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Eine Geisterplage verbreitet in Großbritannien Angst und Schrecken. Drei junge Geisterjäger stellen sich der tödlichen Gefahr – und müssen bitteres Lehrgeld bezahlen…

Seit Jahrzehnten wird die britische Insel von einer wahren Epidemie an Geistern heimgesucht. Was anfangs mit einigen mysteriösen Todesfällen und übernatürlichen Erscheinungen begann, gehört für die Menschen inzwischen zum Alltag. Wer nach Einbruch der Dunkelheit noch das Haus verlässt und die empfohlene Ausgangssperre ignoriert, setzt leichtsinnig sein Leben aufs Spiel. Denn selbst trotz Sicherheitsvorkehrungen wie Geisterlampen, Eisenriegeln oder kleinen Wasserläufen in den Straßen ist die Gefahr einer todbringenden Heimsuchung auch Jahre nach dem Ausbruch der Plage immer noch nicht unter Kontrolle.

Drei junge Geisterjäger gegen eine todbringende Epidemie

Als Folge des Problems sind in Großbritannien zahlreiche Agenturen gegründet worden, die sich dem Kampf gegen die unerwünschten Besucher verschrieben haben. Zu den wertvollsten Mitarbeitern dieser Unternehmen zählen dabei unerschrockene Jugendliche, da diese für die Wahrnehmung der Geister besonders empfänglich sind und somit für die Aufspürung der Spukursachen eingesetzt werden. Eine solche Geisterjägerin ist auch die junge Lucy Carlyle, die in ihrem Heimatdorf zu den vielversprechendsten Agenten gehörte und nach einem tragischen Fehlschlag nun ihr Glück in London versucht. Von den namhaften Agenturen wird sie jedoch abgelehnt, sodass sie schließlich bei „Lockwood & Co.“, einer aufstrebenden kleinen Agentur unter der Leitung von Anthony Lockwood landet. Nicht gerade der Neuanfang, den Lucy sich erhofft hat, doch über Langeweile kann sich die Agentin dennoch nicht beschweren…

Auftaktband der neuen Jugendbuchreihe von Jonathan Stroud

Die Ausgangssituation von Jonathan Strouds neuem Roman „The Screaming Staircase“, der gleichzeitig den Auftakt einer neuen Jugendbuchreihe um die Agentur „Lockwood & Co.“ darstellt, gefiel mir bereits beim Lesen des Klappentextes sehr gut, sodass das Buch umgehend auf meine Wunschliste und wenig später auch im Bücherregal gelandet ist. Zum einen spielt die Geschichte in meiner Lieblingsstadt London, und dann muss sich die britische Hauptstadt auch noch mit einer Geisterepidemie herumschlagen, der die britische Regierung auch nach mehr als 50 Jahren immer noch nicht Herr geworden ist. Klang für mich nach spannender und unheimlicher Unterhaltung – und ist es mit kleinen Abstrichen dann auch geworden.

Paranormal begabte Kinder als Hoffnung gegen die Geisterplage

Hauptfigur ist wie erwähnt die jugendliche Lucy Carlyle, deren paranormalen Talente schon im Kindesalter erkannt wurden und die daher früh von einer der Agenturen für übersinnliche Ermittlungen angeworben und in der Geisterjagd ausgebildet wurde. Begabte Kinder wie Lucy sind in Großbritannien überaus begehrt, da das Gespür für die Geistererscheinungen mit zunehmendem Alter immer mehr nachlässt und Erwachsene dadurch für die Arbeit an vorderster Front nicht mehr in Frage kommen, sondern lediglich als Aufsichtspersonen und Agenturbesitzer tätig sind. Die Arbeit als Agent ist äußerst gefährlich und endet für die Kinder nicht selten tödlich, doch dies gehört für Lucy und ihre Kollegen inzwischen zum ganz normalen Berufsrisiko.

Gelungenes Setting, sympathische Hauptfiguren

Strouds Setting hat mir insgesamt sehr gut gefallen und die Geisterepidemie und der Umgang damit wird überzeugend geschildert und es fühlt sich von Anfang an fast selbstverständlich an, dass Kinder von Agenturen auf die Plage losgelassen werden und Tag für Tag ihr Leben aufs Spiel setzen. Auch die für die Jugendbuchreihe namensgebende Agentur „Lockwood & Co.“ wirkt auf Anhieb sympathisch, eben auch weil sie einen angenehmen Gegensatz zu den großen und etablierten Konkurrenzunternehmen bildet. Während diese über wahre Armeen von Agenten und das neueste Equipment verfügen, besteht „Lockwood & Co.“ gerade einmal aus drei Mitarbeitern: Dem Besitzer Anthony Lockwood (dessen ebenfalls jugendliches Alter bei mir zu Beginn für eine kleine Überraschung gesorgt hat), seinem Kompagnon George Cubbins, und eben Lucy, die erst kürzlich zu dem Unternehmen gestoßen ist. Der charismatische Lockwood hat seine eigene Philosophie, will sich von Erwachsenen nicht reinreden lassen und nimmt dafür auch in Kauf, dass er dauerhaft um die Existenz seiner Agentur kämpfen muss – lukrative Aufträge müssen bei der großen Konkurrenz hart erkämpft werden und viele Kunden stehen der jugendlichen Unternehmensführung auch mit großer Skepsis gegenüber.

Die charakterliche Tiefe fehlt ein wenig

Auch wenn das Protagonisten-Trio mit der selbstbewussten Lucy, dem smarten Lockwood und dem nerdigen George (der natürlich als pummelige Leseratte für die Recherche zuständig ist…) gelegentlich etwas klischeehaft erscheint, so wird man als Leser mit den dreien aber dennoch schnell warm und schlägt sich früh auf die Seite der sympathischen Geisterjäger. Trotz mancher sarkastischer Auseinandersetzung stimmt hier die Chemie unter den Figuren, allerdings hätte ich mir vor allem bei Lockwood und George etwas mehr charakterliche Tiefe gewünscht. Während man über Lucys Vergangenheit zu Beginn in einem kurzen Rückblick aufgeklärt wird, bleibt der persönliche Hintergrund ihrer Mitstreiter weitestgehend im Ungewissen.

Kurzweilig, aber auch vorhersehbar

Die Story von „The Screaming Staircase“ ist gut geschrieben, durchgehend kurzweilig und ermöglicht durch den rasanten und actionreichen Prolog einen leichten Einstieg in die Geschichte. Auch im folgenden treibt Jonathan Stroud seine Leser ohne merkliche Längen durch die Geschichte und findet eine gelungene Mischung zwischen unheimlichen Aufklärungs- und Säuberungsmissionen in dunklen Gemäuern und den Alltagsproblemen der drei Geisterjäger. Allerdings muss man leider feststellen, dass der Plot trotz so mancher Ablenkungsversuche des Autors ingesamt doch recht vorhersehbar ist und man als routinierter Leser wohl recht schnell hinter die Auflösung kommen wird. Das ist zwar ein wenig schade, lässt sich aber dank des spannenden Schlussviertels aber verschmerzen.

Trotz düsterer Atmosphäre eher für ein jüngeres Publikum gedacht

Atmosphärisch hat der „Lockwood & Co.“-Auftakt ebenfalls einiges zu bieten: Düstere Herrenhäuser, verlassene dunkle Gassen und diverse Geistererscheinungen an nahezu jeder Ecke. Es lässt sich jedoch kaum verbergen, dass sich „The Screaming Staircase“ vorrangig an ein jüngeres Publikum richtet, denn für wirklichen Grusel wird das Buch bei reiferen Lesern kaum sorgen – auch wenn es bei den Geisterjagden teilweise nicht gerade zimperlich zugeht. Wenn man sich nicht gerade total vor Spinnen ekelt, ist der Horroranteil in diesem Buch vergleichsweise harmlos – was beim Blick auf die Zielgruppe aber auch völlig in Ordnung ist. Mir hat die Lektüre dennoch Spaß gemacht und das Potenzial für eine gelungene Serie ist auf jeden Fall erkennbar, ich würde mir für die kommenden Bände nur etwas mehr Charakterzeichnung, eine kniffligere Story und eine noch düstere Stimmung wünschen.

Fazit:
Stimmungsvoller Auftaktband mit sympathischen Protagonisten, dessen kurzweilige Story aber leider etwas vorhersehbar ist (7/10).

Screaming Staircase
Autor: Jonathan Stroud; Deutscher Titel: Die Seufzende Wendeltreppe; Umfang: 440 Seiten; Verlag: Doubleday Children’s Books; Erscheinungsdatum: 29. August 2013; Preis: Gebundene Ausgabe 15,20 €/eBook 9,78 €.

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2 Antworten zu diesem Beitrag

  • Hm. Für welches Lesealter würdest du LOCKWOOD denn einordnen? Meinen Kindern (jetzt 12 und 15) hat die Bartimäus-Reihe von Jonathan Stroud so toll gefallen, aber ich frage mich, ob das hier noch was für sie ist. Irgendetwas lässt mich zögern.

    LG,
    papercuts1

    • Wenn du jetzt nicht das Alter deiner Kinder erwähnt hättest, hätte ich jetzt 12-16 als perfektes Lesealter für das Buch geschätzt.

      Für drunter ist es vielleicht zu gruselig, für drüber vermutlich schon nicht mehr gruselig genug.

      Könnte also bei euch genau passen 😉