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In der Zukunft ist die Weltpopulation dramatisch gesunken und die letzten Menschen leben in einem gigantischen unterirdischen Silo, geschützt vor der verseuchten Außenwelt – oder ist alles nur eine große Lüge?

Seit Generationen ist die Erdoberfläche bereits nicht mehr bewohnbar und die hochtoxische Luft hat einen Großteil der Menschheit dahingerafft. Die wenigen Überleben haben sich gesammelt und leben nun in einem riesigen Silo, welches hunderte von Metern in die Tiefe reicht. Auf 140 Stockwerken finden die Bewohner dort alles, was sie zum Leben brauchen: Im Erdgeschoss erzeugt ein großer Generator Strom, es gibt Lebensmittelplantagen, welche die Menschen mit Nahrungsmitteln versorgen und sogar eine eigene Krankenstation. Um die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten, gelten im Silo strenge Regeln, deren Einhaltung von der Silo-Aufsicht rigoros überwacht wird und auf deren Nichteinhaltung die Todesstrafe steht – denn nichts anderes bedeutet die „Reinigung“, bei der die Kameralinsen an der Außenwand des Silos gesäubert werden müssen. Diese sind mit einer großen Leinwand verbunden, die den Bewohnern den einzigen Kontakt zur Welt außerhalb des Silos bietet.

Die Überbleibsel der Menschheit leben in einem unterirdischen Silo

Einer dieser Bewohner ist Sheriff Holston, der einst gemeinsam mit seiner Frau ein glückliches Leben im Silo führte. Doch dieses Glück war nur von kurzer Dauer: Als Allison und er bei der großen Lotterie, die den Menschen per Los das Recht auf ein Kind zuteilt und damit die einzige Möglichkeit ist, bei der strengen Populationskontrolle des Silos eine Familie zu gründen, endlich gewonnen hatten, schien Holstons Welt perfekt. Doch Allison konnte trotz aller Versuche innerhalb der gewährten Frist nicht schwanger werden – ein Rückschlag, den die Frau des Sheriffs nie verwunden hat und sich so wenig später freiwillig zur tödlichen Reinigung meldete. Drei Jahre liegt Allisons Tod nun zurück, und jetzt ist auch für Sheriff Holston die Zeit gekommen, seiner Frau zu folgen und das Silo zu verlassen…

Vom 99-Cent-eBook zum Weltbestseller und kommenden Blockbuster

Es ist eine bemerkenswerte Erfolgsgeschichte, die der amerikanische Autor Hugh Howey mit seinem Werk „Silo“ hingelegt hat. Mitte 2011 veröffentlichte er den ersten Teil des Romans in Eigenregie als eBook und landete damit direkt in den Kindle-Bestsellerlisten. Die Leser verlangten nach mehr und so wurde aus der ursprünglich als Novelle geplanten Geschichte ein fünfteiliger Science-Fiction-Roman, der schnell die Aufmerksamkeit der großen Verlage auf sich zog. Doch damit nicht genug: Zudem sicherte sich auch noch 20th Century Fox die Filmrechte an Howeys Büchern und so arbeitet nun niemand geringerer als US-Regie-Legende Ridley Scott an einer Umsetzung der Buchvorlage. Die hier besprochene ungekürzte Hörbuchversion von Audible versammelt alle fünf (in Deutschland ebenfalls einzeln als eBooks erhältliche) Teile der „Silo“-Reihe in einem knapp 16-stündigen Gesamtwerk.

Die letzte Zivilisation auf 140 Stockwerken unter der Erde

Hugh Howeys postapokalyptisches Szenario ist vielleicht im Ansatz nicht völlig neu, wartet aber mit einer interessanten Variante der gängigen Dystopien-Settings auf: In der Zukunft ist die Erde (wieder einmal) unbewohnbar und die kümmerlichen Reste der Menschheit haben sich in ein gewaltiges unterirdisches Silo zurückgezogen, das auf 140 Stockwerken alles nötige beinhaltet, damit sich dessen Bewohner selbst versorgen zu können. Die erste Bekanntschaft des Leser ist wie oben erwähnt Sheriff Holston, der dem Publikum die ersten Anhaltspunkte zu der von Howey erdachten Silowelt liefert. Hier muss man sich zu Beginn an einige zunächst etwas seltsame Begriffe oder Gepflogenheiten gewöhnen – so wirkt das Prinzip der ominösen „Reinigung“ zum Beispiel anfangs etwas befremdlich.

Silobewohner proben den Aufstand

Befremdlich ist auch die Art und Weise, wie der Autor in der Anfangsphase seines Werkes mit den vermeintlichen Hauptfiguren umgeht. Denn kaum hat man sich an Sheriff Holston oder Bürgermeisterin Jahns gewöhnt, werden diese von Howey bereits wieder auf etwas lieblose Art und Weise „entsorgt“, sodass es eine Weile dauert, bis sich eine dauerhafte Bezugsperson für den Leser etabliert hat. Gleichzeitig setzen diese radikalen „Ablösungen“ der Charaktere aber auch eine Bewegung innerhalb des Silos in Gange, welche die Ruhe und Ordnung in dem unterirdischen Rückzugsort aus dem Gleichgewicht bringen. Bei den Figuren der Geschichte wächst der Zweifel an der ihnen von der Siloaufsicht seit Generationen eingetrichterten Darstellung der Außenwelt, und der Widerstand gegen die strengen Regeln und die Kontrolle durch die Machthaber des Silos wächst.

Originelle Idee, teilweise arg langatmige Umsetzung

Dies ist der Punkt, auf den man als Leser gewartet hat, denn dadurch bekommt man nun endlich auch mehr Hintergrundinformationen über die Geschichte des Silos und wie es überhaupt zur Besiedelung dieses Ortes gekommen ist. Leider weist die Geschichte aber gerade ab der Mitte des Buches teilweise doch arge Längen auf und verliert dadurch einiges an Spannung. Statt merklich in der Story voranzukommen, verbringt man viel Zeit auf den schier endlosen Treppen des Silos, wenn nämlich die Protagonisten mal wieder unzählige Stockwerke auf dem Weg zum nächsten Ereignis bewältigen müssen – hier wäre ein funktionierender Aufzug für Charaktere und Leser wohl gleichermaßen eine Erleichterung gewesen.

Etwas steriles Setting mit einigen Ungereimtheiten

Mein großes Problem bei „Silo“ ist aber nicht mal die etwas zu unspektakuläre Geschichte oder die manchmal etwas farblosen Charaktere, sondern das Setting an sich. Ich hatte leider zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, dass ich mich wirklich in einem gigantischen Komplex befinden würde, der für Tausende von Menschen den Lebensraum darstellt. Das Personenrepertoire ist meiner Meinung nach einfach viel zu überschaubar, was zwar einerseits hilfreich ist, weil die Leserschaft so nicht durch zu viele Charaktere verwirrt wird, andererseits das Szenario aber manchmal auch etwas steril wirkt. Mir fehlte es in dem Silo oft einfach an Leben, denn das Ganze erinnerte mich stellenweise mehr an ein großes Wohnheim und nicht an einen 140 Stockwerke umfassenden Schutzbunker für die Überbleibsel der menschlichen Zivilisation. Wenn ein einziger Sheriff die Sicherheit der Bewohner gewährleisten soll und dazu noch ein paar IT-Leute und die Bürgermeisterin das Sagen haben, dann ist mir das einfach zu überschaubar und wirkt auf mich nicht stimmig. Des weiteren sorgen ein paar weitere Ungereimtheiten und ein eher lahmes Ende dafür, dass „Silo“ in meinen Augen nicht der erhoffte Top-Titel, sondern lediglich ein passabler Sci-Fi-Thriller geworden ist, aus dessen Grundidee man sicher mehr hätte herausholen können. Lobend erwähnt werden muss aber auf jeden Fall noch Hörbuch-Sprecher Peter Bieringer, der mir zuvor noch unbekannt war und mich mit seiner lebhaften Lesung positiv überrascht hat.

Fazit:
Gute Ausgangsidee, deren Potenzial aufgrund einiger Längen und einem nicht immer stimmigen Szenario leider nicht optimal ausgeschöpft wird (6/10).

Cover
Autor: Hugh Howey; Sprecher: Peter Bieringer; Originaltitel: Wool; Spieldauer: 16 Std. 02 Minuten (ungekürzt); Anbieter: HörbucHHamburg HHV GmbH; Veröffentlicht: 08. März 2013; Preis: 27,90 € (9,99 € im Flexi-Abo).

Link zum Hörbuch

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