Die Totentänzerin_Rezi

Ein bizarrer Doppelmord stellt den Berliner Kriminalkommissar Nils Trojan vor ein Rätsel: Ein Paar wurde gewaltsam getötet und die Leichen auf eine äußerst bizarre Weise im gemeinsamen Schlafzimmer drapiert, denn die nackten Körper der beiden Opfer wurden auf das Bett gelegt, mit einer Schnur zusammengebunden und so arrangiert, als würden sich die beiden gerade mitten im Liebesakt befinden. Die Spuren am Tatort und an den Leichen deuten darauf hin, dass zunächst der Mann mit einem Schlag auf den Hinterkopf getötet und dann auf die Frau gelegt wurde, die letztlich aufgrund von Schnittwunden an den Unterarmen langsam und qualvoll unter der Leiche ihres Partners verblutet ist. Trojan und seine Kollegen sind geschockt von der besonderen seelischen Grausamkeit der Gewalttat und setzen alles daran, den Mörder so schnell wie möglich zu überführen. Allerdings müssen sie zum einen schnell feststellen, dass es sich bei dem brutalen Doppelmord keineswegs um eine Einzeltat handelt und zum anderen führen erste Hinweise zu einer besonders brisanten Spur, denn ausgerechnet Theresa Landsberg, die Ehefrau von Trojans Vorgesetztem und Chef der Mordkommission, scheint in die Morde verwickelt zu sein…

Der dritte Fall für den Berliner Ermittler Nils Trojan

Max Bentows Thrillerreihe um den Berliner Mordermittler Nils Trojan geht in die dritte Runde und wie schon bei den beiden Vorgängern zeigt sich der Autor auch diesmal beim Modus Operandi seines Mörders wieder recht kreativ: Während im Auftaktband „Der Federmann“ der Mörder einen ausgeweideten Vogel auf den Leichen drapierte und im Nachfolger „Die Puppenmacherin“ die Opfer mittels einer oral verabreichten Dosis Bauschaums auf grausame Weise erstickt wurden, überfällt der Täter im dritten Band „Die Totentänzerin“ seine Opfer in den eigenen vier Wänden und arrangiert deren nackte Körper auf äußerst obszöne Weise. Da nach dem Auftakt-Doppelmord auch der zweite Streich des Mörders nicht lange auf sich warten lässt, beginnt auch Nils Trojans dritter Fall durchaus temporeich und spannend und hält sich nicht groß mit langen (und blutarmen) Einleitungen auf. Einen besonderen Reiz bekommt die Geschichte zudem dadurch, dass ausgerechnet die Frau von Trojans Chef durch die Spuren am Tatort belastet wird – „Die Totentänzerin“ bringt also gute Voraussetzungen mit, nach den meiner Meinung nach eher durchwachsenen ersten beiden Bänden dieser Reihe endlich zum längst erhofften Thriller-Highlight zu werden.

Mehr Seifenopfer statt Thriller

Leider hält diese Hoffnung aber nicht lange an, denn schnell wird klar, dass auch Bentows dritter Roman wieder unter den schon von den Vorgängern bekannten Schwächen leidet. Ein Kritikpunkt betrifft dabei leider wieder einmal die Charaktere, denn auch diesmal stellte sich mir während des Hörens des Hörbuches immer wieder die Frage, wie Protagonist Nils Trojan und der ein oder andere Kollege überhaupt jemals den Eignungstest für den Polizeidienst bestanden haben sollen. Zeugenvernehmungen beschränken sich oft auch weiterhin darauf, einfach nur möglichst oft die gleiche dumme Frage zu stellen, bis der Befragte entnervt aufgibt und den Ermittlern schließlich das erzählt, was sie hören wollen. Viel schlimmer ist jedoch, dass sich nahezu in der kompletten ersten Hälfte des Buches kaum jemand so richtig für den Fall zu interessieren scheint, weil die handelnden Figuren viel zu sehr mit ihren privaten Problemen beschäftigt sind, um sich überhaupt auf eine auch nur annähernd zielgerichtete Ermittlungsarbeit konzentrieren zu können. Auch in „Die Totentänzerin“ nerven Trojan und seine Partnerin, seine ehemalige Psychologin Jana Michels, nämlich wieder mit ihrem ewigen Beziehungs-Hin-und-Her und überhaupt scheint keiner der involvierten Charaktere ein geregeltes Privatleben auf die Reihe zu kommen, sodass dieser Buch oft eher an eine schlechte Seifenopfer erinnert, statt für spannenden Nervenkitzel zu sorgen.

Unglaubwürdige Charaktere, absurde Story

Zudem kommt wieder hinzu, dass die Figuren sich auch im dritten Anlauf teilweise völlig unglaubwürdig verhalten, wobei diesmal Trojans Chef Hilmar Landsberg den Vogel abschießt. Beispiel gefällig?

Spoiler
Zunächst vergisst der Leiter der Mordkommission (!) seine Dienstwaffe daheim und sorgt sich, dass seine psychisch labile Frau damit Unfug anstellen und sich möglicherweise selbst gefährden könne. Daraufhin bittet Landsberg seinen besten Mann Trojan um Mithilfe, damit dieser die Waffe bei einem Hausbesuch sicherstellt – Situation vorerst gerettet. Da der Kollege Landsberg bei der Verteilung der Intelligenz aber offenbar komplett leer ausgegangen ist, lässt dieser seine Pistole wenig später wieder unbeaufsichtigt in der Nähe seiner Frau liegen und wird daraufhin – Dummheit muss schließlich bestraft werden – bei einem Streit versehentlich angeschossen. Klingt schon ziemlich bescheuert? Wird aber noch absurder, weil Landsberg seine Inkompetenz natürlich vertuschen muss und nicht so einfach mit einer Schusswunde ins nächste Krankenhaus spazieren kann – folglich suchen Landsberg und Trojan mitten in Berlin einen Wunderheiler auf, der die Verletzung mit seinem Kräuter-Hokuspokus fürs erste verarztet.

Solche Szenen mögen vielleicht in einem selbstironischen Hollywood-Actionfilm ganz lustig sein, in einem Thriller mit Anspruch auf Glaubwürdigkeit wirken solche Passagen aber nicht nur völlig deplatziert, sondern auch absolut lächerlich.

Der schwächste Band einer nach wie vor mäßigen Thrillerreihe

Ähnlich haarsträubend ist dann auch der Rest der Geschichte konstruiert, wobei man Max Bentow zumindest zugute halten muss, dass diese nach der öden ersten Hälfte zum Ende hin immerhin ein wenig Fahrt aufnimmt und dann doch noch ein wenig Spannung aufkommt, auch wenn die Auflösung letztlich an den Haaren herbeigezogen ist. Somit konnte mich leider auch der dritte Band der Nils-Trojan-Reihe nicht überzeugen, ganz im Gegenteil: „Totentänzerin“ ist für mich mit der weitestgehend spannungsarmen und völlig absurden Story und den unglaubwürdigen Charakteren sogar der schwächste Teil, den leider auch Hörbuch-Sprecher Axel Milberg nicht wirklich retten kann. Mangelndes Engagement kann man dem Tatort-Kommissar zwar wahrlich nicht vorwerfen, allerdings trägt dessen oft viel zu theatralische Lesung nicht gerade dazu bei, der ohnehin schon realitätsfremden Geschichte mehr Glaubwürdigkeit zu verleihen. Dazu kommt noch ein ganz banales Ärgernis, denn wie schon in den Vorgängern verfällt Milberg ständig in einen leisen Flüsterton, sodass man mit einer Hand pausenlos den Lautstärkeregler bearbeitet, um schon bei leichten Nebengeräuschen nicht den Anschluss zu verpassen. Das ist zwar nur eine Kleinigkeit, passt aber irgendwie ins verkorkste Gesamtbild dieses enttäuschenden Thrillers.

Die Totentänzerin (Nils Trojan #3)
  • Autor:
  • Sprecher: Axel Milberg
  • Reihe: Nils Trojan #3
  • Länge: 9 Std. 12 Min. (ungekürzt)
  • Verlag: Der Hörverlag
  • Erscheinungsdatum: 15. Dezember 2014
  • Preis MP3-CD 6,99 €
Charaktere:
Story:
Atmosphäre:
Sprecher:
Gesamt:
5/10
Fazit:
Wenig Spannung, eine an den Haaren herbeigezogene Story, unglaubwürdige Charaktere und eine häufig gekünstelt wirkende Lesung – Max Bentows dritter Nils-Trojan-Thriller „Die Totentänzerin“ bleibt sogar noch hinter den durchwachsenen Vorgängerbänden zurück und kann auch in der anstrengenden Hörbuchfassung alles andere als überzeugen.

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Eine Anwort zu diesem Beitrag

  • Also nach diesem Band hatte ich die Serie komplett abgebrochen 😀
    War schon bei Bd 2 skeptisch gewesen, aber hier sorgte für das Ende -.-
    Da hab ich die Bücher lieber in die Hände anderer Lesewütiger gegeben .