Tags: audible.de, Entführungen, FBI, Fotografin, Frauen, Gemälde, Greg Iles, Jordan Glass, Kunst, Künstler, Mississippi, Mord, Uve Teschner
Genre: Krimi, Thriller
Autor: Greg Iles
Sprecher: Uve Teschner
Länge: 17 Std. 29 Min. (ungekürzt)
Anbieter: Audible GmbH
Originaltitel: Dead Sleep
Preis: 29,95 € (9,95 € im Flexi-Abo von Audible.de)
Inhaltsbeschreibung von audible.de:
Jordan Glass will in Hongkong endlich Urlaub machen von dem aufreibenden Dasein als Kriegsfotograf. Doch schon der erste Besuch eines Kunstmuseums macht diesen Plan zunichte. Gerade noch stellt sie verwirrt fest, dass die anderen Besucher sie anstarren, da entdeckt sie die bizarre Gemäldeserie eines anonymen Künstlers. Sie zeigt verschiedene, angeblich schlafende Frauen nackt.
Der Schlag trifft Jordan, als sie auf einem der Bilder sich selbst erkennt – so, wie die anderen Besucher offensichtlich auch. Doch ist das Jordan? Und schlafen die Frauen wirklich? Es gibt Gerüchte, die besagen, sie seien tot. Jordan weiß sofort, dass nicht sie es ist, die dort abgebildet wurde, sondern ihre seit einem Jahr verschollene Zwillingsschwester Jane, von der bis heute jedes Zeichen fehlt. Ist das vielleicht eine Spur? Fieberhaft machen sich Jordan und das FBI auf die Suche nach dem morbiden Künstler – um Jane zu finden und um zu verhindern, dass noch weitere Frauen in den Todesschlaf fallen…
Meine Hörbuchbesprechung:
Jordan Glass hat sich in ihrer Tätigkeit als Fotografin weltweit einen Namen gemacht, auch weil sie damit in die Fußstapfen ihres Vaters, eines berühmten Kriegsfotografen getreten ist. Nach ihren psychisch anspruchsvollen letzten Aufträgen und privaten Turbulenzen hat sie sich nun aber eine längere Auszeit genommen und arbeitet an einem persönlichen Bildband, für den sie rund um den Globus nach interessanten Motiven sucht. Ihre Reise führt sie dabei auch nach Hongkong, wo sie in ihrer Freizeit ein Kunstmuseum besucht und dabei eine verstörende Entdeckung macht. Dort wird nämlich die Fotoserie „Die schlafenden Frauen“ eines unbekannten Künstlers ausgestellt und als sie nach Betreten des Raums von den ausschließlich männlichen Besuchern fassungslos angestarrt wird, merkt sie schnell, dass etwas nicht stimmt. Wenig später entdeckt sie auch den Grund für die seltsamen Reaktionen, als sie sich nämlich auf einem der Gemälde selbst entdeckt.
„Die schlafenden Frauen“ – Werke eines genialen Künstlers oder grausame Tat eines Serienkillers?
Schnell wird aus Überraschung blankes Entsetzen, denn Gerüchten zufolge haben die Frauen auf den Bildern dem Künstler nicht schlafend Modell gestanden, sondern waren zu dem Zeitpunkt bereits tot – und in Jordan Glass nimmt ein böser Verdacht Formen an: Sie vermutet nämlich, dass besagtes Gemälde nicht sie selbst, sondern ihre Zwillingsschwester Jane zeigt, die vor gut einem Jahr in New Orleans spurlos verschwunden ist. Das FBI brachte ihr Verschwinden damals mit einer Reihe ähnlicher Entführungen in Verbindung, konnte aber weder Hinweise auf den Verbleib der Opfer noch auf die Identität des Täters ermitteln. Jordan verliert keine Zeit, setzt sich in den nächsten Flieger zurück nach Amerika und kontaktiert das FBI, um endlich Gewissheit über das Schicksal ihrer Schwester zu bekommen…
Ein weiterer Mississippi-Thriller von Greg Iles
„Infernal“ von Greg Iles ist der dritte Roman aus dem Mississippi-Zyklus, dessen Teile aber alle jeweils eigenständige Geschichten bieten und nur durch ihren Schauplatz und teilweise gemeinsame Nebencharaktere verbunden sind. Nachdem ich kürzlich erst Iles‘ grandiosen Thriller „@E.R.O.S.“ gehört habe und ziemlich begeistert war, habe ich mir direkt das nächste Hörbuch des Autors in meine Audible-Bibliothek geladen – zumal es den 17,5-Stunden-Titel kurzzeitig für nur 6,95 € zum Download gab. Wie bereits gesagt: Vorkenntnisse der anderen Bücher sind nicht erforderlich, Kenner dürfen sich aber über ein Wiedersehen mit dem FBI-Psychologen Dr. Arthur Lenz freuen, der schon in „@E.R.O.S.“ eine nicht ganz unwichtige Rolle gespielt hat und dessen Schicksal von Iles hier erneut kurz aufgegriffen wird.
Mitreißender Auftakt, interessante Hauptfigur
Erneut schafft es der Autor, den Leser gleich mit einem packenden Auftakt an die Geschichte zu fesseln. Wir machen Bekanntschaft mit der Kriegsfotografin Jordan Glass, die nach einer bewegten Vergangenheit nun auf einem kleinen Selbstfindungstrip ist und sich mit einem Bildband selbst verwirklichen möchte – ohne den Druck zahlender Auftraggeber und ohne gefährliche Einsätze in Kriegsgebieten. Greg Iles macht uns auch mit Teilen ihrer tragischen Familiengeschichte vertraut: Ihr erfolgreicher Vater starb bei einem gefährlichen Auftrag und erhielt für sein letztes Foto noch den Pulitzer-Preis – für das Bild, das zeigt, wie sein Henker eine tödliche Kugel auf ihn abfeuert. Dies trug nicht unwesentlich zu Jordans eigener Karriere als Fotografin bei und beschäftigt sie auch Jahre nach dem Tod ihres Vaters immer noch – genauso wie die Entfremdung von ihrer Schwester, zu der sie seit ihrer Kindheit ein eher schwieriges Verhältnis hatte. Nach dieser etwas ausführlicheren Vorstellung der Hauptfigur begleiten wir Jordan Glass dann beim Besuch der folgenschweren Ausstellung in Hongkong. Iles fängt das Gefühl der Beklemmung hier sehr gut ein: Überall starrende Blicke, die unangenehme Bedrängung durch die männlichen Besucher und der Schock über das Motiv des besagten Gemäldes. Natürlich stellt sich fast zwangsläufig die Frage, wie wahrscheinlich der „Zufall“ ist, dass eine Frau bei einem ungeplanten Besuch einer Kunstausstellung am anderen Ende der Welt ausgerechnet ein Bild ihrer verschwundenen Schwester sieht – doch diese Tatsache muss man wohl oder übel hinnehmen, da sie den Aufhänger für die gesamte folgende Geschichte bildet.
Spannende und dialoglastige Spurensuche in Amerikas Kunstszene
Anschließend geht es weiter in die USA, wo Jordan mit dem FBI Kontakt aufnimmt und auf eigene Faust die Spur der Gemälde verfolgt, wobei sie kurz nach ihrer Rückkehr bei einem Brandanschlag nur knapp mit dem Leben davonkommt – und wertvolle Hinweise dem Feuer zum Opfer fallen. Nach dieser ereignisreichen Anfangsphase beruhigt sich das Geschehen dann anschließend ein wenig und Iles lässt das FBI mit in die Ermittlungen einsteigen. Hier ist die Handschrift des Autors dann wieder unverkennbar, denn wie schon bei „@E.R.O.S.“ entwickelt Iles seine Geschichte sehr gründlich und sorgfältig, sodass das Erzähltempo ein ganzes Stück runtergefahren wird. Das ist aber nicht schlimm, denn die akribische Spurensuche der Ermittlungseinheit unter Mithilfe von Jordan Glass ist nicht weniger spannend als der actionreiche Beginn. Außerdem widmet sich der Autor sehr ausführlich seinen Hauptfiguren und verleiht ihnen dadurch viel Tiefgang, wodurch vor allem Jordan und der ermittelnde FBI-Agent John Kaiser zu überaus interessanten Persönlichkeiten werden. Gut gefallen hat mir zudem, dass „Infernal“ wieder sehr dialoglastig geraten ist, wodurch die Geschichte selbst in ihren zahlreichen und anhaltenden ruhigen Phasen zu keiner Zeit langweilig gerät. Auch das Setting der Story hat großes Potenzial, denn Iles lässt seinen Thriller vorrangig in der amerikanischen Kunstszene spielen – womit man in diese Genre ja auch nicht allzu häufig konfrontiert wird.
Stellenweise etwas langatmig und überraschungsarm
Allerdings ist das Buch auch nicht ohne Schwächen, so ist gerade im Vergleich zum wendungsreichen und hochspannenden „@E.R.O.S.“ die Geschichte um die toten gemalten Frauen deutlich weniger nervenzerreißend und längst nicht so voller Überraschungen wie der „Vorgänger“. Außerdem wird die Vergangenheit der Hauptfigur für meinen Geschmack ein wenig zu oft und zu ausführlich thematisiert, hier hätte eine kleine Straffung der Handlung dem Buch sicher gut getan. Weiterhin stellt sich für mich die Frage, ob die offenbar unvermeidbare Romanze wirklich nötig gewesen wäre – diese ist zwar solide geschrieben, nimmt aber auch weiteres Tempo und Spannung aus der Geschichte. Ein weiterer kleiner Schwachpunkt betrifft das Finale des Buches: Dieses ist zwar schlüssig und liefert eine sehr gründliche Auflösung der Ereignisse, allerdings ist der Schluss meiner Meinung nach nicht ganz konsequent und etwas zu weichgespült.
Der Sprecher:
Wie alle von Audible neu aufgelegten Greg-Iles-Thriller wird auch „Infernal“ wieder von Uve Teschner gelesen, was einerseits eine tolle Sache ist, denn Teschner ist inzwischen wirklich ein herausragender und sehr vielseitiger Sprecher. So gibt es an der reinen Sprecherleistung auch diesmal nichts auszusetzen und gerade die vielen Dialoge sind überaus gelungen, da Teschner die verschiedenen Rollen sehr gut ausfüllt und die Gespräche dadurch richtig lebendig werden. Trotzdem ist Teschner für dieses Hörbuch leider eine etwas unglückliche Besetzung, was aber an der Erzählperspektive des Buches liegt. Greg Iles hat nämlich nicht nur eine weibliche Hauptfigur gewählt, sondern erzählt das Geschehen auch aus der Ich-Perspektive – hierfür wäre eine weibliche Sprecherin nicht nur die logische, sondern vermutlich auch bessere Wahl gewesen. Gerade zu Beginn braucht es eine ganze Weile, bis man sich trotz Teschners männlicher Stimme an die weibliche Hauptfigur gewöhnt hat. Hier neigt man gerne mal dazu, sich einen männlichen Protagonisten vorzustellen – auch wenn der Sprecher den Frauenpart mit seiner sanften Stimme eigentlich gut umsetzt.
Schlussfazit:
Wer von Greg Iles schon „@E.R.O.S.“ gemocht hat, dem wird mit ziemlicher Sicherheit auch „Infernal“ gefallen. Die Story ist spannend geschrieben und sorgfältig konstruiert und auch die Figuren überzeugen mit einer tiefgründigen Charakterzeichnung. Trotzdem fällt die Wertung im direkten Vergleich schwächer aus, denn das Spannungsniveau erreicht nur selten die höchsten Regionen, zudem lassen sich einige Längen nicht von der Hand weisen.
Ruhiger, aber packender Thriller auf solidem Spannungsniveau
Auch die Besetzung der Sprecherrolle ist aus den oben genannten Gründen nicht ganz optimal, was aber nichts daran ändert, dass „Infernal“ immer noch ein gelungener Thriller ist und gut unterhält. Gerade für Freunde etwas gemächlicherer Spannungsliteratur und gründlich ausgearbeiteter Hauptfiguren ist das Hörbuch allemal eine Empfehlung wert – es muss ja nicht immer halsbrecherische Action oder blutiges Gemetzel sein.
Meine Wertung: 7/10
Informationen:
Das Hörbuch „Infernal“ von Greg Iles hat eine Länge von 17 Std. und 29 Min. und ist ungekürzt für 29,95 Euro (9,95 Euro im Flexi-Abo) bei audible.de erhältlich. Weitere Infos gibt es auf der Detail-Seite bei audible.de.