Böses Blut_Rezi

Ein Anruf aus den USA versetzt die Spezialeinheit des Reichskriminalamts in Stockholm in höchste Alarmbereitschaft: Auf dem Flughafen in Newark bei New York wurde ein schwedischer Bürger brutal ermordet. Das Verbrechen ist an sich noch kein Fall für die A-Gruppe, doch bei dem Toten handelt es sich zum einen um einen prominenten Literaturkritiker, zum anderen deuten die Spuren an der Leiche eindeutig darauf hin, dass Lars-Erik Hassel einem Serienmörder zum Opfer gefallen ist, der in den Vereinigten Staaten seit Jahrzehnten eine Spur der Gewalt hinter sich herzieht – und dieser gnadenloser Killer sitzt laut Informationen des FBI nun mit falscher Identität in einem Flugzeug mit Ziel Arlanda, Schweden. Dem Ermittlerteam um Paul Hjelm bleibt nicht viel Zeit, um den Flughafen abzusichern, den Mörder zu identifizieren und in Gewahrsam zu nehmen, denn wenn der Serienkiller unentdeckt durch die Kontrolle kommt, ist in Stockholm kein Bürger mehr sicher…

Von amerikanischen Serienkillern und schwedischen Möchtegern-Literaten

Wenn man die ersten Kapitel von Arne Dahls zweitem A-Gruppen-Krimi „Böses Blut“ so liest, wird einem schnell eines klar: Der Schwede wäre gerne ein begnadeter Literat und möchte seinen Lesern nicht nur eine spannende Geschichte, sondern zudem offenbar auch einen sprachlichen Hochgenuss bieten. Man muss aber kein ausgemachter Literaturkritiker sein um schon nach wenigen Seiten feststellen zu müssen, dass dieses Unterfangen bei diesem Buch nahezu kolossal in die Hose gegangen ist. Dahl wirft vom ersten Satz an mit derart misslungenen Metaphern und hölzernen Formulierungen um sich, dass man sich vor lauter Grauen kaum auf die Handlung konzentrieren kann. Kostprobe gefällig? „Der Minibus imitierte den Gleitflug einer Fledermaus durch die regnerische Nacht. Der Dunkeldurchblick war eingeschaltet, die Raumerfassung vollendet. Obwohl man bei Fledermäusen vielleicht nicht von Gleitflug sprechen kann.“ Derart sinnleere und geschwollene Satzkonstrukte bieten sich einem am laufenden Band – stellenweise bleibt einem aufgrund der missglückten Anstrengungen Dahls kaum noch anderes übrig als sich fremdzuschämen. Dazu kommen dann noch peinliche Slapstick-Einlagen wie z.B. auf Bananenschalen ausrutschende Ermittler – solche plumpen Mittel sollten eigentlich in völligem Kontrast zu den hohen literarischen Ambitionen Dahls stehen, finden sich erstaunlicherweise jedoch immer wieder. Ganz furchtbar. Vielleicht tue ich dem Autor aber auch Unrecht und Dahl ist Opfer einer schlimmen Übersetzung geworden, das kann ich mir bei dieser Masse an sprachlichen Fehltritten allerdings nur schwer vorstellen.

„Böses Blut“ steuert lange zielsicher auf ein Desaster zu…

Das ist vor allem deshalb schade, weil die Ausgangssituation der Geschichte eigentlich durchaus Potenzial mitbringt. Ein amerikanischer Serienkiller, der zu Beginn des Buches kurz davor steht, nach Schweden einzuwandern, sorgt ohne großes Vorgeplänkel für Aufregung und Spannung und beschert den Ermittlern der A-Gruppe eigentlich genau das, was sich nach den ereignislosen Monaten nach Abschluss ihres ersten Falls in „Misterioso“ alle gewünscht haben: Eine echte Herausforderung, welche die Existenz dieser Sondereinheit rechtfertigt. Allerdings verhält sich diese Elite der schwedischen Polizei bei dem Einsatz am Stockholmer Flughafen derart stümperhaft, dass man beim Lesen den Kopf am liebsten wiederholt auf die Tischplatte knallen lassen möchte. Ein Logikloch jagt hier das nächste und so sieht es schon nach einem Bruchteil des Buches aus, als könnte „Böses Blut“ nach dem eigentlich sehr soliden Vorgängerroman nur in einem fürchterlichen Desaster enden.

… rettet sich dann aber noch halbwegs mit zwar absurden aber immerhin spannenden Storykapriolen

Wer sich durch den Dschungel aus schlimmen Metaphern und inhaltlichen Ungereimtheiten durchkämpft, wird dafür aber zumindest teilweise belohnt. Irgendwann ab der Hälfte ist die Story nämlich so weit in Fahrt gekommen, dass Arne Dahl kaum noch Zeit für seine stilistischen Experimente bleibt, sprachlich wird „Böses Blut“ also zumindest schon einmal erträglicher. Inhaltlich kann der Krimi ebenfalls zulegen, weil dem Autor immerhin die Ideen nicht ausgehen und es immer wieder ein paar überraschende Wendungen gibt – man sollte jedoch bitte nicht den Fehler machen, die Handlung logisch allzu kritisch zu hinterfragen. Die Geschichte wird immer weiter aufgeblasen und mit jedem Plottwist absurder, ist aber immerhin spannend, zudem lässt Arne Dahl keine Gelegenheit aus, die extreme Brutalität seines Serienkillers hervorzuheben. Bei dieser Effekthascherei bleiben jedoch wie im Vorgänger die Charaktere fast völlig auf der Strecke. Die A-Gruppe ist einfach zu groß, um jedem Mitglied auf den 368 Seiten ausreichend Raum zur Entfaltung zu geben, sodass es nur zu ein paar Alibi-Hintergrundinformationen reicht. Somit ist „Böses Blut“ unter dem Strich leider ein äußerst mäßiger Kriminalroman, der weder inhaltlich noch sprachlich überzeugen kann – fraglich, ob ich nach diesem Buch noch ein weiteres Mal mit Paul Hjelm & Co. auf Verbrecherjagd gehen möchte…

Böses Blut
  • Autor:
  • Original Titel: Ont blod
  • Reihe: A-Gruppe #2
  • Umfang: 368 Seiten
  • Verlag: Piper
  • Erscheinungsdatum: 1. Dezember 2011
  • Preis Taschenbuch 9,99 €/eBook 8,99 €
Cover:
Charaktere:
Story:
Atmosphäre:
Gesamt:
5/10
Fazit:
Arne Dahls zweiter Auftritt der A-Gruppe ist in der erste Hälfte sowohl sprachlich als auch inhaltlich fast ein Totalausfall, „Böses Blut“ fängt sich jedoch ab der Mitte und bietet dann doch noch eine immerhin spannende, dabei aber oft wenig logische Serienkiller-Story.

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