„My sole purpose is to entertain you“ schreibt J. D. Barker im Nachwort seines Romans „Game On – Der Einsatz ist dein Leben“ – und an dieser Mission lässt der Thriller-Autor auch von der ersten Seite an keine Zweifel aufkommen. Dass es in diesem Buch wild und zügig zugeht merkt man nämlich bereits an der ersten Szene mit Radiomoderatorin Jordan Briggs, der zentralen Figur dieser Geschichte. Die Karrierefrau steckt mitten im berüchtigten New Yorker Morgenverkehr, hat nur noch wenige Minuten bis zum Beginn ihrer Sendung und feuert im Angesicht der drohenden Verspätung eine Salve ungebremster Flüche nach der anderen in Richtung ihrer Leidensgenossen im dichten Stau. Die Zeit tickt gnadenlos, irgendwann hat Briggs die Nase voll und lässt ihren Audi A8 einfach mitten auf der Straße stehen und stürmt Richtung Büro – unmittelbar vor den Augen eines verdutzten Streifenpolizisten, dem die unverblümte Dreistigkeit fast die Sprache verschlägt.
Vanity kills the radio star
Zwei Sachen sind nach diesem bemerkenswerten Auftritt klar: J. D. Barker hat es offenbar ebenso eilig wie seine Protagonistin – und Jordan Briggs ist nicht angetreten, um Sympathiepunkte zu sammeln. Genauso rücksichtslos, unverblümt, egoistisch und ungeduldig ist die Frau nämlich auch mit ihren Mitarbeitern und Zuhörern, die sich in ihrer täglichen Sendung ihren Ärger, ihre Sorgen oder sonstige Dinge von der Seele reden können – so lange es Quote bringt, denn entpuppt sich ein Gespräch als zu unspektakulär, werden die Anrufenden schnellstmöglich aus der Leitung geworfen. An diesem Tag hat sich jedoch ein Anrufer entschlossen, es mit der einschüchternden Powerfrau aufzunehmen und will Jordan zu einem verbalen Duell einladen. Die Herausgeforderte ist davon aber wenig angetan, sodass „Bernie“ zu drastischen Mitteln greift, um die gewünschte Aufmerksamkeit zu bekommen: er lässt in den Straßen New Yorks mehrere Taxis auf einen Schlag explodieren.
Yippieh-ya-yeah, Schweinebacke
„I’ve been told I write literary popcorn, and I’m fine with that“ ist ein weiterer Satz aus den Anmerkungen des Autors dieses Werkes und das beschreibt auch schon perfekt das, was J. D. Barker auf den rund 400 Seiten dieses Thrillers abfackelt. Die in die Luft gesprengten Taxis sind nur der Auftakt einer beispiellosen Zerstörungsorgie im „Big Apple“ – wobei „beispiellos“ streng genommen nicht ganz richtig ist. Denn je tiefer man in diese Geschichte eintaucht, umso offenkundiger wird das große Vorbild dieses Buches, das kein geringeres ist als vielleicht die Mutter aller Actionfilme: „Stirb langsam“. Dabei ist „Game On – Der Einsatz ist dein Leben“ allerdings keine modernisierte Nacherzählung, sondern vielmehr eine Hommage an die Spielfilmreihe und bedingt sich verschiedener Elemente aus diversen Teilen des Franchise. Die Szenen im Gebäude des Radiosenders erinnern an den berühmten „Nakatomi Plaza“, die brutale Hatz durch New York hat etwas vom „Simon befiehlt“-Spiel des Schurken Gruber im dritten „Stirb langsam“-Film und natürlich darf auch der in Ungnade gefallene Polizist, der im Angesicht der drohenden Katastrophe über sich hinaus wächst, in dieser Story nicht fehlen.
Die 1980er haben angerufen und wollen ihre Action zurück
Das ist vielleicht nicht unbedingt originell und schießt in vielen Momenten auch weit über das Normalmaß eines „realistischen“ Thrillers hinaus, dennoch erfüllt „Game On – Der Einsatz ist dein Leben“ ohne Zweifel seinen Zweck und sorgt für laute und kompromisslose Unterhaltung ohne Atempause. Zwar gelingt es J. D. Barker zwischendurch auch immer wieder, ein paar ernste und nachdenkliche Szenen einzubauen, dennoch liegt der Fokus hier eindeutig auf bombastischer Action, bei der man sich wohl keineswegs zufällig in die Hollywoodstreifen der 1980er- und 1990er-Jahre zurückversetzt fühlt – „literary popcorn“ eben. Wem das zu plump ist, der wird mit diesem Buch vermutlich nicht viel Freude haben, wem jedoch der Sinn danach steht, für ein paar Stunden im Kopf mal richtig „die Sau rauszulassen“, der kommt bei J. D. Barker ohne Frage auf seine Kosten. „Game On – Der Einsatz ist dein Leben“ ist sicherlich bei weitem nicht ohne Schwächen, nimmt sich aber ebenso wenig zu ernst wie der Autor selbst und das ist irgendwie auch sympathisch – ebenso wie Barkers sehr menschliches und lesenswertes Nachwort zu diesem Buch, das unter den Eindrücken der ersten Wochen der COVID19-Pandemie entstanden ist.
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7/10