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Eine mysteriöse Selbstmordserie sorgt in Berlin für Unruhe. Kriminalpsychologin Lena Peters ist überzeugt, dass sich die Opfer nicht freiwillig das Leben nahmen…

In der deutschen Hauptstadt wird die Leiche einer jungen Frau gefunden, die allem Anschein nach aus dem Fenster gesprungen ist. Der vermeintliche Selbstmord gibt der Polizei jedoch Rätsel auf, denn das Opfer war nicht nur schwanger, sondern hat sich kurz vor ihrem Todessprung auch noch das Gesicht mit Säure verätzt – ein äußerst qualvoller Weg, um aus dem Leben zu scheiden.

Ein mysteriöser Selbstmord gibt der Polizei Rätsel auf

Als die Ermittler daraufhin die Wohnung der Frau untersuchen, stoßen sie auf eine geheimnisvollen Brief mit der in blutroten Buchstaben geschriebenen Botschaft „Tu was ich dir sage. Oder ich töte dich“. Als Kriminalpsychologin Lena Peters die Todesdrohung sieht, läuft es ihr eiskalt den Rücken herunter. Exakt die gleiche Nachricht hat auch sie erst wenige Tage zuvor erhalten, kurz nachdem sie ihren ersten Mordfall als Ermittlerin gelöst hatte. Bisher hatte sie die anonyme Botschaft nicht wirklich ernst genommen, doch aufgrund der neuerlichen Erkenntnisse scheint nun auch die Profilerin in großer Gefahr zu schweben…

Der zweite Fall für die Berliner Profilerin Lena Peters

„Seelenriss“ ist der zweite Roman der deutschen Schriftstellerin Hanna Winter über die Polizeipsychologin Lena Peters und setzt nahezu unmittelbar an den Vorgänger an, indem sie den in „Opfertod“ platzierten Cliffhanger aufgreift. Peters hatte sich von der damals erhaltenen Morddrohung zwar beunruhigen lassen, doch selbst ihre Kollegen konnten keine Anhaltspunkte für eine reale Gefährdung finden – bis eben in der Wohnung einer Selbstmörderin genau die gleiche Botschaft gefunden wird. Für die Profilerin ist dies natürlich ein Schock, doch sie setzt alles daran, um die Person hinter der Drohung zu finden und zur Verantwortung zu ziehen. Allerdings räumt ihr Vorgesetzter ihr nur 48 Stunden ein, um den Täter zu finden – danach soll sie aufgrund ihrer persönlichen Verwicklung vom Fall abgezogen werden.

Vielversprechendes Ausgangsszenario, schwache Umsetzung

Auf den ersten Seiten von Hanna Winters aktuellem Thriller klingt alles noch so vielversprechend: ein geheimnisvoller Selbstmord (der für den Leser noch mysteriöser wird, weil der Prolog keinen Zweifel daran aufkommen lässt, dass die Frau sich selbst verätzt und getötet hat), rätselhafte Todesdrohungen und eine Ermittlerin im Visier des Killers. Eigentlich ist alles angerichtet für einen guten bis sehr guten Thriller, doch leider kann die Autorin nicht einmal an das Niveau ihres soliden Vorgängerromans anknüpfen. Langweilig ist „Seelenriss“ zwar nicht, allerdings findet sich auf den 320 Seiten nahezu nichts, was man nicht so in ähnlicher Form schon unzählige Male gelesen hätte.

Eine Super-Profilerin, die ihren Ruf nicht unter Beweis stellen kann

Ein großes Manko ist dabei in meinen Augen die Hauptfigur. In „Opfertod“ wurde die Kriminalpsychologin noch durchaus gelungen als Romanfigur eingeführt und immer nur angedeutete Geheimnisse aus der Vergangenheit der Polizistin sorgten für angenehme Reizpunkte. Davon ist im Nachfolger aber so gut wie nichts mehr vorhanden, der persönliche Hintergrund von Lena Peters wird fast völlig vernachlässigt und nur mit einer ziemlich belanglosen romantischen Komponente bedient. Am schlimmsten ist jedoch die Tatsache, dass Peters von der Autorin immer wieder gerne als beste Profilerin des Landes dargestellt wird – und man fragt sich nach Lektüre des Buches, wie es zu diesem Ruf eigentlich kommen konnte. Es wird in der Handlung so gut wie gar nicht auf das Verhalten des Mörders eingegangen, geschweige denn auch nur ansatzweise ein Täterprofil erstellt. Lena Peters unterscheidet sich in ihrer Arbeit durch nichts von einer ganz normalen Kriminalpolizistin und bringt lediglich rudimentäre psychologische Fachkenntnisse in die Ermittlungen ein – wer auch nur eine einzige Folge der US-Serie „Criminal Minds“ geguckt hat, ist als Profiler/in der Protagonistin absolut gleichwertig und kann ähnlich qualifizierte Mutmaßungen anstellen.

Wenig originelle Story mit mäßiger Auflösung

Leider finden sich auch in der Handlung immer wieder unnötige Schwachstellen. Man hätte aus der Ausgangssituation um die mysteriösen Selbstmorde so viel herausholen kann – wie es richtig geht zeigt beispielweise die BBC-Serie „Sherlock“ in der Episode „Ein Fall von Pink“, die in Ansätzen ähnlich angelegt ist. Bei den Ermittlungen von Lena Peters beruht aber so gut wie jede Entwicklung auf bloßen Zufällen, was auch für das schwache Finale des Buches gilt. Man wartet die ganze Zeit gespannt auf eine vernünftige Auflösung und fragt sich am Ende dann nur noch „Das soll es jetzt gewesen sein?“. Auch der von der Autorin überraschend eingebaute Wendepunkt im Privatleben der Hauptfigur wirkt völlig an den Haaren herbeigeholt und hat befremdlicherweise auch keinerlei ernsthafte Konsequenzen auf ihr Verhalten bzw. die Geschichte. Hier bleibt nur zu hoffen, dass Hanna Winter für den zu erwartenden dritten Band um Lena Peters wieder zurück in die Spur findet und sowohl der Story als auch ihren Charakteren etwas mehr Sorgfalt schenkt.

Fazit:
Uninspirierter 08/15-Thriller, dessen Charaktere genauso oberflächlich bleiben wie die auf Zufällen basierende Krimihandlung (05/10).

Buchcover
Autorin: Hanna Winter; Umfang: 320 Seiten; Verlag: Ullstein Taschenbuch; Erscheinungsdatum: 15. Februar 2013; Preis: Taschenbuch 8,99 €/eBook 7,99 €.

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