Das deutschsprachige Romandebüt des Franzosen Morgan Audic sticht nicht nur mit dem markanten Eisbären-Cover hervor, sondern auch durch sein ungewöhnliches Setting, denn „Das kalte Schweigen der See“ spielt in den eisigen Weiten der Polarregion – genauer gesagt auf dem Archipel Spitzbergen (bzw. „Svalbard“) und den norwegischen Lofoten.
Zwei rätselhafte Todesfälle am eisigen Polarkreis
Der Autor verteilt seine Handlung dabei einigermaßen ausgewogen auf beide Schauplätze, und jeder der Erzählstränge beginnt jeweils mit einer toten Frau. Auf dem Festland des Königreiches begleiten wir den Journalisten und Kriegsreporter Nils, der den vermeintlichen Selbstmord seiner früheren Kollegin Åsa nicht akzeptieren kann und die letzten Wochen und Aktivitäten im Leben seiner Freundin auf eigene Faust nachzuvollziehen versucht. Auch im entfernten Spitzbergen gibt es scheinbar eine ebenso einfache wie grausame Erklärung für den Tod der jungen Doktorandin Agneta: ein verhängnisvoller Eisbären-Angriff. Jedoch ist hier die Polizistin Lottie ebenfalls nicht überzeugt und stößt sich an einigen Ungereimtheiten am Schicksal der getöteten Frau.
Der Star dieses Thrillers ist das Setting
Das spezielle Setting wird früh zum großen Trumpf dieses Romans, denn die raue Natur und eisige Kälte des Polarkreises sorgen einerseits für eine beklemmende und düstere Thriller-Atmosphäre, welche der Story einen stimmungsvollen Rahmen verleiht. Zum anderen bringt gerade das Archipel Svalbard aber auch eine spannende Historie und Geografie mit, deren Auswirkungen und Besonderheiten in vielerlei Hinsicht die Handlung prägen. Abgesehen von einem herausfordernden Umgang mit unerbittlichem Klima und lebensbedrohlicher Fauna ist das zum Beispiel auch eine brisante politische Lage, denn neben dem norwegischen Staat macht auch Russland seinen geschichtlich begründeten Einfluss auf die Inselgruppe geltend. Gerade unter dem Eindruck des Ukraine-Krieges verursacht dies vor allem für Polizistin Lottie Komplikationen und Widerstände in ihren Ermittlungen. Darüber hinaus sorgen Relikte der Sowjetunion wie die verlassene Bergbau-Siedlung Pyramiden jedoch auch für eine Intensivierung der emotionalen Kälte, die einem beim Lesen dieses Buches in ihren Griff nimmt.
Perfekte Symbiose aus Handlung und Kulisse
Morgan Audic gelingt es insgesamt hervorragend, derartige realen Hintergründe in seiner Geschichte aufzugreifen und auf lebendige Weise den Horizont seines Publikums zu erweitern. Auch an Meeresbiologie interessierte kommen auf ihre Kosten und dürfen hier zum Beispiel mit einer Gruppe Orcas auf Tauchgang gehen oder sich mit zwielichtigen Walfängern anlegen. Handlung und Kulisse bieten hier eine nahezu perfekte Symbiose und machen „Das kalte Schweigen der See“ dadurch zu einem originellen und jederzeit fesselnden Thriller, der einen nachhaltigen Eindruck hinterlässt und mehr als „nur“ spannende Unterhaltung bietet.
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9/10