Galveston_Rezi

Roy Cady hat in seinem wechselhaften Leben schon einige tiefe Täler durchschritten, mit knapp über 40 Jahren scheint der Auftragskiller aber nun endgültig am Tiefpunkt seines Lebens angekommen zu sein – und zugleich auch fast am Ende, denn eben erst hat Roy erfahren dass er unheilbar an Lungenkrebs erkrankt ist und nicht mehr allzu lange auf dieser Erde wandeln wird. Zu allem Überfluss hat seine Gelegenheitsfreundin sich seinem Chef zugewandt und der Syndikatsboss scheint überdies fest entschlossen, sich des lästigen Konkurrenten schnellstmöglich entledigen zu wollen, denn anders ist es kaum zu erklären dass Roy für einen angeblich friedlichen Auftrag ohne Waffen zu einem Treffen geschickt wird – das sich umgehend als tödlicher Hinterhalt entpuppt. Da hat der Verbrecherboss die Rechnung aber ohne Roy Cady gemacht, der mit seiner langjährigen Erfahrung die Falle rechtzeitig ahnt und knapp mit dem Leben davonkommt – allerdings mit unliebsamer Begleitung und nun nicht nur von seinem Chef, sondern auch von der Polizei verfolgt…

Das Romandebüt des Schöpfers der erfolgreichen HBO-Serie „True Detective“

Als Romanautor ist Nic Pizzolatto vielleicht noch ein unbeschriebenes Blatt, trotzdem hat der Amerikaner mit seinem Schaffen bereits für Aufsehen gesorgt: Von ihm stammt nämlich die Idee zur US-Serie „True Detective“, die in diesem Jahr mit den Hollywoodstars Matthew McConaughey und Woody Harrelson in den Hauptrollen sehr erfolgreich beim Sender HBO gelaufen ist. Dementsprechend hoch waren dann auch meine Erwartungen an Pizzolattos Debütroman „Galveston“, dessen Geschichte zwar nicht unglaublich originell, aber zumindest ziemlich ereignisreich startet: Denn gerade erst hat Roy Cady von seiner tödlichen Lungenkrebserkrankung erfahren, da kommt der Tod beinahe schon schneller als es der Syndikatsschläger selbst für möglich gehalten hätte – und dann auch noch durch einen Hinterhalt aus den eigenen Reihen. Während sein ganzes Leben um ihn herum zusammenbricht und ihm Freundin und Chef hinterhältig in den Rücken fallen, kann sich Roy aber immerhin noch auf sich und seinen Instinkt verlassen: Cady überlebt den Kugelhagel, hat aber fortan ein lästiges Anhängsel in Form der 18-jährigen Prostituierten Rocky am Bein – als ob ein Verbrechersyndikat und die Polizei an den Hacken nicht schon nervig genug wären…

Ein Blick hinter die harte Schale eines desillusionierten Auftragskillers

Nic Pizzolatto hat mit seinem Protagonisten zwar das Rad nicht neu erfunden und auch die Kombination aus rustikalem Auftragskiller und jungen und schutzbedürftigem Mädchen hat man in dieser Form schon in so einigen Filmen gesehen, trotzdem beginnt „Galveston“ ohne Frage unterhaltsam. Und auch wenn Roy Cady mit seiner skrupellosen Profession, dem groben Auftreten und der oft derben Sprache nicht gerade wie der typische Sympathieträger daherkommt, so verbündet man sich letztlich doch recht schnell mit dem rauhen Kerl, der es plötzlich von allen Seiten abbekommt und der hinter seiner harten Schale vielleicht doch gar nicht so eiskalt ist wie es zu Beginn noch den Anschein hatte – obwohl man solch einen Verlauf angesichts der Figurenkonstellation Roy/Rocky bereits früh erahnen kann. Und auch wenn das vielleicht ein wenig vorhersehbar ist: über zu wenig Ecken und Kanten kann man sich bei Roy Cady sicherlich nicht beschweren.

Flacht nach gutem Beginn zu sehr ab

Anlass zur Kritik hingegen bietet vielmehr die Handlung selbst, die – und genau darin besteht das große Problem von „Galveston“ – oft gar nicht als solche erkennbar ist. Nach dem ereignisreichen und dramatischen Auftakt tritt der Roman nämlich lange Zeit auf der Stelle. Wirklich langweilig ist diese Phase zwar auch nicht, man kommt nach einer gewissen Weile aber nicht umher zu fragen, was der Autor mit seinem Buch eigentlich aussagen und welche Geschichte er erzählen möchte. So plätschert „Galveston“ ohne große Highlights vor sich hin und immer mehr dem Ende entgegen, ohne dass großartig etwas von Relevanz passieren oder die Charaktere eine merkliche Entwicklung durchlaufen würden. Wer den Tiefgang und die Atmosphäre eines „True Detective“ erwartet, ist davon mit diesem Werk leider ziemlich weit entfernt – gerade im direkten Vergleich wirkt „Galveston“ häufig ein wenig plump, auch was den Schreibstil und manche Dialoge betrifft. Einen besseren Eindruck macht da schon Hörbuchsprecher Walter Kreye, der zwar hin und wieder etwas alt für einen Charakter von rund 40 Jahren klingt, dessen Besetzung durch die immer wieder rückblickend gewählte Erzählperspektive dann aber doch nicht so unpassend ist. Allerdings kann auch Kreye mit seiner zurückhaltenden und zur trüben Stimmung der Hauptfigur bestens passenden Lesung nicht darüber hinwegtäuschen, dass dieser als Hardboiled-Krimi vermarktete Roman inhaltlich eher dünn daherkommt – echte Spannung sucht man die meiste Zeit über vergeblich und für ein Noir-Drama fehlt es „Galveston“ schlicht und einfach an Tiefgang.

Vielen Dank an Der Audio Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares!

Galveston
  • Autor:
  • Sprecher: Walter Kreye
  • Original Titel: Galveston
  • Länge: 8 Std. 6 Min. (ungekürzt)
  • Verlag: Der Audio Verlag
  • Erscheinungsdatum: 1. September 2014
  • Preis Audio-CD 19,99 €/Download 13,95 €
Charaktere:
Story:
Atmosphäre:
Sprecher:
Gesamt:
6/10
Fazit:

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