Robinson_Crusoe_Rezi

Entgegen den Erwartungen und Ratschlägen seiner Eltern, die ihn wiederholt und eindringlich vor seinem Unterfangen warnen, folgt der junge Kaufmannssohn Robinson Crusoe seinen eigenen Träumen und fährt zur See, statt in die Fußstapfen seines Vaters zu treten. Doch bereits die ersten Erfahrungen des Sohnes sind ernüchternd und münden in einer Katastrophe: Er gerät mitten in einen Piratenangriff und lebt als Folge zwei Jahre lang als Sklave in Marokko. Robinson lässt sich von diesem Rückschlag jedoch nicht von seinem Lebensplan abbringen und versucht auch nach seiner Befreiung und zwischenzeitlichen Erfolgen als Plantagenbesitzer weiter sein Glück auf den Meeren der Welt – aber erneut meint es das Schicksal nicht gut mit ihm: Bei einer Geschäftsreise landet sein Schiff in einem schweren Sturm, in dem die Seefahrer letztlich Schiffbruch erleiden und die gesamte Besatzung in den Fluten umkommt. Nur Robinson Crusoe überlebt und strandet auf einer einsamen Karibikinsel – und ist auf Jahre hinaus auf sich alleine gestellt…

Daniel Defoes Abenteuer-Klassiker in der Hörbuchfassung

Die Klassikerwochen gehen weiter, denn in meiner Hörbuchbibliothek herrscht bis auf einige ungeliebte Sub-Leichen immer noch gähnende Leere und die frischen Audible-Guthaben sind immer viel zu schnell aufgebraucht – also müssen auch weiterhin die Hörbuchfassungen berühmter Romane der Literaturgeschichte zu meiner akustischen Unterhaltung herhalten. Nach mitreißenden und ungemein kurzweiligen Titeln (Achtung: Ironie!) wie Kafkas „Der Prozess“ oder Mark Twains „Huckleberry Finn“ ging es nun also mit Daniel Defoes „Robinson Crusoe“ weiter. Diesen Roman hatte ich bereits vor rund 15 Jahren in meiner frühen Kindheit gelesen und in durchaus guter Erinnerung behalten – doch leider führte auch hier die erneute Begegnung mit einem Klassiker doch eher zu Ernüchterung.

Eintönigkeit in Folge des begrenzten Settings

Das Problem des Buches liegt in meinen Augen hier größtenteils beim Setting selbst, denn wie interessant und abwechslungsreich kann eine Geschichte sein, die überwiegend daraus besteht, dass ein einsamer Schiffbrüchiger Jahr für Jahr ohne Kontakt zu anderen Menschen auf einer abgelegenen Insel verbringt? Bei Jules Vernes ähnlich angelegtem Abenteuerroman „Die geheimnisvolle Insel“ sind es immerhin mehrere Personen, die unfreiwillig auf einem Eiland fernab jeder Zivilisation stranden, folglich gibt es Dialoge, gemeinsame Erkundungen und eine gewisse Gruppendynamik – all das hat „Robinson Crusoe“ zwangsläufig nicht. Darüber hinaus dauert es auch schon eine ganze Weile, bis der Titelheld erst einmal auf der Insel angelangt, denn Defoes Einleitung mit Crusoes ersten Versuchen auf See, seiner Gefangenschaft und seinem Leben als Geschäftsmann fällt zunächst sehr ausschweifend aus. Auf der Insel geht es aber noch eine Nummer langatmiger weiter, denn in den ersten Jahren passiert dort wirklich nichts, außer dass der Gestrandete jagt, Getreide anbaut und seine Tage in Einsamkeit zählt – und zählt, und zählt und zählt.

Es herrscht weitestgehend gähnende Langeweile

Die mangelnde Handlung und schmerzlich vermisste Dialoge werden von Defoe durch ebenso ermüdende Phasen der Selbstreflexion ausgeglichen, in denen Robinson Crusoe jammernd mit seinem Schicksal hadert und im wahrsten Sinne über Gott und die Welt nachdenkt – warum ausgerechnet er von Gott mit diesem schweren Schicksal gestraft wurde oder ob das Inselleben für ihn sogar eine Erlösung darstellen und er sich lieber glücklich schätzen sollte, überhaupt ein solches Leben führen zu dürfen. Gegen Ende hin wird es dann mit dem Auftauchen von Freitag etwas besser, warum die quälende Eintönigkeit des Insel-Martyriums aber plötzlich durch stark übertriebene und in dieser Form völlig unpassende Gewaltdarstellungen abgelöst wird, bleibt ebenfalls ein Rätsel – zumal sich auch diese durch permanente Wiederholungen sehr schnell abnutzen. Sprachlich ist das alles ohne Frage sehr elegant, aber was hilft das alles, wenn die Geschichte selbst unglaublich langatmig ist? Hier kann auch der engagierte Hörbuch-Sprecher Wolfgang Condrus trotz merklich bemühter Lesung nicht viel ausrichten, da er aufgrund kaum vorhandener Dialogzeilen auch auf die eher anspruchslose Erzählerrolle reduziert wird und sein Repertoire überhaupt nicht ausschöpfen kann. Man möge mich für meine erneute Verunglimpfung eines Romans mit Weltruhm wieder einmal steinigen, aber auch „Robinson Crusoe“ konnte mein zerrüttetes Verhältnis zu derartigen Klassikern nicht verbessern – im Gegenteil: Ich habe mich in den 12,5 Hörbuch-Stunden weitestgehend zu Tode gelangweilt.

Das Dschungelbuch
  • Autor:
  • Sprecher: Wolfgang Condrus
  • Original Titel: Robinson Crusoe
  • Verlag: Audible GmbH
  • Erscheinungsdatum: 12. Februar 2009
  • Preis 4,95 €
Charaktere:
Story:
Atmosphäre:
Sprecher:
Gesamt:
5/10
Fazit:
Ungemein langatmiges Insel-Martyrium, das auch in der Hörbuchfassung nur bedingt unterhalten kann.

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3 Antworten zu diesem Beitrag

  • Hm, schade, dass dir das Buch keinen Spaß bereitet hat. Mir hat das Buch gefallen und ebenso „Huckleberry Finn“.
    Es liegt wohl echt daran, ob einem Klassiker gefallen oder nicht. Wenn man eher Thriller und Krimis liest (so wie ich deinem Banner entnehmen kann), kann man Klassikern wohl nicht so viel abgewinnen.
    Vielleicht findest du ja noch einen Klassiker, der dich überzeugen kann. 🙂
    Viele Grüße 🙂

    • Ich glaube bei mir liegt das zum einen am Genre, aber auch daran dass ich die Klassiker meist als Hörbuch höre. Wenn dann längere Zeit nichts passiert schweift man hier gedanklich viel schneller ab als beim Printbuch und die Langeweile wird dann nochmal deutlich verstärkt.

      „The Wizard of Oz“ fand ich aber z.B. richtig gut 😉

      • Ah, okay. Das Buch habe ich noch nicht gelesen, aber vielleicht wäre es ja einen Versuch wert. 🙂

        Dass es am Hörbuch liegt kann sein, kann das nicht so vergleichen, habe nämlich noch nie Hörbücher gehört. Was in dem Fall für meinen Lesespaß aber vielleicht sogar von Vorteil war. 😀