„Ein vergnügliches Stück Eskapismus […] mit Leichen“ wollte Daniel Cole schaffen, als er im Corona-Lockdown das Buch „Jackdaw“ schrieb. Eine wohl eher ungewöhnliche Beschreibung für einen Thriller, der früh mit recht ausgefallenen Morden aufwartet, bei denen die Opfer zumeist auf bizarre Weise enthauptet worden. Zudem ist auch die Inhaltsbeschreibung des Romans etwas irreführend, und das gleich in doppelter Hinsicht. Zum einen wird die weibliche Protagonistin, Detective Constable Scarlett Delaney, reißerisch als Tochter eines Serienmörders angekündigt, was viel Raum für eine komplexe und düstere Hintergrundgeschichte öffnet – im Verlauf der Handlung dann aber praktisch gar keine Rolle spielt. Wenn überhaupt dann hält dieses Familientrauma lediglich dafür her, die Hauptfigur als unberechenbar und psychisch instabil darzustellen – was beim Lesen aber auch kaum auffallen würde, wenn die skeptischen Polizeikollegen nicht wiederholt darauf hinweisen würden.
Ein ungewöhnliches Duo mit doppeltem Spiel
Auch beim männlichen Protagonisten gibt es einen Etikettenschwindel, denn Henry Devlin ist mitnichten ein „zwielichtiger Privatdetektiv“, sondern enttarnt sich frühzeitig als gerissener Auftragskiller, dessen berufliche Absichten sich zufällig mit Scarlett Delaneys Jagd auf den „Jackdaw“-Serienmörder überschneiden. Und weil Devlin nicht nur clever ist sondern auch umwerfend aussieht und mit reichlich Charme um sich wirft, tun sich beide – natürlich inoffiziell – als Team zusammen, was für beide Seiten durchaus heikle Begleitumstände hat. In der Praxis ist das Zusammenspiel der beiden dann auch recht unterhaltsam und erinnert an die „Mr. & Mrs. Smith“-Konstellation, allerdings disqualifiziert sich „Jackdaw“ dadurch auch schnell als ernstzunehmender Thriller. Da hilft auch der häufig etwas aufgezwungen wirkende Humor nicht, der die platten Dialoge wohl etwas interessanter machen sollte.
Seichte Thriller-Unterhaltung mit zu viel Klamauk
Zwar ist „Jackdaw“ bei weitem nicht so ein Desaster wie Coles völlig missglückter Thriller „Die Muse“, dennoch fühlt sich auch sein neuerliches Werk nicht selten etwas unprofessionell an und bewegt sich eher auf dem Niveau von seichter Fan-Fiction. Das ist schade, denn die Mordserie bringt mit den ausgefallen inszenierten Verbrechen durchaus Potenzial für einen spannenden Plot mit, allerdings lässt die klamaukige Schreibweise den Roman immer wieder ins Absurde abdriften. Da auch die Charaktere nur sehr oberflächlich ausgearbeitet werden ergibt sich am Ende lediglich ein sehr durchschnittlicher Thriller, der viel Potenzial ungenutzt lässt und kaum mehr bietet als ein paar Stunden überschaubare Unterhaltung – da überrascht es dann doch, dass das Buch noch mindestens eine Fortsetzung erhalten soll.
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6/10