Tags: Beatrice Kaspary, Facebook, Florin Wenninger, Gedichte, Internet, Lyrik, Mord, Salzburg, Soziale Netzwerke, Ursula Poznanski, Wunderlich
Genre: Krimi, Thriller
Im Salzburg-Thriller „Fünf“ schickte die österreichische Autorin Ursula Poznanski ihr Ermittler-Team Beatrice Kaspary und Florin Wenninger zum ersten Mal auf Verbrecherjagd. Im Nachfolger „Blinde Vögel“ müssen die beiden nun mithilfe von sozialen Netzwerken zwei rätselhafte Todesfälle aufklären.
An einem Waldrand in Salzburg stößt eine Gruppe Camper auf die Leichen einer jungen Frau und eines ungefähr gleichaltrigen Mannes. Der Körper der Frau weist Würgemale am Hals auf, der Mann starb allem Anschein nach durch eine Schusswunde am Kopf. Für die eintreffenden Ermittler um Bea Kaspary und ihren Kollegen Florin Wenninger scheint der Fall zunächst klar: Der Mann hat erst seine Freundin erdrosselt und sich anschließend selbst das Leben genommen. Allerdings wirkt diese Theorie irgendwie nicht richtig rund, denn für Bea bringt der Leichenfund zu viele Unstimmigkeiten mit sich, was sich bei den ersten Nachforschungen bestätigt: Der Tote wird als Gerald Pallauf, ein Salzburger Germanistikstudent, identifiziert und seine vermeintliche Freundin als Sarah Beckendahl aus Hannover.
Ein vermeintlicher Mord mit anschließendem Selbstmord gibt den Ermittlern Rätsel auf
Zeugenbefragungen ergeben jedoch, dass sich die beiden erst vor wenigen Tagen zum ersten Mal begegnet sind und der schüchterne Computerfreak und die hübsche Deutsche auf ihre Mitmenschen auch nicht den Eindruck eines Pärchens gemacht haben. Auf der Suche nach Gemeinsamkeiten der beiden Opfer stoßen Kaspary und Wenninger schließlich auf die Facebook-Gruppe „Lyrik lebt“, in der sich Pallauf und Beckendahl gemeinsam mit hunderten weiterer Lyrikfreunde über Gedichte ausgetauscht haben. Während Florin aufgrund der neuen Entwicklung noch etwas skeptisch ist und nicht so recht an einen Zusammenhang mit der Gruppe glaubt, vertieft sich Bea immer mehr in das soziale Netzwerk und verfolgt auf eigene Faust ihren Ermittlungsansatz…
Der Nachfolger zu Poznanskis Geocaching-Thriller „Fünf“
„Blinde Vögel“ ist Ursula Poznanskis zweiter Erwachsenen-Roman und zugleich auch der zweite Fall für ihr sympathisches Ermittlerduo Kaspary/Wenninger. Wie schon im Vorgänger, der sich rund um die trendige Freizeitbeschäftigung „Geocaching“ drehte, widmet sich die Österreicherin auch diesmal einem aktuellen Thema und nutzt das populäre soziale Netzwerk „Facebook“ als Aufhänger für ihre Thrillerstory. Im Vergleich zu anderen als „Facebook-Thriller“ vermarkteten Büchern (wie z.B. Veit Etzolds „Final Cut“) spielt die Online-Welt hier aber auch tatsächlich eine wichtige Rolle und Beatrice Kasparys virtuelle Ermittlungen nehmen einen nicht unbedeutenden Teil der Handlung ein.
Virtuelle Verbrechersuche mithilfe von Facebook
Wie schon bei „Fünf“ dauert es aber auch im Nachfolger eine Weile, bis die Geschichte an Fahrt aufnimmt, was auch damit zusammenhängen mag, dass zu Beginn des Buches auch noch nicht wirklich klar ist ob es sich bei dem Leichenfund überhaupt um einen „richtigen“ Fall handelt oder ob die naheliegende Theorie eines Mordes mit anschließender Selbsttötung nicht die wahre Erklärung für die Todesfälle liefert. Während sich die Ermittlerfiguren hierüber noch nicht wirklich einig sind, macht Kaspary dann die ersten Schritte in der Gedichte-Gruppe, was für die weniger Lyrik-affinen Leser mit der Zeit vielleicht ein wenig ermüdend ist. Man verfolgt, wie sich verschiedene Charaktere über diverse Mehrzeiler austauschen, kontrovers über deren Bedeutung diskutieren oder sich gegenseitig zur Auswahl ihrer Gedichte beglückwünschen. Allerdings entwickelt diese Facebook-Gruppe mit fortschreitender Handlung auch eine interessant zu beobachtende Eigendynamik, die durch das aktive Mitmischen von Beatrice Kaspary noch einmal vorangetrieben wird.
Weniger Privatleben, mehr Ermittlungsarbeit
Natürlich spielt „Blinde Vögel“ aber nicht nur in den Weiten des Internets, sondern auch außerhalb der Facebook-Gruppe. Hier bietet Poznanski solide Krimikost, die wie im Vorgänger mit Auszügen aus dem Privatleben der Hauptfiguren vermischt bzw. aufgelockert wird. Beatrice plagt sich immer noch ein wenig mit ihrem Ex-Mann herum, allerdings bringt diese Nebenhandlung nicht mehr ganz so viel Konfliktpotenzial mit sich, was ich persönlich als sehr angenehm empfunden habe, da mir die ewigen Streitereien bei „Fünf“ ein wenig auf den Keks gingen. Stattdessen steht diesmal das Verhältnis von Bea und Florin etwas mehr im Vordergrund, ohne dass das Buch allerdings Gefahr läuft dabei in eine klischeehafte Liebesgeschichte abzurutschen. Auch das lästige Kompetenzgerangel mit ihrem Vorgesetzten bleibt den Ermittlern (und den Lesern) dieses Mal glücklicherweise über weite Strecken erspart. Trotz allem bietet aber auch dieser „abgespeckte“ Ausflug ins Privatleben der Protagonisten wieder einen angenehmen Gegenpol zum eigentlichen Fall.
Hochdramatisches und erschütterndes Schlussdrittel
In diesen kommt nach ungefähr zwei Dritteln des Buches dann so richtig Tempo rein und plötzlich beginnen sich die Ereignisse förmlich zu überschlagen. Die letzten 150-200 Seiten entschädigen für die etwas gemächliche Anfangsphase und nehmen den Leser dann völlig gefangen. Je näher man der Lösung des Rätsels kommt, desto schwerer fällt es, den Roman wieder aus der Hand zu legen. Die Auflösung der Geschichte ist vielleicht ein wenig weit hergeholt, wird aber plausibel erklärt und sorgt für einen mehr als zufriedenstellenden Abschluss. Allerdings ist das hochdramatische Schlussdrittel für zartbesaitete Gemüter wohl nur schwer zu ertragen, was nicht unbedingt an einer übermäßig blutigen Gewaltdarstellung, sondern vielmehr an den geschilderten Grausamkeiten an sich liegt. Hier musste ich gelegentlich schon ein wenig schlucken, und das obwohl Poznanski ihrem Publikum allzu explizite Details glücklicherweise erspart.
Fazit:
Gelungene Fortsetzung der Kaspary/Wenninger-Reihe, welche die Schwächen des Vorgängers zu großen Teilen ausgemerzt hat und diesen spannungstechnisch sogar noch übertrifft. Vor allem der clever konstruierte Kriminalfall überzeugt und garantiert im Schlussdrittel puren Nervenkitzel (8/10).
Autor: Ursula Poznanski; Umfang: 480 Seiten; Verlag: Wunderlich; Erscheinungsdatum: 02. April 2013; Preis: Broschiert 16,95 €, eBook 14,99 €.