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Als der Dr. Pellinore Warthrop von einem Kollegen einen Hinweis auf die tatsächliche Existenz des „Heiligen Grals“ der Monstrumologie erhält, wird das Verhältnis zwischen ihm und seinem Assistenten Will Henry auf eine harte Probe gestellt…

An einem eisigen Februarabend im Jahr 1889 wird der Monstrumologe Dr. Pellinore Warthrop plötzlich von einem unerwarteten Gast überrascht, der panisch an seine Tür klopft. Wymond Kendall überbringt dem Wissenschaftler ein neues Studienobjekt aus den Händen von Warthrops ungeliebtem Kollegen John Kearns und fleht ihn zudem um ein Gegenmittel an, da der Absender des Päckchens ihn vor Antritt seiner Reise aus England vergiftet habe. Warthrop gelingt es, den verzweifelten Boten zu beruhigen, doch als er herausfindet, was Kearns ihm so eilig hat zukommen lassen, gerät auch der sonst so besonnene Monstrumologe in helle Aufregung.

Existiert der „Heilige Gral der Monstrumologie“ tatsächlich?

In dem gelieferten Holzkasten befindet sich nämlich ein Nidus, ein aus menschlichen Überresten geformtes Nest, in dem sich eine schleimige Substanz befindet. Bei diesem Schleim soll es sich um das sagenumwobene Pwdre ser handeln, dem Speichel des legendären Magnificum, eines Wesens, das als „Heiliger Gral der Monstrumologie“ gilt. Folglich ist Dr. Warthrop völlig aus dem Häuschen, denn diese bizarre Lieferung ist das erste Anzeichen für eine tatsächliche Existenz der Kreatur, die zuvor noch von niemandem tatsächlich gesichtet werden konnte. Doch wie das Magnificum ist auch das Pwdre ser für den Menschen äußerst gefährlich, wie der Monstrumologe wenig später an der Verwandlung Mr. Kendalls erkennen muss, der den Paketinhalt heimlich berührt hat und nach einem kurzen und heftigen Siechtum von dem tödlichen Gift dahingerafft wird. Dennoch hält dieser Zwischenfall Dr. Warthrop nicht davon ab, gemeinsam mit seinem jugendlichen Assistenten Will Henry die Suche nach dem geheimnisvollen Monster aller Monster aufzunehmen…

Vorsicht vor dem Klappentext!

Eine kurze Warnung gleich vorweg: Tut euch selbst einen Gefallen und verzichtet beim dritten Teil von Rick Yanceys Monstrumologen-Reihe auf das Lesen des (sowohl deutschen als auch englischen) Klappentextes, denn dieser nimmt einen Großteil der Geschichte von „Der Monstrumologe und die Insel des Blutes“ bereits vorweg. Dieser setzt nämlich schon mit dem zweiten Satz an einer Stelle der Handlung an, die erst nach der Hälfte des Buches erreicht wird und verrät somit einen entscheidenden Teil der zweiten Romanhälfte – was sich die Verlage dabei gedacht haben, erschließt sich mir beim besten Willen nicht, denn ein derartiges Spoilern der Geschichte beeinträchtigt das Lesevergnügen doch merklich. Obwohl es sich bei „Die Insel des Blutes“ bereits um den dritten Band der Reihe handelt, kann man aber auch als Neueinsteiger bedenkenlos mit diesem Buch anfangen, da die einzelnen Geschichten in sich abgeschlossen sind – Vorkenntnisse können aber sicher nicht schaden, da einige aus den Vorgängern bekannten Figuren erneut auftauchen und die Ereignisse der ersten beiden Bände gelegentlich thematisiert werden.

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Alles beim Alten…

Wer schon ein Buch der Serie gelesen hat, wird sich gleich wieder heimisch fühlen, denn auch der dritte Band beginnt wieder mit einigen Zeitungsausschnitten und einem kurzen Prolog in der Gegenwart, in welchem der Autor selbst auftritt und über seine Nachforschungen über die Hauptfigur des Romans, den Monstrumologen-Gehilfen Will Henry, berichtet. Auch nach dem anschließenden Sprung ins späte 19. Jahrhundert läuft alles wie gehabt: Eines Nachts klopft ein Fremder an der Tür des Wissenschaftlers, gibt dort eine wieder mal ganz spezielle Lieferung ab, die nach gewohntem Muster auf eine der von Dr. Warthrop erforschten Spezies hinweist und damit ein weiteres Abenteuer des Monstrumologen und seines 13-jährigen Assistenten einläutet. Für den dritten Band hat sich Yancey diesmal ein ganz besonderes Monstrum herausgesucht, nämlich die legendärste Kreatur überhaupt, von der nicht einmal die Gesellschaft der Monstrumologen weiß, wie diese überhaupt aussieht.

… und dennoch nicht langweilig

Auch die folgenden Kapitel laufen nach dem bewährten Prinzip ab: Warthrop und Will folgen den geheimnisvollen Spuren des Mythos, bereisen dabei interessante Schauplätze wie New York, England oder Arabien und kommen dem Wesen immer näher. Zwischendurch liefern sich die beiden dann noch die bereits liebgewonnenen Streitgespräche und schlagen sich mit infizierten Magnificus-Opfern oder lästigen Kontrahenten herum. Das mag nun vielleicht wie ein lahmer Aufguss der Vorgängerromane klingen, ist es aber glücklicherweise nicht. Denn trotz größtenteils bekannter Charaktere und sich gegenüber den vorangehenden Bänden gelegentlich wiederholen Schauplätze stimmt auch bei „Die Insel des Blutes“ wieder die Mischung aus skurrilen Figuren, düsterer Atmosphäre, blutiger Monsterjagd und erzählerischem Tiefgang.

Dr. Pellinore Warthrop und seine prominenten „Freunde“

Zudem gelingt es Rick Yancey auch im dritten Anlauf immer noch hervorragend, seine fiktive Story in den realen historischen Kontext einzuordnen, was zu einem großen Teil erneut an einigen kleinen Gastauftritten berühmter Persönlichkeiten liegt. Unangefochtener Höhepunkt ist diesmal das Aufeinandertreffen des Monstrumologen mit einem äußerst prominenten britischen Schriftsteller und Erfinder einer der bekanntesten Ermittlerfiguren der Literaturgeschichte, der dann sogar maßgeblichen Einfluss auf die Handlung des Buches nehmen darf. Für Fans dieser Figur finden sich einige großartige Referenzen, sodass ich beim Lesen vor Entzücken fast Luftsprünge gemacht hätte – mehr möchte ich über diesen kleinen aber grandiosen Cameo-Auftritt aber auch nicht verraten…

Der Monstrumologen-Nachwuchs wird erwachsenIMG_5224

Positiv ist auch, dass bei den beiden Hauptfiguren Dr. Warthrop und Will Henry nun auch eine Weiterentwicklung erkennbar ist. Gerade letzterer tritt im dritten Band deutlich erwachsener auf – auch wenn seit den Ereignissen des Auftaktromans gerade mal ein Jahr vergangen ist. Man kann aber deutlich erkennen, dass die jüngere Vergangenheit und die für einen 13-jährigen äußerst ungewöhnlichen Erlebnisse den Charakter des Jungen spürbar geprägt haben, sodass die Stimmung von „Die Insel des Blutes“ merklich ernster geworden ist. Leider ist das aber auch ein wenig der Knackpunkt, denn gleichzeitig wurden die vielen hitzigen und sehr amüsanten Dialoge zwischen Mentor und Assistenten im Vergleich zum Vorgänger deutlich reduziert, was einem beim Lesen stellenweise etwas wehmütig an die früheren Bücher zurückdenken lässt. Zudem kommt auch die Story diesmal ein wenig behäbig daher und braucht lange, bis sie an Fahrt aufnimmt, sodass der dritte Band in meinen Augen insgesamt betrachtet der schwächste Teil der Reihe ist. Das ist aber Meckern auf hohem Niveau, denn auch „Der Monstrumologe und die Insel des Blutes“ ist wieder ein außergewöhnliches Leseerlebnis und bietet dank der wunderschönen Illustrationen auch wieder einiges fürs Auge.

Fazit:
Insgesamt betrachtet zwar der schwächste Teil der Monstrumologen-Reihe, der aber dennoch mit seinen schrulligen Charakteren, packender Atmosphäre und einem tollen Erzählstil überzeugt (8/10).

Buchcover
Autor: Rick Yancey; Originaltitel: The Isle of Blood; Umfang: 528 Seiten; Verlag: Bastei Lübbe; Erscheinungsdatum: 11. Januar 2013; Preis: Taschenbuch 14,99 €/eBook 11,99 €.

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