Fragments_Rezi

Kira Walker hat es geschafft: Sie hat ein Heilmittel für den RM-Virus gefunden und dem neugeborenen Kind ihrer Freundin damit das Leben gerettet – Arwen ist das erste Baby seit elf Jahren, dass die ersten Tage nach der Geburt überlebt hat und nun immun gegen die Seuche ist. Allerdings haben die Menschen auf Long Island bisher immer noch keinen Weg gefunden, um das Heilmittel zu synthetisieren und damit eine dauerhafte Lösung des Problems zu schaffen – das schreckliche Kindersterben geht weiter. Während im Senat nun heftig über die weitere Vorgehensweise im Umgang mit dem Virus und der Bedrohung durch die Partials debattiert wird, ist Kira alleine losgezogen, um mehr über ihre eigene Herkunft herauszufinden und damit zugleich wichtige Informationen über die Entstehung der Partials zu erhalten. Im Fokus ihrer einsamen Aufklärungsmission in den Ruinen Manhattans steht vor allem die Suche nach dem Trust, den Köpfen hinter der Partials-Invasion, von denen sich Kira den Schlüssel zur Rettung der Menschheit erhofft…

Der zweite Band der Trilogie liefert Erkenntnisse über die Anfänge der Partials

„Fragments“ ist der zweite Band von Dan Wells‘ „Partials“-Trilogie und setzt wenige Tage nach der Handlung des Vorgängers ein. Zu diesem Zeitpunkt befindet sich Kira bereits auf ihrem Trip nach Manhattan, während man in East Meadow, dem Rückzugsort der Überlebenden des Partial-Krieges, nach wie vor verzweifelt versucht, dem Aussterben der knapp 40.000 verbliebenen Menschen auf dem Planeten entgegenzuwirken. Folglich springt die Handlung im Folgenden immer wieder zwischen Kira und ihrem Freund Marcus hin und her, wobei der Fokus eindeutig auf Kiras Nachforschungen liegt. Diese gehen zwar eher mühsam voran und bieten zunächst kaum Action, sind aber dennoch hochinteressant, da man endlich mehr über die Anfänge der Partials erfährt. Das ist deshalb spannend, weil Kira immer nur bruchstückhafte Informationen erhält und aufgrund dieser diverse Theorien über die ursprüngliche Motivation der Partials-Schöpfer entwickelt. Manch einem Leser mag diese Spurensuche vielleicht etwas zu lange dauern, ich mochte dieses Rätselraten aber schon im ersten Teil und habe mich daher sehr über diese zwar ruhige, aber dennoch packende „Forschungsreise“ gefreut.

Die Grenzen zwischen Gut und Böse verschwimmen

Nach gut einem Drittel kommt dann jedoch mehr Schwung in die Ereignisse: Die Action nimmt zu und zugleich bekommt man auch erstmals Eindrücke in die Welt außerhalb der Stadtgrenzen New Yorks. Hier offenbart sich erst das wahre Ausmaß des verheerenden Partial-Krieges und Dan Wells gelingt es sehr gut, das dystopische und äußerst hoffnunglos erscheinende Setting zu beschreiben. Was mir an diesem Szenario wie schon im Vorgänger wieder gut gefallen hat, ist dass es trotz der auf den ersten Blick sehr einfachen Aufteilung der Charaktere in gute Menschen und böse Partials letztlich doch recht schwierig ist, die Seiten so eindeutig festzulegen – denn Wells schafft es, dass man die Standpunkte der verfeindeten Parteien und auch die kontroversen Sichtweisen innerhalb dieser jederzeit nachvollziehen kann. Es gibt eben nicht nur Gut und Böse, zumal auch beide Seiten aufeinander angewiesen sind, um den Erhalt der eigenen Rasse zu sichern. Hier wird früh klar, dass eine Lösung des Problems nur über eigene Kompromisse möglich ist – auch wenn sich viele Figuren damit schwer tun, sich dieses Dilemma einzugestehen.

Hochinteressante und sehr reife Fortsetzung der Trilogie

Diese Zwickmühle führt zu einer der ganz großen Stärken des Buches, nämlich einer hochinteressanten Diskussion über Moral und Ethik, die eine Vielzahl von spannenden Fragen aufwirft: Was ist ein Leben wert? Was ist richtig oder falsch? Ist ein menschliches Leben wichtiger als das eines Partials, obwohl sich die beiden Rassen gar nicht so unterschiedlich sind wie man denkt? Wie weit darf man gehen um das eigene Überleben zu sichern und ist es vertretbar, dafür andere zu opfern? Gerade im Schlussdrittel, das zuvor mit einer wirklich spektakulären und völlig überraschenden Wendung eingeleitet wird, muss sich Kira diese Fragen am laufenden Band stellen und dabei nicht nur einen inneren Konflikt mit sich selbst und ihrer eigenen Überzeugung ausfechten, sondern diese dann auch gegenüber ihren Mitstreitern und Gegnern durchsetzen. So viel fast schon philosophischer Tiefgang ist mir in einer Dystopie bisher noch nicht untergekommen und lässt das Buch trotz der eigentlich eher jüngeren Zielgruppe sehr reif wirken, was es auch für Erwachsene interessant macht. Gerade diese sehr ernste Grundstimmung hat mir super gefallen, sodass ich „Fragments“ sogar noch ein wenig besser fand als „Partials“ und ich wirklich sehr gespannt auf den Trilogie-Abschluss „Ruins“ bin.

Fragments
  • Autor:
  • Deutscher Titel: Fragmente: Partials 2
  • Reihe: Partials #2
  • Umfang: 564 Seiten
  • Verlag: Balzer + Bray
  • Erscheinungsdatum: 26. Februar 2013
  • Preis Geb. Ausgabe 12,97 €/Taschenbuch 6,80 €
Cover:
Charaktere:
Story:
Atmosphäre:
Gesamt:
9/10
Fazit:
Starke Fortsetzung, die den Action-Anteil etwas zurückfährt, dafür aber eine hochspannende Debatte über Moral und Ethik lostritt und damit auch den Charakteren noch mehr Tiefgang verleiht.

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