahrnehmen. Innerhalb weniger Absätze hat Michael Grant somit nicht nur ein sehr interessantes Szenario aufgebaut, sondern auch eine Vielzahl an Fragen aufgeworfen, welche die Neugier der Leserschaft umgehend wecken und sogleich an das Buch fesseln – ein Auftakt, der kaum Wünsche offen lässt.
Eine Vielzahl an interessanten Charakteren
Ebenso unproblematisch erfolgt die Einführung der Charaktere, was vor allem deshalb bemerkenswert ist, weil es davon gleich eine ganze Menge gibt. Erstaunlicherweise schafft es Grant jedoch ohne ausführliche Beschreibungen, die verschiedenen Figuren so vorzustellen, dass man ihre Eigenheiten nahezu umgehend merken und auseinanderhalten kann – und das nur durch die Art ihres Auftretens und ihr Verhalten angesichts der allgemeinen Krisen-Situation. So lässt sich sehr schnell eine vage Einteilung in Gut und Böse vornehmen, wobei der Autor hier jedoch keine reine Schwarz-/Weiß-Malerei betreibt, sondern die Grenzen häufig auch verschwimmen lässt – die vermeintlichen Helden müssen ebenso wenig glorreiche Momente durchleben wie die Antagonisten hin und wieder doch einen gewissen Anflug an Sympathie erhaschen können. Bei rund 15-20 für die Geschichte wichtigen Figuren muss man so eine gelungene Charakterzeichnung auch erst einmal auf die Reihe bekommen…
Spannende und teilweise auch recht deftige Story
Auch die Geschichte vermag es trotz ihres großen Umfangs von 560 Seiten zu jedem Zeitpunkt zu fesseln und bewegt sich durchgängig auf einem guten Spannungsniveau – nicht nur weil es permanent mehrere Brandherde und Konflikte gibt, sondern weil Grant mit dem über allen schwebenden Countdown ebenfalls den Nervenkitzel vorantreibt. Allerdings gab es im Rahmen der Handlung zuweilen auch einige Elemente, die auf mich (bisher) noch ein wenig befremdlich gewirkt haben (Stichworte: Koyoten, „The Darkness“) und bei denen ich noch nicht ganz sagen kann, ob mir die hier eingeschlagene Richtung gefällt oder nicht. Doch selbst diese Szenen sind atmosphärisch beschrieben und verfehlen sicherlich nicht ihre Wirkung, ebenso wie die für ein Jugendbuch manchmal doch unerwartet hohe Brutalität. Es gibt zwar keine allzu drastischen Passagen, wegen derer man das Buch aus den Regalen der etwas jüngeren Leser nun verbannen müsste, trotzdem sind manche Szenen schon nicht ganz ohne und vor allem die Gewaltbereitschaft der Charaktere ist hin und wieder schon ein wenig erschreckend.
Gelungener Reihenauftakt, der neugierig macht
Insgesamt ist „Gone“ für mich also ein wirklich guter Auftakt der sechsteiligen Buchreihe, der meine Neugier auf jeden Fall geweckt hat, sodass ich nun unbedingt wissen will, was hinter den Ereignissen in der kleinen Küstenstadt steckt und wie es mit der Geschichte weitergeht. Ich hatte zwar des öfteren ein paar Schwierigkeiten, mir die oft doch sehr reif wirkenden Charaktere als einen Haufen 14-Jähriger vorzustellen, nichtsdestotrotz sind mir die meisten davon aber schon in diesem ersten Band ans Herz gewachsen. Es wird also nur eine Frage der Zeit sein, bis ich mich mit „Hunger“ erneut nach Perdido Beach begeben werde.
Cover: | |
Charaktere: | |
Story: | |
Atmosphäre: |
8/10