Tags: Borderlands, Brian McGilloway, Drogen, Dumont Verlag, Inspektor Benedict Devlin, Mord, Nordirland, Republik Irland
Genre: Krimi
An der Grenze zwischen Nord- und Südirland wird ein ermordetes Mädchen gefunden – Familiendrama, verschmähte Liebe oder ein Opfer der Drogenszene?
Die 15-jährige Angela Catchell ist tot. Ihre Leiche wurde an der Tyrone-Donegal-Grenze gefunden, dem Grenzgebiet zwischen der Republik Irland und dem Nachbarn Nordirland. Das Opfer stammt aus einer typischen Unterschichten-Familie, die sowohl in der Region als auch in Polizeikreisen zweifelhafte Berühmtheit genießt. Angelas Vater Johnny ist bereits mehrfach mit dem Gesetz in Konflikt gekommen und als Folge von Kneipenschlägereien oder Diebstählen schon häufig im polizeilichen Gewahrsam gelandet. Umso überraschter sind die Ermittler um Inspektor Benedict Devlin über den teuren goldenen Ring am Finger der Leiche, der so gar nicht zu dem ärmlichen Leben der Familie passt.
Warum musste die 15-jährige Angela Catchell sterben?
Wenig überraschend stoßen Devlin und Kollegen bei den Catchells auf eine Mauer des Schweigens, da diese nach den zahlreichen vergangenen Aufeinandertreffen mit den Gesetzeshütern kein Interesse an einer Zusammenarbeit haben. Johnny Catchell nimmt die Sache lieber selbst in die Hand und macht sich eigenmächtig auf die Suche nach dem Mörder, wobei er den nächstbesten jugendlichen Drogendealer ins Visier nimmt, der einen regelmäßigen Umgang mit seiner Tochter pflegte. Devlin muss also nicht nur seine eigenen Ermittlungen leiten, sondern zudem dem Rachefeldzug des wütenden Familienvaters Einhalt gebieten…
Ein Krimi aus der rauen irischen Provinz
„Borderlands“ ist der Debütroman des nordirischen Autors Brian McGilloway, der mit seiner Familie auch unweit jener im Buch thematisierten Grenzregion zwischen den beiden irischen Nationen lebt. Man darf also erwarten, dass der Autor weiß, wovon er spricht und das Leben in der ländlichen Provinz anschaulich vermitteln kann. Dies gelingt McGilloway auch durchaus gut, sodass die irischen Eigenheiten sowie die raue Landschaft für den Leser auch wirklich spürbar sind. Dadurch, dass die Handlung zeitlich auch noch um die Weihnachtsfeiertage angesiedelt ist, bekommt man es zudem noch mit einer kalten und unwirtlichen Jahreszeit zu tun, sodass die Atmosphäre des Romans insgesamt eher kühl ist.
Ein nur auf den ersten Blick einfacher Fall
Der Fall selbst scheint schon nach wenigen Seiten klar: Angela Catchell war zu Lebzeiten alles andere als ein biederes Mauerblümchen und trieb sich gerne in eher zweifelhaften Kreisen herum. Zu ihrem Alltag zählte regelmäßiger Drogenkonsum, für den sie bei Geldknappheit auch gerne mal mit sexuellen Gefälligkeiten bezahlte. Da liegt die Idee nahe, den Verantwortlichen für ihren Tod auch in der örtlichen Drogenszene zu suchen, was sich auch der hitzköpfige Vater des Mädchens zusammenreimen konnte. Natürlich wäre es aber langweilig, wenn die Geschichte wirklich so simpel gestrickt wäre, denn dann wäre das Buch auch nach knapp 50-100 Seiten zuende. Glücklicherweise hat Brian McGilloway seine Story aber schon etwas komplexer angelegt, sodass den Leser ein zwar nicht sonderlich spektakulärer, aber immerhin doch unterhaltsamer Kriminalfall erwartet.
Sympathischer Ermittler mit geringfügigen Ecken und Kanten
Auch mit der Figur des Inspektor Devlin wird man recht schnell warm. Der Ermittler ist auf Anhieb sympathisch und legt zumeist auch ein freundliches Auftreten an den Tag. Außerdem erweckt Devlin den Eindruck eines liebevollen Familienvaters, dem seine Frau und seine beiden kleinen Kinder sehr am Herzen liegen. Allerdings hat der Protagonist auch ein paar Kanten, die sich zum einen beim Umgang mit widerspenstigen Verdächtigen, aber auch bei der Konfrontation mit seiner Jugendliebe offenbaren. So kann der nette Herr Inspektor auch durchaus kräftig austeilen und bringt sich darüber hinaus in eine brisante Dreieckskonstellation, die seine Ehe auf eine ernste Probe stellt. Diese Charakterzüge setzen willkommene Reizpunkte, wenngleich sich mir nicht wirklich erschlossen hat, was Devlin an einer dauerbetrunkenen und stets herablassenden Frau so begehrenswert findet…
08/15-Krimi ohne große Stärken und Schwächen
Das Problem von „Borderlands“ ist jedoch, dass das Buch nichts bietet, was man so nicht schon hundertmal auch in anderen Kriminalromanen gelesen hätte. Die Story ist zwar ordentlich, aber nicht wirklich mitreißend, und auch die Hauptfigur strotzt nicht gerade vor Originalität. Da der Roman mit knapp 280 Seiten auch verhältnismäßig kurz ist, sollte man zudem keine großen Charakterbeschreibungen oder einen unglaublichen komplexen Fall erwarten. So findet man beim Lesen zwar kaum Anlass zur Kritik, andererseits aber eben auch wenig bis gar nichts, was für Überraschungen oder Begeisterung sorgen könnte. Besonders schade ist meiner Meinung nach, dass McGilloway so wenig aus der potenziell recht interessanten geografischen Lage des Handlungsschauplatzes und den damit verbundenen politischen Verstrickungen herausholt. Obwohl der Leichenfund genau in das Grenzgebiet zwischen Nordirland und der irischen Republik fällt und der Autor die beiden zuständigen Ermittlungsbehörden – die Garda Siochana auf der südlichen Seite und den Police Service of Northern Ireland im Norden – sogar mehrmals erwähnt, so spielen die zu erwartenden bürokratischen Schwierigkeiten praktisch gar keine Rolle. Im Gegenteil: Statt brisanter Revierstreitigkeiten ist man nur allzu bereit, den Fall in die Hände des jeweils anderen zu legen, sodass hier in meinen Augen ein wertvoller Spannungsfaktor verschenkt wird.
Unterhaltsam, aber belanglos
Wie fällt also das Fazit zu „Borderlands“ aus? Schwierig, denn als Kriminalroman schlägt sich das Debüt von Brian McGilloway durchaus wacker, allerdings fällt mir kein überzeugender Grund ein, warum man ausgerechnet dieses Buch empfehlen sollte. Der Roman hatte auf mich eher den Charme eines Sonntagabendkrimis im ZDF: ein sympathischer Ermittler ohne große Reibungspunkte, ein bisschen schöne Landschaft und eine Story, die den Blutdruck nicht gerade in bedrohliche Höhen schießen lässt – unterhaltsam, aber eigentlich belanglos.
Fazit:
Solider Kriminalroman vor rauer irischer Kulisse, der sich aber kaum aus der breiten Masse des Genres abhebt und keinen nachhaltigen Eindruck hinterlässt (6/10).
Autor: Brian McGilloway; Originaltitel: Borderlands; Umfang: 288 Seiten; Verlag: Dumont; Erscheinungsdatum: 15. April 2010; Preis: Taschenbuch 8,95 €/eBook 6,99 €.