Tags: 19. Jahrhundert, Bergbau, Black Country, London, Scotland Yard, The Murder Squad, viktorianisches England
Genre: Krimi, Thriller
Auch zwei Jahre nach den Ripper-Morden kommt London nicht zur Ruhe, sodass sich Inspector Walter Day und seine Kollegen von Scotland Yard nicht über zu wenig Arbeit beschweren können. Trotzdem werden Day und sein Mitarbeiter Sergeant Hammersmith zu einem Außeneinsatz auf dem Land abkommandiert, wo sie das mysteriöse Verschwinden einer Familie aufklären sollen: Von Sutton und Hester Price sowie ihrem jüngsten Sohn Oliver fehlt seit Tagen jede Spur und die Hoffnung der Ermittler auf einen glimpflichen Ausgang des Falls schwindet mit jeder weiteren Stunde ohne Lebenszeichen – zumal im Wald ein menschlicher Augapfel in einem Vogelnest entdeckt wurde. Day und Hammersmith haben nur zwei Tage Zeit, um das Verschwinden der Familie Price aufzuklären – doch die von Aberglauben stark beeinflusste Bevölkerung macht den Detectives die Arbeit nicht gerade leicht und scheint zudem ein dunkles Geheimnis zu verbergen…
Zweiter Einsatz des „Murder Squad“ im viktorianischen England
„The Black Country“ ist der zweite Band aus Alex Grecians „The Murder Squad“-Reihe und spielt wie schon der Vorgänger „The Yard“ wenige Monate nach den berühmten Jack-the-Ripper-Morden in London, welche die Stadt mit ihrer zuvor ungeahnten Brutalität völlig verändert haben. Die neu formierte Polizei ist gerade erst dabei, das verlorene Vertrauen der Bevölkerung mit einer Reihe von Umstrukturierungen zurückzugewinnen und der neuen Art des Verbrechens Herr zu werden. Allerdings spielt die Fortsetzung nun nicht in London selbst, sondern in dem kleinen Dorf Blackhampton in den Midlands, einer Region, die aufgrund der Kohleindustrie auch „Black Country“ genannt wird. Inspector Walter Day und sein Vertrauter Sergeant Nevil Hammersmith wurden vom Yard abkommandiert, um auf den Hilferuf des verzweifelten Constable Grimes zu antworten, der bei den Ermittlungen bezüglich des Verschwindens der Familie Price alleine nicht mehr weiter weiß. Day und Hammersmith verschwenden keine Zeit und machen sich mit vollem Einsatz an die Suche nach den Vermissten, müssen sich dabei aber auch erst einmal mit den Eigenheiten der Bevölkerung vertraut machen, die den Außenstehenden sehr misstrauisch gegenübersteht und zudem wenig rationale Theorien über den Verbleib der Prices anstellt, die von alten Legenden über die Kohleminen und ihre dunklen Geheimnisse geprägt sind.
Rätselhafte Ermittlungen in einem rätselhaften Dorf
Wie schon bei „The Yard“ gelingt es Grecian auch diesmal, ein sehr stimmiges Szenario zu entwickeln, auch wenn ich die düsteren Straßen Londons hin und wieder schon ein wenig vermisst habe. Allerdings ist auch das abgespeckte Setting in dem kleinen Dorf nicht ohne Reiz und punktet mit dunklen Wäldern und einer von den Minen gleich doppelt ausgehenden Gefahr: Zum einen weiß man nie, was in den verzweigten Schächten auf die Ermittler lauert, zum anderen sind aber auch die Gebäude in Blackhampton durch die Hohlräume im Boden permanent vom Abrutschen bedroht. Auch Grecians Geschichte passt gut zu diesem Schauplatz und setzt gleich durch mehrere Baustellen Reizpunkte. Neben dem Verschwinden der Familie sorgen nämlich auch noch eine mysteriöse Seuche und ein rätselhafter Fremder für Spannung. Zwar lüftet der Autor für meinen Geschmack eins der Geheimnisse etwas zu früh, dennoch fällt es gerade im Mittelteil äußerst schwer, das Buch aus den Händen zu legen.
Spannender Krimi mit tollen Ermittlerfiguren
Das liegt auch an den wirklich großartigen Charakteren, die bis in die kleinste Nebenrolle absolut gelungen sind und wirklich ans Herz wachsen. Normalerweise vergesse ich bei Krimireihen eigentlich schon nach wenigen Tagen die meisten Informationen über die Figuren, umso überraschter war ich daher, dass ich die Charaktere und ihre Eigenheiten beim zweiten Band immer noch so präsent hatte als hätte ich den Vorgänger erst kurz zuvor gelesen. Auch wenn der „Murder Squad“ nicht mit der vollen Truppenstärke im zweiten Band auftaucht, so sind doch alle wichtigen Protagonisten wieder mit von der Partie: Der pflichtbewusste Walter Day, der unglaublich selbstlose Sergeant Hammersmith, der sich sogar trotz Krankheit und völliger Entkräftung keine Pause gönnt, der clevere Arzt Dr. Kingsley, der mit seinen revolutionären Methoden für manch wichtigen Hinweis sorgt und dessen geistig recht simpel gestrickter, aber umso liebenswürdigerer Assistent Henry, der durch seine kindliche Neugier für so manchen Schmunzler sorgt. Es mag fast ein wenig langweilig klingen, dass bei der Besetzung niemand durch Allüren aus der Reihe fällt, doch gerade diese Harmonie und den vollen Einsatz für die gerechte Sache finde ich bei Grecians Ermittlerfiguren wirklich toll. Hier bleibt einfach nur zu hoffen, dass noch viele weitere Fälle des „Murder Squad“ folgen werden – zumindest der dritte Band „The Devil’s Workshop“ ist bereits für Juli 2014 angekündigt. Und auch wenn die Auflösung des Buches vielleicht ein wenig zu sehr auf Zufällen basiert und Grecian darüber hinaus ein wichtiges Ereignis der Handlung im Schlussteil offenbar völlig vergisst: Wer gerne viktorianische Krimis liest, sollte sich „The Black County“ und den Vorgänger „The Yard“ unbedingt einmal genauer anschauen!
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8/10