Auch mit ihren inzwischen 25 Jahren hat Celia West es immer noch nicht geschafft, aus dem Schatten ihrer Eltern hinauszutreten – allerdings hat es die junge Frau auch nicht leicht, schließlich zählen Warren und Suzanne West nicht nur zu den einflussreichsten Geschäftsleuten in Commerce City, sondern sind als „Captain Olympus“ und „Spark“ auch die berühmtesten Superhelden der Stadt und Anführer der Heldentruppe „The Olympiad“, die mit ihren übernatürlichen Fähigkeiten für Recht und Ordnung sorgt. Bis in Celias Gene sind diese Superkräfte allerdings nicht vorgedrungen, sodass sie es in ihrem noch jungen Leben bisher nur zu einer gewöhnlichen Buchhalterin gebracht hat und die hohe Erwartungshaltung ihrer Eltern nie erfüllen konnte – eine Enttäuschung, mit der Celia fast an jedem Tag ihres Lebens konfrontiert wird. Als dann aber dem Erzfeind ihrer Eltern, dem gefürchteten „Destructor“, wegen Betrug, Insiderhandel und Steuerverbrechen nach vielen Jahren des Terrors endlich doch der Prozess gemacht werden kann, scheint Celias Stunde gekommen zu sein, denn sie darf der Staatsanwaltschaft bei den Ermittlungen helfen. Doch das Verfahren gegen den Destructor bringt auch ein dunkles Geheimnis ihrer Vergangenheit zutage, das die Öffentlichkeit nie hätte erfahren sollen…
Das harte Leben als Tochter zweier Superhelden
Geschichten um Menschen mit Superkräften gibt es wie Sand am Meer, doch wie ist das eigentlich, wenn man das Kind zweier gefeierter Superhelden ist, ohne jedoch selbst ähnlich außergewöhnliche Fähigkeiten in die Wiege gelegt bekommen zu haben? Geht es nach Celia West, der Tochter von Warren a.k.a. „Captain Olympus“ und Suzanne a.k.a. „Spark“, den beiden größten Helden in Commerce City, hätte sie auf dieses Schicksal sicherlich gerne verzichten können, denn für sie selbst bedeutet der Ruhm ihrer Eltern seit jeher nichts als Ärger. Während die sich ständig wiederholenden Fragen nach dem Aufwachsen mit zwei Superhelden-Eltern noch zu den halbwegs erträglichen Folgen zählen und die inzwischen beinahe zum Alltag gewordenen Entführungen durch ambitionierte Möchtegern-Schurken, welche die Anführer der „Olympiad“-Heldenriege damit herausfordern wollen, für Celia fast schon zur Routine geworden sind, so schmerzt das permanente Gefühl des Versagens hingegen doch sehr – wann immer Celia ihren mächtigen Eltern gegenübertritt, glaubt sie in ihren Augen die Enttäuschung über ihre gewöhnliche Tochter zu erblicken. Und genau diese ernüchternde und zuweilen fast schon tragische Perspektive ist es, die Carrie Vaughns Roman „After the Golden Age“ von den vielen anderen Superhelden-Geschichten wohltuend abhebt.
Wenig glamouröse Coming-of-Age-Story statt spektakulärer Superhelden-Action
Allerdings ist dieser originelle und interessante Ansatz, das übliche Superheldentum einmal aus einer ganz anderen und wenig glamourösen Sichtweise zu zeigen, zugleich auch ein wenig der Schwachpunkt des Buches, zumindest was die erste Hälfte der Handlung betrifft. Denn während es in den meisten Geschichten dieses Subgenres (z.B. Brandon Sandersons „Steelheart“) von der ersten Seite an zur Sache geht und sich Helden und Schurken oft gleich mal einen epischen Kampf auf dem Boden und in der Luft liefern, muss man auf richtige Superhelden-Action in Carrie Vaughns Story weitestgehend verzichten, denn gerade zu Beginn ist „After the Golden Age“ eher eine häufig rückblickend erzählte Coming-of-Age-Geschichte, die von Celia Wests Kindheit und Jugend im Schatten ihrer berühmten Eltern erzählt und sich dazwischen ihren aufgrund ihres persönlichen Hintergrundes zwar ungewöhnlichen, aber wenig spektakulären Alltagsproblemen widmet. So braucht die Handlung nicht nur eine ganze Weile, um in die Gänge zu kommen, der Kern der Geschichte bleibt zudem auch fast bis zur Mitte des Buches unklar, sodass der Story anfangs ein wenig der rote Faden fehlt.
Eine insgesamt solide Superhelden-Action mit interessantem Ansatz
Dieses Problem bekommt Vaughn dann aber zunehmend besser in den Griff, weil die Geschichte anschließend deutlich mehr Struktur bekommt und dabei auch ein durchaus solides Spannungsniveau erreicht. Zwar bewegt sich die Autorin dabei weitestgehend auf sicherem Terrain und zieht ihr Handlungskonstrukt recht geradlinig und ohne große Überraschungen auf, da die Protagonistin in der zweiten Hälfte aber merklich aktiver werden darf und nicht nur über ihr schwieriges Leben jammert, sondern endlich auch mal eigene Ambitionen zeigt, wird das Geschehen insgesamt jedoch um einiges unterhaltsamer als zuvor. Zwar bleiben die Nebenfiguren und ihre Superkräfte bis zum Schluss ein wenig blass und auf das zwar nicht extrem störende, aber doch irgendwie überflüssige Liebesdreieck hätte man auch verzichten können, Carrie Vaughn gelingt aber dennoch ein versöhnlicher Abschluss der Geschichte. So ist „After the Golden Age“ letztlich ein solider Superhelden-Roman mit einem originellen Ansatz, aber einer nicht ganz ausgereiften Story, deren gute zweite Hälfte aber doch Lust auf den Nachfolgeband „Dreams of the Golden Age“ macht.
Cover: | |
Charaktere: | |
Story: | |
Atmosphäre: |
7/10