Wer schon mal einen Horrorfilm geguckt hat, bei dem die Hauptfiguren für einen entspannten Kurzurlaub ins idyllische Hinterland fahren und unterwegs an einer Tankstelle die Bekanntschaft mit einem etwas seltsamen Fremden machen, hört bereits an dieser Stelle vermutlich schon die Alarmglocken laut schrillen – zumal man es bei dem Roman „Das Spiel – Opfer“ von Jeff Menapace wie schon am blutigen Cover mit dem „Heyne Hardcore“-Label erkennbar mit vermeintlich etwas härterer Thrillerkost zu tun bekommt. Familie Lambert, die Protagonisten in diesem ersten Band der „Das Spiel“-Trilogie, sind aber entweder keine großen Grusel-Fans oder einfach nur eher naiver Natur, denn trotz mehrerer Warnzeichen lassen sich Patrick, Amy und ihre beiden Kinder nicht von ihrem Wochenendausflug zu ihrem Ferienhaus am Crescent Lake abbringen und laufen (zumindest für den erfahrenen Thriller-Leser) sehenden Auges in ihr Verderben.

Eine Familie, ein idyllisches Ferienhaus und zwei kranke Psychopathen

Die Zutaten dieses Romans sind dabei relativ simpel und altbekannt: Man nehme eine typische amerikanische Vorzeige-Familie, bei der Ehefrau und Kinder auch nach Jahren des Zusammenlebens immer noch über die schlechten Witze des Vaters lachen und die beiden Erwachsenen in keiner freien Minute die Finger von einander lassen können, ein malerisches Setting mit einem schicken Haus am See in einer kleinen Ferienhaus-Siedlung im Nirgendwo von Pennsylvania und natürlich die „Bad Guys“, zwei irre Psychopathen, die nur auf unschuldige Opfer wie die Lamberts warten, um ihre unersättliche Mordlust zu stillen. Kurz gesagt: man bekommt das, was man von einem Horror-Thriller im Stil von Richard Laymon, Jack Ketchum und Konsorten erwarten darf. Jeff Menapace macht dabei nicht einmal um die Identität seiner Killer ein Geheimnis, sondern lässt Täter und Opfer bereits auf der zweiten Seite des Buches aufeinandertreffen – und das auf wenig subtile Weise.

Ein bewährtes Erfolgsrezept ohne Experimente

„Das Spiel – Opfer“ ist folglich nicht gerade der originellste Thriller, funktioniert aber trotz des bekannten Schemas überraschend gut. Obwohl die Karten vom ersten Kapitel an mehr oder weniger offen auf dem Tisch liegen, schafft es der Autor, ein wirklich solides Level an Spannung aufzubauen, welches den Leser durch die Geschichte trägt, obwohl in der ersten Romanhälfte streng genommen gar nicht so viel passiert. Patrick und Amy geben als Protagonisten der guten Seite ebenfalls eine ordentliche Figur ab, wenngleich es selbst im Horror-Genre weitaus glaubwürdigere Charaktere als das sympathische, dauergeile und mit einem an Dummheit grenzenden Maß an Naivität ausgestattete Ehepaar Lambert gibt – aber die Geschichte wäre eben auch schnell vorbei, wenn die Familie nach der unheimlichen Raststätten-Begegnung bereits verängstigt den Heimweg angetreten hätte. Auch die beiden Killer wirken eher klischeehaft, wobei man bei einem solchen Roman aber auch wohl eher keine differenzierte Charakterstudie des Bösen erwartet. Dennoch hat man auch in Büchern dieser Machart schon intelligentere Schurken gesehen, sodass „Das Spiel“ der beiden insgesamt nicht allzu raffiniert ausfällt.

Typischer Hinterland-Horror – nicht mehr und nicht weniger

Das alles klingt vielleicht nicht allzu euphorisch, trotzdem ist Jeff Menapaces Roman durchaus ein netter, kurzweiliger und stellenweise auch wirklich spannender Zeitvertreib. Wäre „Das Spiel – Opfer“ ein Horrorfilm, würde man dafür zwar wohl nicht unbedingt ins Kino gehen, für einen unterhaltsamen DVD-Abend wäre er aber eine solide Wahl. Wer die Inhaltsbeschreibung des Buches liest, weiß genau, worauf er sich einlässt, und das ist auch genau das, was man bekommt: typischen Hinterland-Horror, den man sich zwischendurch gut zu Gemüte führen und dabei mit den dümmlich-sympathischen Charakteren leicht mitfiebern kann, der aber bei allem Entertainment auch kaum länger in Erinnerung bleiben wird. Insofern sei die Frage erlaubt, ob diese eher simpel gestrickte Idee noch reicht, um zwei weitere Bücher zu füllen – zumal bereits die letzten Kapitel des Trilogie-Auftakts ein wenig überflüssig wirken und die eigentlich bereits abgehandelte Geschichte gefühlt eher unnötig in die Länge ziehen. Allerdings ist die Handlung in sich zu größten Teilen abgeschlossen, sodass man sich hier keinesfalls gleich auf die gesamte Trilogie einlassen muss. Ein letztes Wort noch zum „Härtegrad“ dieses Romans: „Das Spiel – Opfer“ kommt zwar mit dem „Heyne Hardcore“-Etikett, fällt aber nicht unbedingt durch übertriebene Brutalität oder endlose Gewaltorgien auf – da lassen es z.B. Richard Laymon oder Jack Kilborn in ihren Büchern weitaus drastischer eskalieren.

Das Spiel – Opfer (Das Spiel #1)
  • Autor:
  • Original Titel: Bad Games
  • Reihe: Das Spiel #1
  • Umfang: 400 Seiten
  • Verlag: Heyne Hardcore
  • Erscheinungsdatum: 11. Juli 2016
  • Preis Taschenbuch 9,99 €/eBook 8,99 €
Cover:
Charaktere:
Story:
Atmosphäre:
Gesamt:
7/10
Fazit:
Jeff Menapace greift für seinen Auftaktroman zur "Das Spiel"-Trilogie weitestgehend auf klassische Horrorelemente und -klischees zurück, schafft es aber trotzdem, diese zu einer spannenden – wenn auch wenig raffinierten – Geschichte zu verbinden.

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4 Antworten zu diesem Beitrag

  • Von Maraia am 25. Jun 2018 um 11:18

    Ich glaube, das Buch ist nichts für mich, aber ich bin froh, dass es für dich unterhaltsam genug war!

  • Ich fühlte mich bei dem Buch einfach zu sehr an den Film „Funny Games“ erinnert und dieses Naivität und Klischee gingen mir irgendwann auf die Nerven – dabei hätte es so gut werden können 🙁
    (hab übrigens nicht weiter gelesen)

    • „Funny Games“ steht ja hinten sogar auf dem Buch drauf, da denke ich dass die Parallelen schon bewusst gewählt wurden – und genau das hat man ja dann auch bekommen. Die Figuren waren allerdings wirklich treudoof, das tat schon manchmal beim Lesen weh 😀

      Für die paar Stunden habe ich mich trotzdem gut unterhalten gefühlt, weiß aber wirklich nicht ob ich noch zwei weitere Bücher nach dem Schema brauche – für mich war am Ende schon ein bisschen die Luft raus.