Der berühmteste Detektiv der Welt wird 40 – für die meisten wohl ein Grund zu feiern, doch der sonst trotz seines ausgeprägten Selbstbewusstseins eher medienscheue Sherlock Holmes hätte sich wohl nur schwer vorstellen können, dass er sein Jubiläum auf einer rauschenden Party mit dem politischen und gesellschaftlichen „Who’s who“ Londons feiert. Doch ungewöhnliche Fälle erfordern ungewöhnliche Maßnahmen und weil Holmes nach jahrelanger Auseinandersetzung mit seinem Erzfeind Moriarty dessen kriminellen Machenschaften endlich ein Ende setzen will, wagt sich der Detektiv entgegen seiner Natur in die schillernde Öffentlichkeit. Alles in der Absicht, dadurch Moriarty zum ultimativen Showdown herauszufordern – ein Duell, das Sherlock Holmes womöglich das größtmögliche Opfer fordern könnte…

Das Finale der ersten Staffel der Sherlock-Holmes-Neuinterpretation

„Der letzte Tanz“ ist die fünfte Episode der Hörspielreihe „Sherlock & Watson: Neues aus der Baker Street“ und zugleich der Abschluss der ersten Staffel der Produktion aus dem Hause Der Audio Verlag. Für alle, die diese Serie bisher noch nicht kennen: ähnlich wie in der beliebten BBC-Serie „Sherlock“ mit Benedict Cumberbatch und Martin Freeman ermitteln Sherlock Holmes und sein Partner Dr. John Watson im 21. Jahrhundert im London der Gegenwart, die jeweiligen Fälle basieren zum Teil (aber nicht immer) lose auf den Originalwerken von Sir Arthur Conan Doyle. „Der letzte Tanz“ ist dabei praktisch gleichzusetzen mit der legendären Kurzgeschichte „Das letzte Problem“ und widmet sich der großen Rivalität zwischen Holmes und seinem Widersacher, dem nicht weniger genialen aber umso kriminelleren Professor Moriarty. Was im Original der Reichenbachfall war, ist hier also die Party zum 40. Geburtstag des Meisterdetektivs: der Schauplatz des letzten Duells der beiden Masterminds.

Das Duell am Reichenbachfall in moderner neuer Verpackung

Die Rolle des Erzählers nimmt wie gewohnt Dr. Watson in Form von ihm verfasster Blogeinträge ein – und zwar zwei Jahre nach den Geschehnissen auf der folgenschweren Feier. Und gleich zu Beginn der Folge wird nach einer intensiven Szene zwischen Holmes und Moriarty auf der Herrentoilette der Party-Location eines offenbar: Sherlock Holmes hat seinen 40. Geburtstag nicht überlebt. Für Watson ist das Ableben seines Freundes auch viele Monate später noch ein schwerer Schlag, von dem er sich nur sehr langsam erholt und somit auch nur mit zeitlichem Abstand überhaupt erst in der Lage ist, von den dramatischen Ereignissen zu erzählen. Damit ist gewissermaßen auch schon klar, dass es sich bei „Der letzte Tanz“ bisher um den dramatischsten und düstersten Fall der noch jungen Hörspielreihe handelt. (Achtung: Spoiler) Wer mit den Sherlock-Holmes-Geschichten jedoch halbwegs vertraut ist muss sich um den Detektiv allerdings keine allzu großen Sorgen machen, schließlich war das Drama am Reichenbachfall längst nicht das Ende des Mythos, zumal es ab Oktober 2020 auch eine zweite Staffel der Hörspiele geben wird bzw. gibt. Und wer mit den Stimmen des Hörspielcasts vertraut ist, dürfte unter den Kommentatoren von Watsons Blogposts auch zwei äußerst lebendige alte Bekannte heraushören können… (Spoiler Ende).

Origineller Mix aus schwermütiger Trauer und bissigem Humor

Es herrscht auch nicht nur Trübsal in dieser Folge, denn überraschenderweise setzt „Der letzte Tanz“ auch gleich mehrere amüsante Highlights dieser Staffel. Seien es bissige Dialoge voller Seitenhiebe zwischen den Geschwistern Sherlock und Mycroft Holmes oder John und Harriet „Harry“ Watson, ein locker plaudernder Holmes im Radio oder ein launiger Auftritt des Detektivs im Fernsehstudio beim gemeinsamen Deduzieren mit dem Publikum – die Autoren haben sich hier augenscheinlich einiges einfallen lassen und die Geschichte mit vielen guten Ideen aufgepeppt. Das sorgt nicht nur für Lacher sondern auch für eine willkommene Abwechslung zu den ernsten und schwermütigen Momenten. Auch der Wechsel zwischen Rückblenden und gegenwärtiger Erzählung tut der Handlung gut und bringt Kurzweil mit sich.

Dramatischer und (denk)würdiger Abschluss der ersten Hörspiel-Staffel

Passend zum großen (Staffel-)Finale zeigen sich auch die Sprecher in Topform, was diesmal ausdrücklich auch für Sherlock-Darsteller Johann von Bülow gilt. Dessen Fertigkeiten wurden in den bisherigen Folgen nicht allzu sehr gefordert, diesmal darf der Schauspieler aber endlich mehr aus seinem Repertoire auspacken und zeigen, dass er trotz nicht übermäßig markanter Stimme eine gute Wahl für eine der beiden Hauptrollen war und ist. Auch Florian Lukas als trauernder Watson, Stefan Kaminski als zwielichtiger Moriarty und Kai Magnus Sting als neckender Bruder überzeugen restlos und Britta Steffenhagen (Mary Watson) und Kornelia Boje (Mrs. Hudson) sorgen auf weiblicher Seite für stimmungsvolles Kopfkino. An der Geräuschkulisse gibt es ebenfalls nichts auszusetzen und die Musik ist wieder fast schon einen eigenen Soundtrack wert. Lediglich die etwas belanglose Nebenhandlung um Watsons erste Solo-Ermittlung fällt parallel zum Duell Holmes/Moriarty spannungsmäßig etwas ab und ist mehr oder weniger nur Füllmaterial, nichtsdestotrotz ist „Der letzte Tanz“ mit Abstand die bisher beste Episode der Reihe und liefert einen mehr als würdigen Staffelabschluss.

Sherlock & Watson: Neues aus der Baker Street – Der letzte Tanz
  • Autor:
  • Sprecher: Johann von Bülow, Florian Lukas, Stefan Kaminski, Kai Magnus Sting u.v.m.
  • Reihe: Sherlock & Watson: Neues aus der Baker Street #5
  • Länge: 1 Std. 25 Min.
  • Verlag: Der Audio Verlag
  • Erscheinungsdatum: 18. März 2016
Charaktere:
Story:
Atmosphäre:
Sprecher:
Gesamt:
9/10
Fazit:

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