Tags: audible.de, Dartmoor, David Hunter, England, Johannes Steck, Mord
Genre: Thriller
Das Dartmoor, eine sumpfige Hügellandschaft im Südwesten Englands in der Grafschaft Devon, ist aufgrund der vielen prähistorischen Schätze nicht nur eine wahre Fundgrube für Archäologen, sondern erfreut sich auch bei Krimifans großer Beliebtheit, seit Sir Arthur Conan Doyle dort seinen berühmten Meisterdetektiv Sherlock Holmes nach dem mysteriösen Hund der Baskervilles suchen ließ. Auch der Thrillerautor Simon Beckett scheint den düsteren Reizen des Moors erlegen zu sein und hat das Dartmoor zum Schauplatz seines vierten David-Hunter-Romans „Verwesung“ gemacht – sicherlich eine gute Wahl, wenn man bedenkt, wie gut sich ein solches Sumpfgebiet zum Verscharren von Leichen eignet…
Ein kurzer Ausflug in David Hunters heile Vergangenheit
Für Hunter-Fans der ersten Stunde beginnt die Geschichte mit einer kleinen Überraschung, denn sie zeigt den forensischen Anthropologen am Anfang seiner Karriere und als glücklichen Ehemann und Vater, der versucht, sich ein zweites Standbein als Berater der Polizei in Kriminalfällen aufzubauen. Einer dieser Einsätze führt David Hunter dabei ins besagte Dartmoor, wo Jerome Monk – ein hünenhaftes Scheusal und geständiger Mörder – offenbar drei seiner vier Mordopfer vergraben hat. Obwohl Monk seine Schuld bereits eingestanden hat, weigert er sich standhaft, den Aufenthaltsort der getöteten Frauen preiszugeben, doch nach dem Auffinden der Leiche von Tina Williams ist sich die Polizei sicher, dass auch die vermissten Bennett-Zwillinge in der Hügellandschaft ihr trauriges Grab gefunden haben. Die Suche bleibt zwar erfolglos, doch Monk wird dennoch wegen Mordes zu lebenslanger Haft in einem Hochsicherheitsgefängnis verurteilt.
Ein Forensiker ohne Aufgabe?
Nach diesem recht langen Prolog springt die Handlung dann in die Gegenwart, wo zehn Jahre nach dem Ereignissen im Dartmoor Jerome Monk plötzlich aus dem Gefängnis ausbricht und damit auch David Hunter von dieser Episode aus seiner Vergangenheit eingeholt wird. Aus dem Anthropologen ist mittlerweile eine deutlich ernstere Person geworden, der nicht nur immer noch nicht den Tod seiner Frau und seiner Tochter verarbeitet hat, sondern auch von den Spuren der vorherigen Fälle gezeichnet ist, die ihn beinahe das Leben gekostet hätten. Dabei scheint es fast ein wenig so, als hätte der Autor nach den vielen Rückschlägen der ersten drei Bände etwas das Vertrauen in die Fähigkeiten seines Protagonisten verloren, denn im Gegensatz zu den früheren Fällen wird die wissenschaftliche Expertise des Forensikers in „Verwesung“ kaum gefragt. Zeichneten sich „Die Chemie des Todes“, „Kalte Asche“ und „Leichenblässe“ noch vor allem durch interessante (und häufig auch schwer verdauliche) Einblicke in die Anatomie des menschlichen Körpers und insbesondere dessen Verfalls nach dem Tod aus, so fehlt dieses Element im vierten Band fast völlig – das ist ein wenig schade, denn so geht dem Buch eines der Markenzeichen der Reihe fast komplett verloren.
Die üblichen Klischees
Die Rolle David Hunters in „Verwesung“ ist dabei gar nicht so eindeutig zu definieren, denn es fehlt der Geschichte über weite Strecken überraschenderweise an einem echten Fall, der einer tatsächlichen Ermittlung bedürfen würde. Stattdessen darf sich der Anthropologe oft als fürsorglicher Seelsorger versuchen und den Beschützer für die ehemalige Profilerin Sophie Keller spielen, die wie er damals in der Monk-Ermittlung beteiligt war und nach der Flucht des Mörders aus dem Gefängnis offenbar ins Visier des brutalen Hünen geraten ist. Wie gewohnt kommt Simon Beckett dabei nicht umher, seinem Protagonisten eine halbgare Romanze regelrecht aufzuzwingen – kein David-Hunter-Thriller ohne Frauengeschichte. Ebenso obligatorisch scheint die Riege an arroganten Polizisten zu sein, die an dem Fall beteiligt sind und sich gegenseitig im Beliebtheits-Wettbewerb zu unterbieten versuchen – jede männliche Figur der Geschichte scheint sich in einem Wettstreit mit David Hunter zu befinden und sich von dessen Einmischung ans Bein gepinkelt zu fühlen, was auf Dauer ganz schön anstrengend und nervig sein kann.
Das Setting als erneutes Highlight
„Verwesung“ bietet aber nicht nur die gewohnten Schwächen der Reihe, sondern setzt auch auf die üblichen Stärken und überzeugt mit einem starken Setting, das mit der unwirtlichen Moorlandschaft und einem unterirdischen Höhlensystem wie geschaffen für einen Kriminalroman scheint. Gerade letzteres erzeugt ein sehr unangenehmes Gefühl der Beklemmung und wird vom Autor auch sehr geschickt in die Geschichte integriert. Nach dem typisch englischem Dorf-Setting aus „Die Chemie des Todes“, der einsamen schottischen Insel in „Kalte Asche“ und der amerikanischen „Body Farm“ in „Leichenblässe“ beweist Beckett also auch im vierten Anlauf ein glückliches Händchen für die Wahl seiner Schauplätze.
Nicht der beste David-Hunter-Thriller, aber dennoch spannend
Letzten Endes ist „Verwesung“ sicherlich nicht der stärkste Band der David-Hunter-Reihe und lässt vor allem die wissenschaftlichen Einflüsse der Vorgänger vermissen, trotzdem ist auch der vierte Band wieder ein kurzweiliger Pageturner – was angesichts der Tatsache, dass Simon Beckett hier fast vollständig auf typische Ermittlungsarbeit verzichtet und der behandelte Fall eigentlich gar keiner ist, durchaus eine kleine Überraschung ist. Irgendwie ist „Verwesung“ trotz aller Vorhersehbarkeit – woran auch der nicht wirklich überraschende Plottwist am Ende nichts ändert – dennoch spannend, was wohl zu einem nicht unbedeutenden Teil auch Hörbuch-Sprecher Johannes Steck zu verdanken ist, welcher der Geschichte mit seiner Lesung viel Leben einhaucht und sich gerade in den Szenen mit dem mörderischen Hünen Monk auch ein wenig austoben darf. Dieses Gesamtpaket macht „Verwesung“ insgesamt zu einem weiteren empfehlenswerten Simon-Beckett-Thriller, auch wenn man von dem Briten schon besseres gelesen hat.
Charaktere: | |
Story: | |
Atmosphäre: | |
Sprecher: |
7/10
Irgendwie mag ich Hunter (vielleicht wegen der Klischees oder wegen der Atmosphäre?) obwohl die Geschichten meist nicht so wirklich spannend sind. Ich seh die Bücher mehr als Krimi, dann passt es ganz gut 🙂 Allerdings habe ich es gelesen und nicht gehört, aber das dürfte ja nicht so viel ändern 🙂
LG
Tina
Die ersten beiden David-Hunter-Bücher fand ich richtig gut, die letzten drei eher so „ganz nett“. Atmosphärisch gefallen mir die Geschichten aufgrund der unterschiedlichen Settings auch immer sehr gut und ich mag auch die Lesungen von Johannes Steck sehr gerne, aber von der Story her richtig gepackt haben mich die letzten Hunter-Thriller eher nicht so.
Trotzdem werde ich auch beim nächsten Band wieder zuschlagen 😀
Wenn ich das Buch noch nicht gelesen hätte, hätte deine Rezension mich nicht unbedingt überzeugt, das zu ändern. xD
Ich erinnere mich wirklich GAR NICHT an diesem Fall (außer dass ich den Sprecher ganz gut fand). Die anderen Bände schon, aber nichts, was du hier geschrieben hast, kommt mir bekannt vor. Oops. 😛
Im Vergleich zum fünften Band fand ich den vierten sogar fast noch spannend, aber an die beiden ersten Bücher kommen die späteren meiner Meinung nach leider bei weitem nicht mehr heran.
Bin mal gespannt wie es mit der Reihe weiter geht, von Band 5 waren die meisten Leser ja wenig begeistert, vielleicht strengt sich Beckett beim nächsten wieder ein bisschen mehr an XD
Ach so, ich dachte dies wäre der Band, den wir so schlecht fanden. Ich habe völlig vergessen, dass wir noch ein Buch nach diesem gelesen haben. xD Aber der 5. Band hat eine höhere Bewertung bei Goodreads. oO