Autor: Marc Ritter
Sprecher: Detlef Bierstedt
Länge: 14 Std. 22 Min. (ungekürzt)

Inhaltsbeschreibung von audible.de:
Der internationale Terrorismus ist im beschaulichen Oberbayern angekommen: Die gesamte Zugspitze wird gekidnappt und 6.000 Zivilisten sind die Geiseln von hochausgerüsteten Terroristen. Die Zugspitzbahn wurde im Tunnel mit Sprengungen von der Außenwelt abgeschnitten. Die bayerische Polizei und die Gebirgsjäger müssen mit dem Verteidigungsminister und seinem Berliner Großkopferten-Tross zusammenarbeiten. Doch im Zug sitzt der Garmisch-Partenkirchener Alpinistenfotograf und Extremsportler Thien Hung Baumgartner, mit dem die Terroristen nicht gerechnet haben.

Zum Hörbuch:
Es ist der 6. Januar 2012: In Bayern ist Feiertag und das herrliche Winterwetter lockt Tausende von Menschen auf Deutschlands höchsten Berg, die Zugspitze. Skifahrer genießen die rasanten Abfahrten und viele Touristen nutzen den letzten Tag der Weihnachtsferien für aufregende Stunden im Schnee. Dann jedoch geschieht das Unfassbare: Durch eine Explosion stürzt ein Tunnel im Berg ein und setzt die berühmte Zugspitzbahn mit rund 200 Fahrgästen fest. Die örtlichen Verantwortlichen befürchten zunächst ein tragisches Unglück und sind daher erleichtert, als sie erste Lebenszeichen aus dem Tunnel vernehmen. Doch es kommt noch schlimmer: Immer mehr Anzeichen deuten auf einen Terroranschlag hin, vor allem als auch noch eine Seilbahn gesprengt wird. In atemberaubender Höhe beginnt eine dramatische Rettungsaktion…

Unter den verschütteten Fahrgästen der Zugspitzbahn befindet sich auch Thien Hung Baumgartner, ein Extremsportler aus Garmisch-Partenkirchen. Der hauptberuflich als Fotograf tätige Baumgartner wollte sich ursprünglich auf den Berg begeben, um im Rahmen eines äußerst lukrativen Auftrages spektakuläre Bilder für ein amerikanisches Fachmagazin zu schießen. Nun ist er jedoch einer von zweihundert Geiseln und wird von einer Gruppe Terroristen in Schach gehalten. Thien beschließt, sich nicht seinem Schicksal zu ergeben und allein auf Hilfe von außen zu vertrauen, sondern sucht mit allen Mitteln nach einem Ausweg aus der misslichen Lage…

Es ist ein erschreckendes Szenario, welches der deutsche Autor Marc Ritter in seinem neuen Buch „Kreuzzug“ geschaffen hat. Über 5000 Menschen, gefangen in knapp 3000 Metern Höhe und scheinbar völlig hilflos einer Gruppe von bestens vorbereiteten und absolut skrupellosen Terroristen ausgeliefert. Alle Zugänge zum Berg sind abgeschnitten, sodass sich auch die Rettungsversuche äußerst schwierig gestalten. Zudem müssen die Verantwortlichen damit rechnen, dass es bei eventuellen Bergungsmaßnahmen zu weiteren Anschlägen kommen kann. In seiner Ausgangsposition erinnert Ritters „Kreuzzug“ schon recht stark an das Buch „Oktoberfest“ von Christoph Scholder, in dem das Münchner Volksfest zum Angriffsziel von Terroristen wurde. Allerdings hatte mir das Hörbuch damals nicht so richtig gefallen, sodass ich mit etwas gedämpften Erwartungen an den Zugspitz-Thriller herangegangen bin.

Marc Ritter macht es dem Hörer zu Beginn nicht gerade leicht. Zunächst einmal springt der Autor recht schnell und häufig zwischen verschiedenen Zeitpunkten und Schauplätzen hin- und her, da parallel zum Ablauf des Anschlages auch die Entstehung der Pläne und die Vorbereitungen der Terroristen geschildert werden. Außerdem wird man anfangs direkt mit einer Vielzahl von Figuren konfrontiert, wobei man hier zwischen drei Hauptgruppen unterscheiden kann: Auf der einen Seite begleitet man die Drahtzieher des Terroraktes und wird mit ihrer Herkunft, Ausbildung und Motivation vertraut gemacht. Dann gibt es die involvierten Zivilpersonen, wie zum Beispiel den erwähnten Thien Hung Baumgartner, ein älteres amerikanisches Ehepaar oder die Extremsportlerin Sandra Thaler, die zu Trainingszwecken am Berg unterwegs ist. Die dritte Gruppe beinhaltet die für die Rettungsmaßnahmen verantwortlichen Menschen, u.a. Mitarbeiter der Zugspitzbahn, Politiker, Sanitäter und Soldaten der Bundeswehr. Da ist es beim Einstieg in die Geschichte nicht leicht, hier den Überblick zu behalten, denn es wird die volle Aufmerksamkeit des Hörers gefordert.

Allerdings ist der umfassende Figurenkreis auch einer der großen Pluspunkte der Geschichte, denn Marc Ritter beleuchtet das Zugspitzdrama wirklich von allen Seiten, was für ein detailliertes und realistisches Gesamtbild sorgt. Hier wird jede wichtige Perspektive, ob Opfer, Retter oder Täter, ausgiebig berücksichtigt, sodass die Schilderungen auf mich sehr realistisch wirken. Als Außenstehender kann man so gut nachvollziehen, wie kompliziert sich die Rettungsmaßnahmen gestalten und welche Behörden sich koordinieren müssen, um durch sorgfältig geplante Zusammenarbeit zum Erfolg zu kommen. Zudem nutzt Ritter die Gelegenheit, um durch Kompetenzgerangel der Verantwortlichen einen zusätzlichen Spannungsherd zu kreieren. Die spektakuläre Geiselnahme bringt nämlich zwangsläufig ein großes Medieninteresse mit sich, welches nicht nur eine Horde von Reportern, sondern auch öffentlichkeitsliebende Politiker anzieht. Diese wittern die große Chance, sich bei der Bergung als große Retter zu präsentieren, um so ihre politische Karriere voranzutreiben.

In diesen Momenten wird „Kreuzzug“ schon fast etwas zur Satire, denn der Autor hat viele wichtige Charaktere sehr offensichtlich an bekannte deutsche Persönlichkeiten der deutschen Politik- und Fernsehlandschaft angelehnt. Da gibt es zum Beispiel den adligen Verteidigungsminister, der sich und seine Frau stets sehr öffentlichkeitswirksam in Szene zu setzen weiß (ein Schelm, wer dabei an Dr. Karl-Theodor und Stephanie zu Guttenberg denkt), die resolute Bundeskanzlerin, den BILD-Chefredakteur oder den TV-Moderator von Sat.1, einen gewissen Jens F. Körber (wer könnte damit wohl gemeint sein?). Diese eindeutigen Anspielungen auf real existierende Personen lassen den Thriller zum einen glaubwürdiger erscheinen, andererseits bewegt sich Ritter dabei aber auch auf einem schmalen Grat. Zwar kann man sich manchmal ein Schmunzeln nicht verkneifen, allerdings droht die Geschichte dadurch an einigen Stellen aber auch ins Lächerliche abzurutschen. Glücklicherweise bekommt der Autor aber noch immer rechtzeitig die Kurve, sodass „Kreuzzug“ nicht so albern wie Scholders „Oktoberfest“ wird.

An der Geschichte selbst gibt es kaum etwas auszusetzen, diese ist gut konstruiert und äußerst spannend geschrieben. Ständig gibt es neue Wendungen, welche die Rettung der Geiseln zusätzlich erschweren und so den Nervenkitzel immer noch ein wenig steigern. Was mich persönlich ein wenig gestört hat, ist die Tatsache, dass es ein wenig an Überraschungen mangelt. Leider enthüllt der Autor sowohl die Identität der Terroristen als auch die wahren Drahtzieher hinter dem Anschlag sehr früh. So kann man zwar als Hörer die Planungen genau nachvollziehen, aber das Rätselraten um die möglichen Hintermänner fällt so auch früh ins Wasser. Außerdem fehlte mir beim Hören ein wenig die Identifikationsfigur. Zwar ist vor allem die Figur des Thien Hung Baumgartner als Sympathieträger angelegt, doch dessen übertriebener Hang zum Heldentum ist mir schon etwas negativ aufgestoßen. So gibt es zum Beispiel eine Szene, in der Thien sich enttäuscht über die Möglichkeit zeigt, die Geiselnahme könnte durch eine simple Erfüllung der Forderungen reibungslos aufgelöst werden. Stattdessen strebt er eine deutlich reizvollere Aktion an, in welcher er als strahlender Held glänzen kann – hier erwarte ich von einer Hauptfigur in einer solchen Situation einfach ein wenig mehr Verantwortungsbewusstsein gegenüber den Mitgefangenen, die über eine unblutige, „langweilige“ Lösung sicherlich hocherfreut wären. Abschließend hat mir auch der Schluss nicht hundertprozentig gefallen: Zwar ist die Story nicht unoriginell aufgelöst, mir persönlich ist das Ende jedoch ein bisschen zu wild und zu abgehoben, ohne hier aber zu viel verraten zu wollen.

Zum Sprecher:
Gelesen wird „Kreuzzug“ von Detlef Bierstedt, der deutschen Synchronstimme von Hollywoodstar George Clooney. Dieser macht während der Lesung einen sehr guten Job und trägt durch seine etwas nüchtern wirkende Erzählung viel zum realistischen Eindruck des Thrillers bei. Er verzichtet auf übertriebene Emotionen, sondern setzt diese gezielt und wirkungsvoll z.B. bei Streitereien der Hauptfiguren ein. Glücklicherweise greift Bierstedt auch nur ganz selten auf seinen etwas befremdlich wirkenden bayerischen Dialekt zurück, der erfahrungsgemäß eher unfreiwillig komisch rüberkommt. Interessanterweise hat Bierstedt auch schon Christoph Scholders Oktoberfest-Thriller gelesen, sodass es hier eine weitere Gemeinsamkeit der beiden Hörbücher gibt.

Mein Fazit:
Mit „Kreuzzug“ hat Marc Ritter einen spannenden und realistischen Thriller zum Thema Terrorismus in Deutschland geschrieben, der über die gesamte Laufzeit packende Unterhaltung garantiert. Punkten kann das Werk besonders durch seine Glaubwürdigkeit, die der Autor durch die umfangreiche Betrachtung des Anschlages von mehreren Seiten erreicht. Ritter schafft es zudem auch, satirische Elemente in seinem Buch unterzubringen, welche die ernste Thematik regelmäßig etwas auflockern, ohne dabei aber ins Lächerliche abzudriften. Leider ist die Story jedoch etwas überraschungsarm, denn die Hintergründe des Terroraktes werden meiner Meinung nach zu früh enthüllt. Insgesamt kann „Kreuzzug“ aber nicht zuletzt dank des hohen Erzähltempos und des gleichermaßen spektakulären wie originellen Szenarios absolut überzeugen. Somit ist der Alpen-Thriller in meinen Augen deutlich besser als das vergleichbare „Oktoberfest“ von Christoph Scholder. Für Fans von spannender Unterhaltung auf deutschem Boden gibt’s es von mir auf jeden Fall eine klare Kaufempfehlung.

Meine Wertung: 8/10

Informationen:
Das Hörbuch „Kreuzzug“ von Mark Ritter hat eine Länge von 14 Stunden und 22 Minuten und ist ungekürzt für 24,95 € bei audible.de erhältlich. Flexi-Abonnenten zahlen wie gewohnt nur 9,95 €. Weitere Informationen gibt es auf der Detail-Seite bei audible.de. Ein herzliches Dankeschön geht noch an Audible, die mir das Hörbuch vor dem Erscheinungstermin zum Rezensieren zur Verfügung gestellt haben.

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3 Antworten zu diesem Beitrag

  • Mit dem ‚hohen Erzähltempo‘ stimme ich nicht überein (da waren mir zu viele Nebengeschichten und Unterbrechungen der Haupthandlung drin), aber was Komplexität und Realismus angeht, bin ich absolut bei dir.

    Schön, dass du Thiens etwas unanbegrachten Wunsch nach Heldentum kritisierst. Das ging mir auch so. Er wurde mir dadurch unsympathisch, und mir fehlte eine Figur, an die ich mich ‚dranhängen‘ konnte. Denninger kommt zu wenig vor, und Dembrowski… naja, du weißt ja…

    Und lustig, dass wir beide Bierstedts ‚Bayerisch‘ nicht mögen. Da hätte ich am liebsten mal die Meinung eines Einheimischen dazu!

    Gruß,

    papercuts1

  • Hi, kann mir bitte jemand den Schluss erklären? Ich kapiere ihn einfach nicht ;-).