Ihr neuer Fall verschlägt die junge Kommissarin Pia Korittki von der Hansestadt Lübeck hinaus aufs Land, wo eine 29-jährige Frau bei einem tragischen Reitunfall ums Leben gekommen ist: Bei ihrem morgendlichen Trainingsritt ist Lisanne Olsen mit ihrem Pferd gestürzt und hat sich dabei tödliche Verletzungen zugezogen – so hat es zumindest den Anschein, doch bei einer genaueren Untersuchung der Unfallstelle entdecken die Spurenermittler Hinweise darauf, dass jemand das Tier mit einem zwischen zwei Bäumen gespannten Draht bewusst zu Fall gebracht und das menschliche Sturzopfer anschließend mit einem Schlag gegen den Kopf getötet hat. Für das eher beschauliche Dorf Kirchhagen ist dieser Mord ein Schock, schließlich kennt in der Gemeinde jeder jeden und ein solches Verbrechen würde dort niemand einem der Einwohner zutrauen. Schnell verdichten sich für Pia aber die Hinweise darauf, dass Lisanne Olsen möglicherweise dem schon lange schwelenden Disput um den Bau einer neuen Umgehungsstraße zum Opfer gefallen sein könnte. Dieses Vorhaben hat die Bevölkerung nämlich in zwei Fraktionen gespalten, die beide erbittert ihre eigenen Interessen durchsetzen wollen. Doch geht der Streit um den Bau der Straße wirklich so weit, dass jemand dafür einen Mord begehen würde oder stecken andere Gründe hinter dem inszenierten Reitunfall?
Hinter der Dorf-Idylle tobt ein erbitterter Kleinkrieg
Mit Lokalkrimis ist das ja meistens so eine Sache: Häufig sind die Plots qualitativ auf dem Niveau einer 08/15-Vorabendserie im Fernsehen, die Charaktere schablonenhaft und das Setting voller ausgetretener Klischees. Wenn das Buch dann noch vorübergehend kostenlos in eBook-Form „verramscht“ wird, sinken meine Erwartungen oft noch einmal zusätzlich und so habe ich letztlich auch lange Zeit einen Bogen um „Grablichter“ von Eva Almstädt gemacht. Erschwerend kommt noch hinzu, dass der Roman bereits der vierte Band um die Ermittlerin Pia Korittki ist, doch zumindest in dieser Hinsicht kann ich alle potenziellen Mit-Neueinsteiger in die Reihe schon einmal beruhigen: Es sind keinerlei Vorkenntnisse zum Verständnis der Geschichte notwendig und auch wenn im späteren Verlauf mal hin und wieder die ein oder andere Veränderung mancher Nebencharaktere gegenüber der Vergangenheit angedeutet wird, so sind diese für die Handlung in keinster Weise relevant. Man kann also zumindest in dieser Hinsicht halbwegs unvoreingenommen an das Buch herangehen, auch wenn die Anfangsphase dann doch ein wenig an das übliche Schema erinnert. Ein auf den ersten Blick tragischer Reitunfall stellt sich als abgebrühter Mord heraus und schon nach wenigen Nachforschungen seitens der Polizei zeigt sich, dass hinter den Kulissen der vermeintlichen Dorfidylle ein verbissener Kleinkrieg um ein für den Ort sehr bedeutendes Bauprojekt geführt wird. Da liegt es natürlich nahe, dass das Mordopfer gerade durch ihre Nebentätigkeit als Journalistin und eine möglicherweise parteiische Berichterstattung eines der Lager gegen sich aufgebracht hat.
Überraschend spannender Regionalkrimi
Der Fall scheint somit früh klar, doch je weiter Eva Almstädt die Geschichte spinnt, desto mehr Abgründe tun sich in der schleswig-holsteinischen Provinz auf: Die Anzahl der Tatmotive und damit auch der Kreis der Verdächtigen vergrößern sich immer mehr und so lädt der auf den ersten Blick vielleicht vorhersehbar wirkende Krimi unerwartet doch noch zum munteren Miträtseln ein. Natürlich bekommt man hier keinen nervenzerfetzenden Thriller mit Mord und Totschlag geboten, für einen Regionalkrimi ist „Grablichter“ aber überraschend flott geschrieben und bewegt sich auch auf einem wirklich mehr als soliden Spannungsniveau. Tiefgehende Charakterisierungen sollte man von diesem Buch zwar nicht erwarten, die junge Ermittlerin Pia Korittki gibt aber eine sympathische und aufgeweckte Hauptfigur ab, die man gerne bei ihren Nachforschungen begleitet. Dass ihre männlichen Kollegen dabei zu austauschbaren Nebenfiguren verkommen und völlig blass bleiben, stellt letzten Endes kein großes Problem dar. Auch das ein oder andere Dorfklischee (z.B. die verschrobene alte Außenseiterin oder die Dorfkneipe als „Sammelstelle“ des männlichen Teils der Bevölkerung) verzeiht man der Autorin gerne. Wer auf der Suche nach einem kurzweiligen Krimi mit Lokalkolorit und ohne Blutvergießen ist, der bekommt mit „Grablichter“ wirklich gute und in der zweiten Hälfte auch spannende Unterhaltung geboten. Ich würde sogar nicht völlig ausschließen, noch den ein oder anderen Band der mittlerweile 10 Bücher umfassenden Pia-Korittki-Reihe nachzuholen.
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Charaktere: | |
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Atmosphäre: |
7/10