Kurz vor Mitternacht erreicht DCI Eve Clay von der Liverpooler Merseyside Police während der Autofahrt die Nachricht, dass soeben ein dramatischer Notruf eines Mädchens bei der Zentrale eingegangen wäre, der auf ein regelrechtes Blutbad hindeute. Da Eve unmittelbar in der Nähe des betroffenen Hauses ist kommt sie nur wenige Minuten nach dem Anruf am Tatort an, doch da ist es für die dort wohnhafte Familie Patel bereits zu spät: Alle sechs Familienmitglieder – die Eltern, die Großmutter und die drei Töchter – wurden bestialisch ermordet, sodass sich Clay im Haus ein Bild des Grauens bietet. Die offenbar in einen wahren Blutrausch verfallenen Täter haben ihre Opfer brutal erschlagen, die Leichen auf seltsame Weise arrangiert und der Mutter sogar die Augäpfel entfernt. Zudem wurden mit dem Blut der Toten merkwürdige Symbole an die Wände des Hauses gemalt, die eine starke Ähnlichkeit zur Position der Leichen aufweisen. Für Eve ist der schreckliche Sechsfachmord besonders schockierend, da sich das Massaker in unmittelbarer Nähe ihres eigenen Hauses abgespielt hat. Als sich dann aber noch die Hinweise verdichten, dass ein von ihr vor Jahren überführter Serienkiller in die Tat verwickelt sein könnte, deutet vieles darauf hin, dass sie selbst eine zentrale Rolle in diesem Fall spielen könnte…
Ein Massaker in Liverpool als schockierender Auftakt einer neuen Thrillerreihe
In einer Zeit, in der sich Thrillerautoren mit immer schrecklicheren Grausamkeiten gegenseitig überbieten zu wollen scheinen und immer schlimmere Psychopathen auf die Leser losgelassen werden, muss man sich schon etwas Besonderes einfallen lassen, um aus der ungemeinen Masse an Titeln noch herausstechen zu wollen – das scheint sich auch der Brite Mark Roberts gedacht zu haben und fährt bei seinem neuen Thriller „Totenprediger“ gleich von Beginn an schwere Geschütze auf. Dabei scheint auch hier zunächst alles nach dem Motto „je grausamer, desto besser“ abzulaufen, denn Roberts schockt sein Publikum schon nach wenigen Seiten mit einem regelrechten Massaker an einer wehrlosen Familie, die mitten in der Nacht in ihrem eigenen Heim von offenbar mehreren Tätern brutal überfallen und in einem wahnsinnigen Blutrausch zu Tode geprügelt wurde. Dabei hält sich der Autor mit allzu expliziten Gewaltdarstellungen zwar zurück, trotzdem ist die Auslöschung einer gesamten Familie insbesondere aufgrund der drei kleinen Mädchen ein heftiger Schlag in die Magengrube, der auch die Protagonistin DCI Eve Clay, selbst Mutter eines kleinen Sohnes und in unmittelbarer Tatnähe des Blutbads wohnend, nicht kalt lässt. Mark Roberts legt also früh die Messlatte fest und gibt mit diesem schockierenden Auftakt einen passenden Vorgeschmack auf das, was die Leser im Verlauf der rund 365 Seiten noch erwarten wird.
Eine grandios verstörende Inszenierung mit Hang zur Theatralik
Ein richtig fieser Thriller braucht natürlich auch einen entsprechend furchteinflößenden Antagonisten, und auch hier hat der Autor einen Psychopathen erschaffen, der viele seiner „Kollegen“ regelrecht harmlos aussehen lässt – dabei sitzt Adrian White seit Jahren isoliert in der Zelle einer psychiatrischen Haftanstalt und eine mögliche Beteiligung an dem Massaker scheint somit eigentlich ausgeschlossen. Allerdings umgibt den „Totenprediger“, wie White während seiner damaligen Mordserie, die mindestens einem Dutzend Menschen das Leben gekostet hat, genannt wurde, eine beinahe schon göttliche Ausstrahlung, die dieser mit einem sehr eigenwilligen und prophetenhaften Auftreten auch bis zur Theatralik inszeniert, sodass man diesem nicht von dieser Welt scheinendem Wahnsinnigen alles zutraut. Apropos Theatralik: Mark Roberts legt über den gesamten Roman hinweg eine sehr bildhafte und symbolschwangere Sprache an den Tag und verfällt dabei hin und wieder in eine schon recht schwülstige Metaphorik, allerdings übt diese zum Teil etwas überspitzte Inszenierung aber auch genau die Wirkung aus, die sich der Autor erhofft hat, denn „Totenprediger“ fesselt mit einer enorm düsteren und stellenweise sogar fast schon apokalyptisch anmutenden Atmosphäre. So wirkt der Roman gerade zum Ende richtiggehend surreal und albtraumhaft und besitzt dadurch eine ungemeine Sogwirkung, die einen beim Lesen förmlich an die Seiten fesselt.
Ein schockierender Reihenauftakt mit ungemeiner Sogwirkung
Die zuweilen etwas exzessiv eingesetzte Symbolik wird sicherlich nicht jedermanns Sache sein und so mancher wird sich vermutlich auch aufgrund der bei gründlicherem Nachdenken schon etwas arg konstruiert erscheinenden Handlung an den Kopf fassen, gleichzeitig ist die Geschichte eben aber auch extrem spannend und verstörend und das Buch dadurch nur schwer aus der Hand zu legen. So ist „Totenprediger“ für mich insgesamt ein sehr guter und verheißungsvoller Start der neuen Reihe um die Liverpooler Ermittlerin Eve Clay und ich bin jetzt schon gespannt auf den nächsten Band, zumal Mark Roberts hier eine sehr spannende Protagonistin geschafft hat, deren persönliche Geschichte allem Anschein nach noch lange nicht zu Ende erzählt ist. Wer sich selbst zu den eher hartgesottenen Thrillerfans zählt und immer auf der Suche nach schockierender Lektüre ist, sollte sich diesen Roman jedenfalls unbedingt einmal näher anschauen!
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8/10
Woher hast du eigentlich von “Totenprediger” gehört? Es gibt fast keine Rezensionen bei Goodreads. oO Die Handlung klingt doch interessant, aber ich weiß nicht, ob ich die übertriebenen Symbolik und Metaphorik aushalten könnte.
Ich hab’s von ner Freundin, die beim Verlag arbeitet, als Rezensionsexemplar bekommen, sonst hätte ich vermutlich auch nichts davon gehört 😀
Mit der Symbolik ist das auch nicht so schlimm, es wirkt halt manchmal nur ein wenig schwülstig wenn ständig von der „roten Wolke“ und dem „Fluss voller Blut“ etc. geredet wird 😀
Hallo Sebastian!
Ich hab deine Rezension zu diesem Thrillerschocker vor ein paar Tagen gelesen und sofort notiert: Das muss ich lesen! Ich hab nämlich von dem Thriller zuvor auch gar nichts mitbekommen, dabei klingt er ganz nach meinem Geschmack. Besonders auf den Antagonisten bin ich gespannt und hoffe jetzt nur, dass ich die „symbolschwangere“ Sprache ertrage :-).
Jetzt bin ich gespannt, ob es mir auch so gut gefällt wie dir! Er liegt nämlich – dank dir – schon hier lesebereit ;-).
Liebe Grüße, Iris
Oh, das macht mich jetzt ein bisschen nervös, ich hoffe du wirst von dem Buch nicht enttäuscht! 😀
Ich denke du wirst schnell merken was ich mit der etwas übertriebenen Metaphorik meine, aber mich hat es nicht wirklich gestört dass da manchmal ein wenig dick aufgetragen wurde – im Gegenteil, dadurch fand ich es sogar noch dramatischer, aber das ist eben schon ein bisschen Geschmacksache ^^
Ich wünsche dir auf jeden Fall viel Spaß mit dem Buch! 😉