Buchcover
Autor: Arno Strobel
Umfang: 384 Seiten
Verlag: Fischer Taschenbuch
Erscheinungsdatum: 10. Januar 2013
Preis: 9,99 € (Taschenbuch/eBook)

Klappentext:
Köln wird durch eine Reihe fürchterlicher Verbrechen erschüttert. Jemand entführt mehrere Frauen und begräbt sie bei lebendigem Leib. Der Täter spielt der Polizei Hinweise zu, doch wenn ein Grab gefunden wird, ist die Frau darin bereits tot. Erstickt.
Zur gleichen Zeit hat Eva, eine erfolgreiche Geschäftsfrau Mitte 30, einen immer wiederkehrenden Traum. Sie wacht in einem Sarg auf. Gefangen, hilflos, panisch. Sie weiß nicht, wie sie in den Sarg hineingekommen ist, und später nicht mehr, wie sie ihn wieder verlassen hat. Doch irgendwann ist es vorbei, sie ist frei, liegt in ihrem Bett. Und bemerkt die Blutergüsse und Kratzspuren an Händen, Armen und Beinen …

Meine Buchbesprechung:
Als Eva Rossbach die Augen aufschlägt, sieht sie um sich herum nichts als Dunkelheit. Sie liegt auf dem Rücken, kann sich kaum bewegen und stößt bereits nach wenigen Zentimetern um sie herum auf Widerstand. Die Luft riecht verbraucht und als sie dann noch an den Wänden ihres winzigen Gefängnisses feinen Satin-Stoff ertastet, dämmert ihr langsam, dass sie sich offenbar in einem Sarg befindet. Panik ergreift Eva und sie versucht verzweifelt, sich aus der Kiste zu befreien, doch sie hat keine Chance. Zudem hat sie keine Ahnung, wie sie überhaupt in den Sarg hineingekommen ist. Wurde sie vielleicht fälschlicherweise für tot gehalten und lebendig begraben, so wie sie es schon in vielen Horrorgeschichten gehört hat?

Eine Frau wird lebendig in einem Sarg begraben – nur ein Albtraum oder schreckliche Realität?

Plötzlich verändert sich dann aber ihre Umgebung und Eva liegt wieder in ihrem Bett. War alles doch nur ein böser Traum? Doch wie erklären sich dann die Blutergüsse und Abschürfungen, die ihren ganzen Körper bedecken? Als sie dann auch noch die Nachrichten einschaltet, läuft ihr ein eiskalter Schauer den Rücken hinunter. In Köln wurde die Leiche einer Frau aufgefunden – und das Opfer wurde vor ihrem Tod lebendig in einem Sarg begraben. Nur ein beängstigender Zufall, oder hat Evas Albtraum etwas mit dem Mord an der Frau zu tun?

Der vierte Psychothriller von Arno Strobel

„Der Sarg“ ist der neue Psychothriller des deutschen Schriftstellers Arno Strobel und war in meiner Leseplanung für dieses Jahr gleich das erste Highlight, das ich nicht verpassen durfte. Nachdem ich vor ziemlich genau einem Jahr Strobels dritten Roman „Das Skript“ förmlich verschlungen hatte, war die Vorfreude auf weiteren spannenden Lese-Nachschub aus der Feder des Autors natürlich groß – zumal mich die im letzten Buch mitgelieferte Leseprobe schon sehr neugierig gemacht hat.

Packender, unheimlicher und mysteriöser Auftakt

Und es geht auch vielversprechend los, denn die Auftaktszene, in der die Hauptfigur Eva Rossmann alleine in einem Sarg aufwacht, sorgt bereits für einen packenden und unheimlichen Beginn – vor allem, da sie wenig später plötzlich wieder in ihrem Schlafzimmer liegt. „Alles nur ein schlechter Traum“, denken Leser und Protagonistin, doch wie kommt es, dass Eva überall an ihrem Körper ein paar schmerzhafte Andenken an ihren vermeintlichen Albtraum davongetragen hat? War sie vielleicht so in ihrem Traum gefangen, dass sie im Bett wild um sich geschlagen und sich dabei so verletzt hat? Es wird aber noch mysteriöser, denn nur wenig später erfährt Eva von der ermordeten Frau und erhält zudem eine geheimnisvolle Drohung, die sie sich nicht erklären kann.

Arno Strobel beschränkt sich aber bei seiner Geschichte nicht nur auf die Figur der Eva Rossmann, sondern lässt den Leser auch an den Ermittlungen der Polizei in dem grausamen Mordfall teilhaben – und hier wird das Ganze noch ein wenig rätselhafter. Es gibt nämlich eine direkte Verbindung zwischen Eva und der Toten, denn die Ermordete war Rossmanns Halbschwester, zu der sie aber seit vielen Jahren keinen Kontakt mehr hatte. Für die beiden Ermittler Bernd Menkhoff (den Strobel-Fans schon aus dem Roman „Das Wesen“ kennen) und Julia Reithöfer führen die ersten Spuren daher auch direkt zu Eva Rossmann und dem Familienunternehmen, dass sie von ihrem Vater geerbt hat. Zwar ist sie aufgrund von langjährigen psychischen Problemen nicht in der Lage, den Betrieb nach dem Tod des Vaters weiterzuführen, doch trotzdem steht sie nach wie vor in engem Kontakt zu dem Geschäftsführer und ist auf dem Papier für das Unternehmen verantwortlich.

Spannend und kurzweilig, aber für geübte Leser sehr vorhersehbar 

Die Ausgangssituation klingt also vielversprechend, doch leider kann die sich darauf aufbauende Geschichte nicht an den gelungenen Auftakt anknüpfen. Das liegt aber nicht etwa an fehlender Spannung, denn diese ist durchaus auf einem zufriedenstellenden Niveau vorhanden und die kurzen und aus wechselnden Perspektiven geschilderten Kapiteln sorgen auch für Kurzweil und Abwechslung. Auch die Atmosphäre des Buches ist durch die sich wiederholenden Traumsequenzen und die sich daraus ergebenden Fragen wirklich recht einnehmend, wenngleich man dieses stellenweise fast schon Surreale auch ein wenig mögen muss, um mit dem Buch so richtig warm zu werden. Problematischer hingegen ist da schon die Ausarbeitung der Handlung, denn diese ist insgesamt betrachtet leider sehr vorhersehbar. Mir ist schon sehr früh (und damit meine ich wirklich sehr früh) die richtige Auflösung der Geschichte in den Sinn gekommen, die sich dann auch – zwar mit ein paar Abweichungen, aber in der Grundidee identisch – so zugetragen hat wie erwartet bzw. befürchtet. Das liegt aber weniger an einem ausgesprochen guten Riecher meinerseits (was bei mir eh sehr selten der Fall ist…), sondern daran, dass die Story so bizarr und teilweise fast schon absurd ist, dass es für die ganzen Ereignisse im Prinzip nur eine logische Erklärung geben kann – und diese dämmert dem geübten Psychothrillerleser leider schon frühzeitig. Ganz im Gegenteil übrigens zur nicht besonders kompetent auftretenden Ermittlertruppe, die einige offensichtliche Hinweise (z.B. im Vorfeld einer Hausdurchsuchung) entweder nicht wahrnimmt oder direkt wieder vergessen hat.

Oberflächliche Charaktere, unbeholfene Dialoge

Ein weiteres großes Problem sind die Charaktere, die eigentlich ausnahmslos ziemlich blass und langweilig geraten sind. Das beginnt bei der irgendwie wenig sympathischen Eva Rossmann, zu der ich aufgrund ihres nicht immer nachvollziehbaren und oft anstrengenden Verhaltens keine richtige Bindung aufbauen konnte, und geht weiter bei den beiden Polizisten Menkhoff und Reithöfer, wobei mir vor allem ersterer negativ aufgestoßen ist. Es werden vom Autor nämlich ständig Andeutungen bezüglich dessen angeblich aufbrausenden Temperaments gemacht, von dem aber im Verlauf der Handlung fast gar nichts zu merken ist. Bei der kleinsten Anspannung in dessen Stimme wird das Thema wieder völlig überzogen aufgebauscht, was wirklich einfach nur albern wirkt. Offenbar muss hier im Roman „Das Wesen“ (den ich leider noch nicht gelesen habe) etwas in dieser Hinsicht vorgefallen sein, worauf aber überraschenderweise auch nicht näher eingegangen wird – da hätte man sich das ganze Gehabe gleich sparen können, genauso wie die aufgesetzt wirkende Rivalität zwischen Menkhoff und einem seiner Kollegen. Negativer Höhepunkt ist aber der unglaubwürdige Psychologe, der nicht nur ein völlig unprofessionelles Verhalten gegenüber seiner Patientin an den Tag legt, sondern auch beim – zugegeben ernsten – Thema Kindesmissbrauch direkt kurz vor dem Nervenzusammenbruch steht. Wenn ich den Einblick in menschliche Abgründe nicht ertragen kann, werde ich nun einmal nicht Psychologe – fertig, aus. Darüber hinaus sorgen auch die vielen seltsam plump und unbeholfen wirkenden Dialoge für eine merkliche Schmälerung des Lesevergnügens.

Schlussfazit:
Arno Strobels „Der Sarg“ ist um Himmels Willen kein schlechter Psychothriller, auch wenn dies aufgrund meiner obigen Ausführungen vielleicht den Eindruck erweckt. Die Story ist solide konstruiert und das Spannungsniveau ist auch in Ordnung, sodass sich das Buch wirklich gut weglesen lässt. Allerdings kann Strobels vierter Roman den hohen Erwartungen, die „Das Skript“ bei mir geweckt hat, insgesamt nur im Ansatz gerecht werden. Die Geschichte ist mir trotz der sorgsamen Ausarbeitung viel zu vorhersehbar und auch die Charaktere haben mir dieses Mal nicht wirklich zugesagt.

Als Psychothriller ok, für Strobel-Verhältnisse eher schwach

Dazu kommt, dass die ein oder andere Entwicklung sehr seltsam wirkt und offensichtliche Spuren nicht beachtet werden; so wird zum Beispiel im Umfeld des zweiten Todesopfers so gut wie gar nicht ermittelt – das spricht nicht gerade für professionelle Polizeiarbeit. Unter dem Strich ist „Der Sarg“ somit zwar ein passabler Psychothriller, aber bei weitem nicht der Pageturner, den ich nach Strobels letzten Buch erwartet habe. Das kann der Autor eigentlich (deutlich) besser.

Meine Wertung: 6/10

Informationen:
„Der Sarg“ von Arno Strobel ist im Fischer Taschenbuch Verlag erschienen und hat einen Umfang von 384 Seiten. Das Buch ist für 9,99 € als Taschenbuch und eBook erhältlich. Weitere Infos gibt es auf der Verlags-Homepage.

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5 Antworten zu diesem Beitrag

  • Hört sich zu sehr nach ‚Schema F‘ für mich an. Und mit inkompetenten Ermittlern und nervigen Hauptfiguren kann ich nicht gut.

    Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber meine Thriller-Lust ermüdet zur Zeit, weil es so wenig Originelles gibt – oder zumindest werden originelle Thriller nicht so beworben und dadurch bekannt.

    Allerdings ist es ja auch nicht einfach, das Rad immer wieder neu zu erfinden. Dass du diesem Genre so die Treue halten kannst, ohne Abnutzungserscheinungen oder Leseflauten, das ist schon erstaunlich.

    Jedenfalls werde ich Strobel erstmal außen vor lassen. ‚Der Sarg‘ kommt ja grundsätzlich nicht so übermäßig gut weg bei den Buchbloggern.

    • Ach, auf dem Thriller-Markt gibt es noch so viele aktuelle und alte Sachen, die ich noch lesen will, dass mir da so schnell nicht die Lust vergeht 😉

      Außerdem habe ich immer den ein oder anderen Titel zwischendrin, der aus einem anderen Genre kommt und ein bisschen Abwechslung bietet, siehe z.B. „Der Sternwanderer“ von Neil Gaiman oder „Schicksal“ von S.G. Browne. Oder auch mal durch einen alten Klassiker wie „Die Frau in Weiß“ oder die alten Sherlock-Holmes-Geschichten.

      Jetzt freu ich mich erstmal auf das neue Buch von Jussi Adler-Olsen, das hoffentlich morgen bei mir eintrifft…

      Falls dich die „Lebendig begraben“-Thematik aber grundsätzlich interessiert, kann ich dir nur wärmstens „Dead simple“ von Peter James empfehlen. Das Buch fand ich unfassbar spannend, sehr überraschend und hat eine tolle Hauptfigur 😉

      Dir noch einen schönen Sonntag!
      Sebastian

  • Hallo Sebastian,

    deine Rezension hat mich echt begeistert, weil sie sich doch zum großen Teil mit meiner Meinung deckt. Ich hab bisher viel gutes vom Buch gehört (selbst auch all seine anderen Bücher gelesen) und war demnach auch richtig gespannt auf dieses. Für mich hat er hier aber eindeutig nicht das abgeliefert, was er eigentlich kann.Kann die ganzen positiven Rezensionen deshalb auch nicht wirklich nachvollziehen. Sehr gut geschrieben, sehr toller Blog. Hier gelandet bin ich aber nur durch Twitter, hab deine Ibes-Tweets nämlich so gern verfolgt. 🙂

    Ganz liebe Grüße
    Petzi

    • Hallo Petzi,

      vielen Dank für den Kommentar, freut mich wirklich sehr dass dir mein Blog gefällt 🙂

      Ich kann die vielen überschwänglichen Wertungen auf den gängigen Portalen auch nicht ganz nachvollziehen und habe mir gerade nach dem spannenden Vorgänger deutlich mehr erwartet.

      Interessanterweise ist man sich auf den Blogs, die ich regelmäßig lese, ziemlich einig über „Der Sarg“ – hier fällt das Urteil nämlich um einiges ernüchternder aus.

      Zum Thema IBES: Eigentlich bin ich ja davon ausgegangen, dass meine TL (bis auf unsere kleine Lästerrunde ;-)) davon ganz schön genervt war. Schön, dass es doch noch jemandem ein bisschen Spaß gemacht hat.

      Lieben Gruß,
      Sebastian

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