Mit seinem zweiten Roman “Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert” feierte der Schweizer Joël Dicker 2012 nicht nur seinen Durchbruch als Schriftsteller, sondern auch einen internationalen Bestseller, der in über 40 Sprachen übersetzt wurde und sich millionenfach verkaufte. Ein gutes Jahrzehnt später erscheint nun mit “Die Affäre Alaska Sanders” der Roman, der vom Piper Verlag als die langersehnte Fortsetzung dieses Erfolges vermarktet wird.

Die Fortsetzung eines Weltbestsellers

Das mag Dicker-Fans im ersten Moment vielleicht etwas verwundern, denn auch wenn in dessem neuen Werk erneut der Schriftsteller Marcus Goldman die Hauptrolle einnimmt, so lag zwischen den beiden Büchern ja streng genommen noch der zweite Goldman-Auftritt in “Die Geschichte der Baltimores”. Dennoch ist die Werbung hier nicht unbedingt irreführend, denn nicht nur von der Dramaturgie dürfte “Die Affäre Alaska Sanders” näher am “Harry Quebert”-Fall liegen als das Baltimore-Drama um die eigene Familie des Autors, auch inhaltlich setzt dieses Buch nicht allzu weit entfernt von Marcus Goldmans ersten kriminalistischen Ermittlungen an – und Harry Quebert ist tatsächlich auch wieder mit von der Partie.

Schriftsteller Marcus Goldman ermittelt wieder

Denn nachdem der junge Autor die Ereignisse um die Verwicklungen seines Freundes und Mentors in den Mord an der minderjährigen Nola Kellergan erfolgreich verschriftlicht und damit aus seiner Schreibblockade herausgefunden hat, steckt Marcus Goldman schon fast in der nächsten Sinnkrise. Als Schriftsteller genießt er nun zwar noch größere Popularität als nach seinem Aufsehen erregenden Debüt, allerdings ist der Kontakt zu Harry Quebert zu Goldmans großem Bedauern komplett abgebrochen.

Wer ist der wahre Mörder von Alaska Sanders?

Doch zum Glück kann sich Marcus auf Perry Gahalowood verlassen, den Sergeant, der während der Ermittlungen im Kellergan-Fall zu seinem Freund geworden ist und der es mit seiner warmherzigen Familie schafft, dem weiter auf der Suche nach sich selbst befindlichen Schreiberling Halt zu geben. Und wie es der Zufall so will, hat Gahalowood etwas unfreiwillig auch einen neuen Kriminalfall für Goldman parat, denn eine anonyme Nachricht an den Polizisten wirft plötzlich unbequeme Fragen zu einem Mord aus dem Jahr 1999 auf. Damals wurde im idyllischen Mount Pleasant nämlich die junge Alaska Sanders vermeintlich von ihrem Freund getötet, doch die neuerliche Botschaft weckt Zweifel daran, ob Gahalowood und seine Kollegen damals wirklich den richtigen Täter überführt haben.

Unterhaltsam und komplex, aber nicht überfordernd

Wer schon Freude an “Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert” hatte, der wird sich auch mit dieser Fortsetzung gut unterhalten fühlen, denn die Zutaten der beiden Geschichten sind ebenso wie ihr Stil recht ähnlich. Joël Dicker weiß eindeutig, wie er sein Publikum bei Laune halten kann und wartet stets an den richtigen Stellen mit neuen und zumeist überraschenden Entwicklungen auf. Dabei ergibt sich zunehmend erneut ein äußerst komplexes Gesamtbild, welches jedoch trotz des wieder beachtlichen Umfangs von knapp 600 Seiten zum einen jederzeit schlüssig wirkt und zum anderen zu keinem Zeitpunkt überfordert, da der Autor wichtige Zusammenhänge bei Bedarf auch lieber einmal zu viel erwähnt als zu wenig. Ebenso ist löblich hervorzuheben, dass Dicker zwar immer wieder auf die beiden vorherigen Goldman-Romane anspielt, dabei aber praktisch keine wichtigen Details enthüllt und eher vage bleibt, sodass man die Bücher auch nicht zwingend in der richtigen Reihenfolge lesen muss.

Manchmal etwas zu geschwätzig

Allerdings wirkt der Schweizer auch bei diesem Buch häufig etwas geschwätzig und schmückt seine Geschichte meist so sehr aus, dass man sich manchmal ein wenig mehr Straffung gewünscht hätte. Besonders seine Liebe zu Rückblenden ist mitunter anstrengend, da kaum ein vergangenes Ereignis geschildert wird, ohne dass Dicker seine Leser:innen Wort für Wort an den jeweiligen Szenen teilhaben lässt. So ist man zwar immer mittendrin im Geschehen, die Handlung wird dabei aber auch merklich in die Länge gezogen.

Spannender und clever erzählter Kriminalroman für die breite Masse

Nichtsdestotrotz ist “Die Affäre Alaska Sanders” wieder ein unterhaltsamer Roman, der eine clever konstruierte Story gekonnt und leicht bekömmlich für ein breites Publikum verpackt. Denn auch wenn es hier im Kern erneut um einen komplizierten Kriminalfall geht strahlt die Geschichte trotz der vorhandenen Spannung zugleich eine gewisse Gemütlichkeit aus, was neben der idyllischen Kleinstadt-Atmosphäre auch an den weitestgehend sympathischen Charakteren liegt. Das macht Dickers Werk zu einer überaus gefälligen und einnehmenden Lektüre, die zwar selten den ganz großen Nervenkitzel bietet, aber immer etwas Interessantes parat hat – also z.B. perfekt, um sich im nächsten Urlaub die Zeit zwischen anderen Freizeitaktivitäten zu vertreiben.

Die Affäre Alaska Sanders – Joël Dicker
  • Autor:
  • Deutscher Titel: Die Affäre Alaska Sanders
  • Original Titel: L´affaire Alaska Sanders
  • Reihe: Marcus Goldman #3
  • Umfang: 592
  • Verlag: Piper
  • Erscheinungsdatum: 1. Juni 2023
  • Preis Gebunden 26,00 €/eBook 18,99 €
Cover:
Charaktere:
Story:
Atmosphäre:
Gesamt:
8/10
Fazit:
Clever konstruierter und gefällig erzählter Kriminalroman mit überzeugender Auflösung, der allerdings manchmal etwas geschwätzig ausfällt.

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