Tags: Amnesie, Kleinstadt, Trilogie, Twin Peaks, Wayward Pines
Genre: Mystery, Thriller
Als der Mann mitten auf einer Wiese erwacht, hat er keine Ahnung wo er sich befindet und wie er dorthin gekommen ist. Seine blutbefleckte Kleidung und starke Rippenschmerzen deuten jedoch darauf hin, dass er vermutlich in einen Unfall verwickelt wurde. Als er benommen und unsicher seine Umgebung erkundet, kommen langsam die Erinnerungen zurück: Er ist Ethan Burke, arbeitet für den Secret Service und wurde in das abgelegene Städtchen Wayward Pines in Idaho geschickt, um dort das spurlose Verschwinden von zwei Bundesagenten aufzuklären. Direkt bei seiner Ankunft hatten er und sein Partner jedoch einen schlimmen Autounfall, den offenbar nur Ethan überlebt hat. Pflichtbewusst nimmt Ethan trotz seines Zustands die Ermittlungen auf und sucht nach Hinweisen auf den Aufenthaltsort seiner vermissten Kollegen. Dabei wird ihm jedoch immer mehr bewusst, dass irgendwas in Wayward Pines nicht mit rechten Dingen zuzugehen scheint: Niemand will die beiden Agenten je gesehen haben, befragte Zeugen scheinen plötzlich nie existiert zu haben, er kann weder seine Angehörigen noch seinen Arbeitgeber erreichen und auch das örtliche Sheriffsbüro legt ihm aus unerfindlichen Gründen Steine in den Weg. Welches dunkle Geheimnis verbirgt Wayward Pines, Idaho?
„Twin Peaks“ reloaded
Im Jahr 1990 sorgte eine Fernsehserie dafür, dass ganz Amerika einmal in der Woche gebannt vor den Fernsehgeräten saß und das Leben während dieser einen Stunde förmlich stillzustehen schien: David Lynchs Mystery-Meisterwerk „Twin Peaks“, das die Zuschauer mit der Suche nach dem Mörder von Laura Palmer in einer amerikanischen Kleinstadt in Atem hielt. Zwar wurde die Serie damals nach nur zwei Staffeln abgesetzt, „Twin Peaks“ gilt jedoch nach wie vor als TV-Meilenstein, hat auch heute noch zahlreiche Fans und soll im nächsten Jahr sogar ein Revival feiern. Auch für den damals 12-jährigen Blake Crouch war die Ausstrahlung ein prägendes Erlebnis, das ihn selbst zwei Jahrzehnte später nicht losgelassen hat und dazu führte, dass er fast schon wie besessen darum bemüht war, den Geist dieser Serie einzufangen und weiterleben zu lassen. Das Resultat dieser langjährigen Bemühungen ist der Roman „Pines“, der kürzlich vom US-Sender Fox sogar adaptiert wurde und derzeit in Amerika als TV-Serie läuft – somit schließt sich dann nach 25 Jahren der Kreis zu Blake Crouchs großem Vorbild.
Was geht in der Kleinstadt Wayward Pines vor sich?
Schon auf den ersten Seiten wird man feststellen können, dass es dem Autor zumindest schon einmal gelungen ist, eine an „Twin Peaks“ erinnernde Atmosphäre aufzubauen, was bereits beim stark vergleichbaren Setting beginnt: Ähnlich wie auch David Lynchs mysteriöse Kleinstadt liegt auch der Ort Wayward Pines von dichten Wäldern umgeben und vom Rest der Außenwelt weitestgehend abgeschnitten im tiefsten Idaho. Und was der Mord an Laura Palmer damals für FBI-Ermittler Dale Cooper war, ist für Secret-Service-Agent Ethan Burke nun das Verschwinden von zwei Kollegen, die vom beschaulichen Städtchen förmlich verschluckt worden zu sein scheinen. Überhaupt scheint dieser Ort seine ganz eigenen Gesetze zu haben und die Zeit dort fast stillzustehen, denn die Bewohner der Stadt leben offenbar in ihrer eigenen kleinen Welt und ohne Kontakt zur Außenwelt, was auch Ethan am eigenen Leib erfahren muss, als er verzweifelt Frau, Kind und seinen Kontaktmann erreichen will.
Cleveres Verwirrspiel mit vielen kleinen Rätseln
Blake Crouch treibt hier auf recht clevere Weise ein Spiel mit der Ungewissheit, wobei ihm natürlich auch die vorübergehende Amnesie seines Protagonisten in die Karten spielt. Nach und nach erfährt man so nicht nur immer mehr über den Grund für Ethans Aufenthalt, sondern dringt gemeinsam mit ihm auch immer tiefer in die düsteren Geheimnisse Wayward Pines ein. Routinierte Mystery-Fans werden manche Überraschung zwar schon früh kommen sehen, trotzdem sorgen die vielen kleinen Rätsel dafür, dass man stets gebannt am Ball bleibt. Ein sehr geschickt eingesetztes Mittel sind hierbei auch die kurzen Einblicke in Ethans früheres Leben und die Reaktionen seiner Umwelt auf sein Verschwinden, die zusätzlich für Verwirrung sorgen.
Ein guter Mystery-Thriller mit jedoch sehr kurioser Auflösung
Je mehr man sich jedoch der Auflösung nähert, desto absurder wird es allerdings: Zwar wird man wohl auch als erfahrener Thriller-Leser den sehr spektakulären Plottwist nicht kommen sehen, die Geschichte ist zum Ende hin aber schon arg an den Haaren herbeigezogen, was aber nicht heißt, dass Crouchs Enthüllungen über Wayward Pines keinen Reiz haben und nicht spannend sind – diese krasse Richtungsänderung wird die Leser aber sicherlich in geteilte Lager spalten. Nichtsdestotrotz ist „Pines“ insgesamt aber ein guter Mystery-Thriller, der mit skurril-rätselhafter Atmosphäre punktet und mit der geheimnisvollen Story durchweg für Spannung sorgt. Kleiner Hinweis noch zum Schluss: Obwohl „Pines“ als Trilogie-Auftakt angelegt ist, ist die Geschichte in sich doch relativ abgeschlossen, man kann bei Nichtgefallen also auch gut nach dem ersten Band aussteigen, ohne völlig in der Luft hängengelassen zu werden.
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Charaktere: | |
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7/10