Tags: Joona Linna, Mord, Politik, Schweden, Selbstmord, Simon Jäger, Stockholm, Waffenhandel
Genre: Krimi, Thriller
Zwei seltsame Todesfälle geben der schwedischen Polizei Rätsel auf: Carl Palmcrona, der Generaldirektor der staatlichen Waffenkontrollbehörde, wird tot in seiner Wohnung aufgefunden. Offensichtlich hat der Mann Selbstmord begangen und sich mit einem Strick erhängt, doch der Raum, in dem Palmcrona starb, ist komplett unmöbliert – wie hätte er also auf etwas steigen können, um seinen Kopf in die Schlinge zu stecken? Fast zur gleichen Zeit wird in den Stockholmer Schären die Leiche einer jungen Frau auf einer Yacht entdeckt. Die Körper der Toten sitzt völlig trocken im Bett der Kabine des Bootes, doch die Obduktion ergibt, dass das Opfer eindeutig ertrunken ist. Wie kam die Leiche dann nach dem Ertrinken zurück auf die Yacht? Kriminalkommissar Joona Linna beginnt trotz einiger Widerstände mit den Ermittlungen und entdeckt, dass hinter den Todesfällen noch viel mehr steckt, als es zunächst den Anschein hat…
Joona Linnas zweiter Fall beginnt stark und mysteriös
„Paganinis Fluch“, der zweite Thriller des schwedischen Autorenpaares Alexandra und Alexander Ahndoril (veröffentlicht unter dem gemeinsamen Pseudonym „Lars Kepler“) um den finnisch-stämmigen Kriminalkommissar Joona Linna, beginnt stark: Zwei Leichenfunde, bei denen es einige seltsame Ungereimtheiten gibt, und eine halsbrecherische Verfolgungsjagd auf Leben und Tod sorgen für einen flotten Einstieg in die Geschichte und werfen einen ohne Vorgeplänkel direkt in das Geschehen. Während man im Fall der toten Frau auf der Yacht als Leser den Ermittlern etwas voraus ist, sorgen vor allem die rätselhaften Umstände des Selbstmordes des hochrangigen Carl Palmcrona für Spannung. Zusammen mit dem vielversprechenden Titel des Buches lässt der Beginn somit auf einen packenden Thriller mit einer Reihe weiterer ähnlich mysteriöser Todesfälle schließen – allerdings entwickelt sich „Paganinis Fluch“ recht früh in eine ganz andere Richtung, als es der Klappentext erwarten lässt.
Mehr Polit- statt Psychothriller
Was nach einer geheimnisvollen Serienkiller-Story klingt, schlägt schon nach kurzer Zeit den Weg in Richtung Politthriller ein: Es geht um illegale Waffengeschäfte, brutale Konflikte im Sudan und den Einsatz von Friedensaktivisten und damit weit über das Ausmaß eines gewöhnlichen Thrillers hinaus. Ich gebe aber ehrlich zu, dass ich mir das Hörbuch vermutlich eher nicht gekauft hätte, wenn mir dies vorher bekannt gewesen wäre – so spannend finde ich die Thematik persönlich nämlich nicht, auch wenn diese sicherlich ihre Daseinsberechtigung hat. Die Autoren haben es aber geschafft, diese Elemente zu einer dennoch nicht uninterssanten Geschichte zu kombinieren, diese hat aber vor allem ein großes Problem: Sie ist viel zu lang. Es gibt gefühlt unzählige Nebenstränge, die alle sehr ausführlich erzählt werden und häufig auch lange Zeit etwas außerhalb des großen Gesamtrahmens zu stehen scheinen. An solchen Stellen fragt man sich immer wieder, warum die Autoren so viel Zeit für Nebensächlichkeiten verschwenden, vor allem wenn der Einfluss auf die Story dann letztlich eher gering ist. Doch in den Ahndorils scheinen kleine Perfektionisten zu stecken, die alles möglichst gründlich erklären und die Motivation ihrer (wirklich sehr gut ausgearbeiteten) Charaktere nachvollziehbar darstellen zu wollen. Das ist einerseits wirklich löblich, sorgt aber für viele langatmige Passagen.
Guter Kriminalroman mit Überlänge
Trotz dieser Längen ist „Paganinis Fluch“ immer noch ein guter Kriminalroman, dafür verstehen die Autoren ihr Handwerk einfach zu gut – auch wenn ihre Erzählung im Präsens für manche etwas gewöhnungsbedürftig sein wird. Joona Linna ist als Ermittlerfigur gelungen, bleibt aber für meinen Geschmack auch im zweiten Band immer noch ein wenig blass – bis auf dessen finnischen Hintergrund erfährt man nämlich eher wenig über ihn. In bester skandinavischer Krimi-Tradition wirkt Linna zudem häufig etwas schwermütig, was bei der Hörbuchfassung offenbar auch auf den Sprecher Simon Jäger übergegriffen hat. Dieser liest zwar gewohnt stark, seine doch eher schläfrige Interpretation der Hauptfigur wirkt aber nicht gerade mitreißend – hier möchte man Linna gerne mal in den Hintern treten, damit dieser aus seiner Lethargie herausfindet. Somit hinterlässt Keplers zweiter Roman insgesamt einen etwas zwiespätigen Eindruck und krankt an einer ähnlichen Schwäche wie der Vorgänger „Der Hypnotiseur“: Das Buch fängt stark an, verliert aber in der zweiten Hälfte merklich an Spannung und verstrickt sich zudem in den zu vielen Handlungssträngen, aus deren Geflecht die Autoren nur sehr langsam wieder herausfinden, was eben in der enormen Überlänge des Romans resultiert. Wer jedoch gerne politische Thriller liest und etwas Geduld mitbringt, wird mit „Paganinis Fluch“ sicher nicht unglücklich.
Charaktere: | |
Story: | |
Atmosphäre: | |
Sprecher: |
7/10