Misterioso_Rezi

Als ein verzweifelter Familienvater mit einer Schrotflinte die Ausländerbehörde in Stockholm betritt und dort drei Geiseln nimmt, zögert der erfahrene Polizeibeamte Paul Hjelm keine Sekunde: Ohne das Eintreffen des Einsatzkommandos abzuwarten betritt er das Gebäude und macht den Mann schließlich durch einen Schuss in die Schulter unschädlich. Von den Medien wird Hjelm für dieses beherzte Eingreifen gefeiert, seinen Vorgesetzten ist Paul jedoch nach diesem riskanten Alleingang ein Dorn im Auge und muss sich sogar Rassismusvorwürfen ausgesetzt sehen. Kurz vor seiner drohenden Entlassung aus dem Polizeidienst erhält er dann aber eine überraschende Beförderung: Er soll einer neu gegründeten Spezialeinheit beitreten, die aus den besten Kommissaren des Landes zusammengestellt wurde und auf besonders brisante Fälle angesetzt wird. So bekommen es Paul Hjelm und seine neuen Kollegen direkt mit den kaltblütigen Morden an zwei hochrangigen schwedischen Geschäftsleuten zu tun…

Vom Helden zum Sündenbock zum Elite-Polizisten

Vom gefeierten Helden zum Sündenbock geht es manchmal verdammt schnell, wie auch die Hauptfigur im Auftakt von Arne Dahls inzwischen 11-teiliger Krimireihe feststellen muss: Ist Paul Hjelm zu Beginn von „Misterioso“ noch der mutige Retter bei einer heiklen Geiselnahme, wird er von den stur auf die Einhaltung der Regeln pochenden Bürokraten der Stockholmer Polizei schnell zum Buhmann abgestempelt – nur um wenig später auf dieser Achterbahnfahrt der Gefühle zum Mitglied einer neuen Eliteeinheit, der „A-Gruppe“, ernannt zu werden. Von fast arbeitslos zu einem der besten Polizisten Schwedens innerhalb von wenigen Tagen – langweilig sind die ersten Kapitel des Buches bestimmt nicht, zumal sich auch der erste Fall der A-Gruppe als äußerst knifflig entpuppt und ihre zusammengewürfelten Mitglieder bei ihren Ermittlungen in den höheren Kreisen der Gesellschaft Fingerspitzengefühl und diplomatisches Geschick beweisen müssen.

Die A-Gruppe: Viel Kompetenz, aber auch viel Stückwerk

Da Paul Hjelm zu Beginn der Geschichte in ein komplett neues Umfeld geworfen wird, brauchen natürlich nicht nur er selbst, sondern auch die Leser eine gewisse Eingewöhnungsphase. Die neuen Kollegen müssen sich erst einmal beschnuppern, Stärken und Schwächen der anderen herausfinden und ihre Aufgaben sinnvoll und effektiv untereinander aufteilen. Bei dem gar nicht mal so kleinen Ausmaß der Sondereinheit ist es wenig überraschend nicht immer einfach, hier den Überblick zu behalten, zumal die einzelnen Ermittler jeweils auch unterschiedliche Spuren verfolgen. Paul Hjelm steht dabei zwar klar im Fokus von Dahls Geschichte, trotzdem gilt manchmal ein wenig das Sprichwort „Viele Köche verderben den Brei“. Es braucht einfach eine ganze Weile, bis man die in diesem Auftaktband noch nicht allzu klar voneinander abgegrenzten Charaktere unterscheiden kann und die sehr zerstückelte Fallarbeit ist auch nicht immer leicht zu konsumieren – „Misterioso“ ist dadurch gerade im Mittelteil hin und wieder ein wenig zäh.

Solider, aber etwas zu kompliziert konstruierter Reihenauftakt

Man muss sich also ein wenig reinbeißen in die Geschichte, doch mit fortschreitender Handlung findet man nicht nur besser in die A-Gruppe, sondern auch in die Details der Ermittlungen hinein. Sobald sich vielversprechende Fährten abzeichnen ist auch der rote Faden des Plots leichter erkennbar und „Misterioso“ legt an Spannung zu, auch wenn man von Arne Dahls Roman in dieser Hinsicht noch kein zu großes Spektakel erwarten sollte. Das Buch ist sprachlich gut geschrieben, die Story manchmal etwas konstruiert aber gut durchdacht und die Charaktere durchaus sympathisch, wenngleich auch hier das ein oder andere Genre-Klischee in Bezug auf das Privatleben der Ermittler bedient wird. Von der Klasse eines Henning Mankell oder Jo Nesbø ist Dahl mit diesem Auftaktband meiner Meinung nach noch ein gutes Stück entfernt, das Potenzial dieser Reihe ist aber auf jeden Fall erkennbar – man braucht aufgrund der Komplexität der Ermittlungsstrukturen wohl einfach noch ein bisschen mehr Eingewöhnungszeit, um dann auch wirklich mit den einzelnen Figuren mitfiebern zu können. Als solide Krimikost für zwischendurch ist „Misterioso“ aber allemal empfehlenswert.

Misterioso
  • Autor:
  • Original Titel: Misterioso
  • Reihe: A-Gruppe #1
  • Umfang: 352 Seiten
  • Verlag: Piper
  • Erscheinungsdatum: 30. November 2003
  • Preis Taschenbuch 9,99 €/eBook 8,99
Cover:
Charaktere:
Story:
Atmosphäre:
Gesamt:
7/10
Fazit:
Arne Dahl liefert mit "Misterioso" einen soliden Schweden-Krimi ab, der aber noch ein wenig unter der Vielzahl der Charaktere und der damit verbundenen Streuung der Ermittlungen leidet – so nimmt dieser Reihenauftakt erst etwas spät an Fahrt auf.

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