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Eine misshandelte Patientin gibt der Psychiaterin Ellen Roth Rätsel auf. Laut ihrer Aussage wird sie vom „Schwarzen Mann“ bedroht – Verfolgungswahn einer Verrückten oder reale Bedrohung?

Ellen Roth steht unter Strom: Als hätte sie als Psychiaterin in der Waldklinik ohnehin noch nicht genug zu tun, soll sie nun auch noch ihren Kollegen und Lebensgefährten Chris vertreten, der gerade mit einem Kumpel in den Australien-Urlaub aufgebrochen ist. Dabei hat sie ihr Freund auf einen Fall besonders eindringlich hingewiesen: Eine Frau mittleren Alters wurde über die Notfallambulanz in die psychiatrische Klinik eingeliefert und weist eine Vielzahl von Verletzungen auf, die alle auf eine schreckliche Misshandlung hinweisen. Die Patientin ist völlig verängstigt und reagierte bisher auch noch nicht auf die Fragen der behandelnden Ärzte, sodass Chris vor seinem Urlaub noch keine Erkenntnisse über ihr Schicksal gewinnen konnte – nicht einmal die Identität der Frau konnte geklärt werden.

Der Fall einer misshandelten Patientin entwickelt sich zum Albtraum

Als Ellen der Patientin zum ersten Mal begegnet, bietet sich ihr ein erschütterndes Bild: Die Frau hat sich verstört in eine Ecke ihres Zimmers gekauert und wirkt völlig verwahrlost, der Raum ist komplett abgedunkelt und von einem penetranten Gestank erfüllt. Nur mühsam gelingt es Ellen, nach und nach zu der Patientin durchzudringen. Bruchstückhaft und offenkundig verwirrt berichtet diese von einem unbekannten Mann, der sie verfolgt und ihr die Verletzungen zugefügt habe. Dabei spricht sie immer wieder vom „Schwarzen Mann“ aus dem bekannten Kinderlied, bei dem es sich um ihren Peiniger handeln soll. Die Psychiaterin ist geschockt und stellt eigene Nachforschungen an, um den Mann ausfindig zu machen. Doch wenige Stunden später ist die Patientin plötzlich spurlos verschwunden…

Aus dem Alltag einer Psychiaterin…

Wulf Dorns Debütroman „Trigger“ braucht eine Weile, bis die Geschichte richtig in Fahrt kommt. Auf den ersten 100 Seiten ist von der angekündigten nervenzerreißenden Spannung noch nicht viel zu spüren, langweilig ist diese Anfangsphase aber dennoch nicht. Stattdessen nutzt der Autor die ersten Kapitel nämlich für die Einführung seiner Hauptfigur und liefert Einblicke in ihren Arbeitsalltag, um den die Psychiaterin wahrlich nicht zu beneiden ist: Ständig unter Zeitdruck muss sich Ellen Roth mit anstrengenden und unberechenbaren Patienten, nervigen Stationsschwestern und (ihrer Ansicht nach) inkompetenten Ärztinnen herumplagen, sodass ihr kaum Raum zum Verschnaufen bleibt. Höhepunkt des Albtraum-Tages: Ein alter und verwirrter Witwer, dessen Selbstmord sie und ihr Kollege im letzten Augenblick abwenden können.

Verbrechen oder Verfolgungswahn?

Praktisch nebenbei wird dann auch die Haupthandlung um die misshandelte Frau ohne Identität eingeleitet, den Ellens Lebensgefährte als BIF, einen besonders interessanten Fall, gekennzeichnet hat, der die besondere Aufmerksamkeit der Ärztin erfordere. Warum das so ist, wird ihr bei der ersten Begegnung mit der Patientin klar, die wirklich ein jämmerliches Bild abgibt und kaum noch in der Lage ist, in ganzen und verständlichen Sätzen zu sprechen. Aus Mitgefühl und aus Wut über das der Frau angetane Unrecht stürzt sich Ellen in die Nachforschungen, wobei sie zunächst einmal die Identität der Patientin herausfinden muss, um in deren Umfeld nach dem Verursacher ihrer Misshandlungen zu suchen. Auch diese Passagen sind zwar interessant, aber immer noch nicht wirklich spannend. Das ändert sich aber schlagartig, als die Frau plötzlich nicht mehr in ihrem Zimmer ist und auch in der ganzen Klinik nicht aufgefunden werden kann. Der Hammer kommt aber noch, denn bis auf Ellen selbst kann sich auf einmal niemand an die Patientin erinnern…

Spannende und wendungsreiche Story

Ab diesem Punkt geht es in der Geschichte Schlag auf Schlag und aus einem kurzweiligen Buch wird von einer Seite auf die nächste ein packender Psychothriller, von dem man sich nur schwer wieder trennen kann. Eine Wendung jagt die nächste und Wulf Dorn hat immer wieder ein paar unerwartete Überraschungen auf Lager, die den Leser förmlich ans Buch fesseln. Besonders gelungen ist das Spiel mit Wahrheit und Realität, denn man kann sich nie ganz sicher sein, ob Ellen tatsächlich in ein perfides Spiel hineingeraten ist oder ob ihre Beobachtungen möglicherweise nur auf zu viel Stress und Überarbeitung zurückzuführen sind und gar nicht der Wirklichkeit entsprechen. Wulf Dorn hat die Story hier sehr clever ausgearbeitet, wenngleich manche falsche Fährte vielleicht für den geübten Leser ein wenig offensichtlich ist. Auch die Auflösung selbst lässt sich zumindest in Grundzügen erahnen, mit dem vollen Ausmaß der in einem dramatischen Finale geschilderten Enthüllung dürfte aber kaum jemand gerechnet haben.

Starkes Debüt ohne große Schwächen

Insgesamt betrachtet macht der Autor bei seinem ersten Roman vieles richtig und eigentlich nichts wirklich falsch. Neben der gelegentlichen (und wirklich minimalen) Vorhersehbarkeit könnte man vielleicht noch die etwas vage Charakterzeichnung kritisieren, die keine der Figuren wirklich komplex erscheinen lässt. Zudem eignet sich Ellen Roth meiner Meinung nach auch nicht unbedingt als echte Sympathieträgerin, da sie gerade in den ersten Szenen etwas arrogant und streitsüchtig daherkommt. Das legt sich glücklicherweise zwar recht schnell, so richtig ans Herz wächst die Psychiaterin dem Leser aber über die gesamte Dauer des Romans nicht. Der Schluss wirkt zudem ein wenig überkonstruiert, gleicht dies durch die hohe Spannung und den Überraschungseffekt aber wieder aus. Nach „Dunkler Wahn“ und dem aktuellen Thriller „Phobia“ war „Trigger“ mein drittes Buch von Wulf Dorn, und auch sein Erstling hat meine hohen Erwartungen nicht enttäuscht. Zum Glück kann ich die Wartezeit auf den nächsten Roman des Autors noch mit „Kalte Stille“ und „Mein böses Herz“ überbrücken, denn Dorn entwickelt sich langsam aber sicher zu meinem deutschen Lieblingsautor und läuft Sebastian Fitzek als Thrillerkönig immer mehr den Rang ab.

Fazit:
Packender und wendungsreicher Psychothriller, der mit hohem Spannunsniveau und einer cleveren Story überzeugt – wenngleich diese manchmal etwas überkonstruiert wirkt (8/10).

Trigger
Autor: Wulf Dorn; Umfang: 432 Seiten; Verlag: Heyne Verlag; Erscheinungsdatum: 05. Oktober 2009; Preis: Taschenbuch 9,95 €/eBook 8,99 €.

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