Tags: Anwältin, audible.de, Detectives, Erich Räuker, James Hayman, Maggie Savage, Michael McCabe, Mord, Portland, Schizophrenie, Zeugin
Genre: Krimi, Thriller
Autor: James Hayman
Sprecher: Erich Räuker
Länge: 12 Std. 25 Min. (ungekürzt)
Inhaltsbeschreibung von audible.de:
Ein bronzefarbener BMW auf einem Anlegesteg. Im Kofferraum die nackte, gefrorene Leiche der schönen Anwältin Elaine Goff. Eine Augenzeugin – von Stimmen verfolgt, die sonst keiner hören kann und auf der Flucht vor dem Mörder. Ein Ermittlerteam, das sich auf die Suche nach Mörder und Zeugin macht und dabei auf zu viele potenzielle Täter trifft…
Meine Hörbuchbesprechung:
Elaine Goff ist Anwältin in einer recht erfolgreichen Kanzlei und macht sich seit geraumer Zeit gesteigerte Hoffnungen auf eine Beförderung zum Partner. Das liegt aber weniger an ihren Fähigkeiten, die sich zwar durchaus sehen lassen können, sondern vor allem daran, dass sie seit einer ganzen Weile ein Verhältnis mit ihrem Chef hat. Zwar weiß sie, dass dieser sie nur als lockere Affäre betrachtet und seine wohlhabende Frau nie für sie verlassen würde, doch solange Elaine dadurch berufliche Vorteile hat, sieht sie die Angelegenheit als Win-Win-Situation für beide. Umso entsetzter ist sie dann aber, als ihr Vorgesetzter/Geliebter von einer wichtigen Besprechung nicht mit der erwarteten Beförderung zurückkommt, sondern sie damit auf ungewisse Zeit vertröstet. Und es kommt sogar noch dicker, denn keine 24 Stunden später liegt die Anwältin tot im Kofferraum eines verlassenen Wagens…
Der Tod einer aufstrebenden Anwältin gibt dem Ermittlerduo McCabe /Savage Rätsel auf
Mit dem Mordfall beauftragt werden die Portlander Detectives Michael McCabe und seine Partnerin Maggie Savage, die bezüglich des Todes von Elaine Goff zunächst vor einem Rätsel stehen. Denn die Frauenleiche, die in einem neuen BWM abgelegt wurde, lässt sich zunächst weder identifizieren noch gibt es eindeutige Hinweise auf die Todesursache. Doch selbst als sie herausfinden, dass es sich bei dem Opfer um die aufstrebende Anwältin handelt, bringt das die Ermittlungen kaum vorwärts. Erst als die Polizei den Hinweis erhält, dass möglicherweise eine Augenzeugin den Mord an Elaine beobachtet hat, kommt in den verzwickten Fall langsam neuer Schwung…
Schleppende Anfangsphase mit zu viel Ermittler-Privatleben
„Angstschrei“ von James Hayman ist bereits der zweite Roman aus der Reihe um die Ermittler McCabe und Savage, nachdem diese schon in „The Cutting“ den Tod eines jungen Mädchens aufklären mussten. Doch leider kommt die Geschichte im Gegensatz zum Vorgänger diesmal nur sehr schwer in die Gänge, denn Hayman widmet sich zunächst einmal ausführlich dem Privatleben seiner männlichen Hauptfigur. Dieser lebt zusammen mit seiner Tochter und seiner Lebensgefährtin Kyra und hat letzterer erst vor kurzem einen Heiratsantrag gemacht – den seine Auserwählte aber erst einmal nicht annehmen wollte. Diese kann sich mit dem Gedanken, mit einem Polizisten vom Morddezernat verheiratet zu sein, nämlich noch nicht wirklich anfreunden, zumal McCabe von seinen Fällen immer völlig vereinnahmt wird und er sich dann außerhalb der Arbeit kaum auf andere Dinge konzentrieren kann. Also zieht Kyra erst einmal für die Dauer des neuen Falls aus der gemeinsamen Wohnung aus, damit McCabe sich voll auf die Suche nach Elaine Goffs Mörder konzentrieren kann.
Erst eine schizophrene Augenzeugin macht den Fall interessant
So dauert es knapp anderthalb Stunden, bis aus der Geschichte um die Anwältin und den Polizisten auch ein Kriminalroman wird und die erste Leiche auftaucht. Doch leider heißt das noch nicht, dass die Story langsam in die Gänge kommen würde, denn zunächst tappt das Ermittlerduo im Dunkeln. Nur mühsam ergeben sich erste Hinweise auf die Mordursache, so erfährt die Polizei zum Beispiel vom Verhältnis Elaines mit ihrem Vorgesetzten oder von ihrem Engagement für das „Sanctuary House“, einer Einrichtung für verhaltensauffällige Jugendliche. Wollte ihr Chef sich seine Geliebte vielleicht vom Hals schaffen, damit seine Ehefrau nichts von der Affäre erfährt? Oder stammt der Täter aus dem Umfeld des „Sanctuary House“, welches von der Lebensversicherung der Toten profitiert und nun fast ihr gesamtes Vermögen erbt? Motive und Verdächtige gibt es also zur Genüge, doch richtig interessant wird die Geschichte erst, als plötzlich eine Augenzeugin auftaucht, die den Mord an Elaine möglicherweise beobachtet hat. Diese junge Frau ist jedoch nicht nur schwer zu finden, sie leidet außerdem an Schizophrenie und ist daher psychisch äußerst labil. Außerdem ist ihr Leben womöglich in großer Gefahr, falls der Mörder von der Zeugin erfahren sollte…
Einseitige Rollenverteilung mit Fokus auf der männlichen Hauptfigur
So entwickelt sich dann ein doch noch recht interessanter Kriminalfall, der aber weiterhin zu viel Zeit auf das Privatleben der Ermittler verschwendet, oder besser gesagt: auf das Privatleben des Michael McCabe. Denn von seiner Partnerin Maggie Savage ist über weite Strecken der Geschichte nichts zu sehen, was aber auch schon im Vorgängerband der Fall war. Das ist vor allem deshalb merkwürdig, weil die Serie mit dem Duo McCabe und Savage beworben wird, doch eigentlich ist es wie „The Cutting“ eher ein McCabe-Thriller. Dieser ist als Hauptfigur aber mehr als geeignet und wie im ersten Teil ein Sympathieträger, was vor allem durch seine Szenen als Familienvater hervorgerufen wird. Zudem verfügt er über eine für die Polizeiarbeit überaus nützliche Fähigkeit, denn der Detective besitzt ein fotografisches Gedächtnis, dank welchem er sich hervorragend an Details von Zeugenaussagen oder Schauplätzen erinnern kann. Dies ist auch für den Hörer von Vorteil, denn immer wieder erinnert sich McCabe rückblendenartig an Schlüsselaussagen, die dem Publikum dann wichtige Momente nochmal vor Augen führen. Was der Autor sich aber bei der bizarren Nebenhandlung um dessen Ex-Frau gedacht hat, die von McCabe zunächst unglaubwürdigerweise mit dem Mordopfer verwechselt wird, bleibt wohl nur ihm selbst vorbehalten.
Der Sprecher:
Wie schon der Vorgänger wird auch „Angstschrei“ wieder von Erich Räuker gelesen, den Hörbuchfans wohl vor allem von den SPQR-Titeln kennen dürften. Räuker verfügt über eine sehr angenehme Erzählerstimme, die auch gut mit dem Charakter des männlichen Protagonisten harmoniert. Unaufgeregt und routiniert meistert er dessen Rolle als Sympathieträger und überzeugt auch in emotionalen Szenen. Manchmal hätte ich mir zwar gewünscht, dass der Sprecher den einzelnen Figuren etwas mehr Individualität verpasst, doch alles in allem eine mehr als gelungene Leistung, die eindeutig zu den Stärken des Hörbuches zählt.
Schlussfazit:
„Angstschrei“ ist ein solider Krimi, der jedoch die Bezeichnung „Thriller“ nicht immer verdient und leider ein ganzes Stück hinter dem spannenden Vorgänger zurückbleibt. Die Anfangsphase ist viel zu lang geraten und fokussiert sich viel zu sehr auf das Privatleben der Hauptfigur, wodurch die Geschichte zu Beginn nur sehr schleppend in die Gänge kommt. Erst mit Auftauchen der geheimnisvollen Zeugin nimmt die Story Fahrt auf, denn gerade deren psychischer Zustand trägt viel zum Reiz der Handlung bei.
Zu wenig Thriller, zu viel Ermittlerprivatleben
So ist die zweite Hälfte des Hörbuches dann auch durchaus gelungen, wobei der Täter für Krimifans vermutlich schon ein wenig zu früh feststehen dürfte und die anschließenden Wendungen nur von der eigentlichen Auflösung ablenken. Für den nächsten Teil der Reihe wäre es zudem wünschenswert, wenn auch die Ermittlerin Maggie Savage mal eine etwas größere Rolle einnehmen dürfte, denn für sie reicht es bisher nicht mal zur Stichwortgeberin. Warum James Hayman sich derart auf seinen männlichen Protagonisten konzentriert, ist mir absolut schleierhaft, auch wenn dieser mir zugegebenermaßen sehr sympathisch ist und ich gerne seiner Spurensuche folge. Ingesamt ergibt sich somit ein Krimi-Hörbuch, das man zwar durchaus hören kann, bei dem man aber auch nichts verpasst, wenn man den etwas schleppenden Thriller links liegen lässt.
Meine Wertung: 6/10
Informationen:
Das Hörbuch „Angstschrei“ von James Hayman hat eine Spieldauer von 12 Stunden und 25 Minuten und ist ungekürzt für 24,95 Euro bei audible.de erhältlich. Kunden mit Flexi-Abo bezahlen wie immer nur 9,95 Euro.