Anna dressed in blood_Rezi

Während andere Jugendliche seines Alters ihre Freizeit auf Partys verbringen und sorglos weitere Annehmlichkeiten ihrer Jugend genießen, spielen für Cas Lockwood weder Freunde noch Schule wirklich eine Rolle in seinem Leben. Dafür hält er sich ohnehin immer viel zu kurz am gleichen Ort auf, denn seit dem Tod seines Vaters ist Cas in dessen Fußstapfen getreten und zieht mit seiner Mutter durch das Land, um als Geisterjäger die ruhelosen Seelen Verstorbener von ihrem traurigen Dasein zu erlösen und ihrem für die Lebenden meist äußerst gefährlichen Spuk ein Ende zu bereiten. Mit seinen erst 17 Jahren hat Cas nun schon einige Erfahrungen in seinem ungewöhnlichen Handwerk gesammelt, doch sein aktueller Fall stellt ihn vor eine ganz besondere Herausforderung: In einer kanadischen Kleinstadt will er der Legende um Anna Karlov nachgehen, die in den 1950er Jahren brutal ermordet wurde und deren Geist seitdem bereits zahlreiche Todesopfer gefordert hat. Und Anna ist mit Abstand die gefährlichste Seele, der Cas sich als Geisterjäger entgegengestellt hat…

Aus dem Alltag eines jugendlichen Geisterjägers

Halloween steht vor der Tür und damit wird es natürlich auch Zeit für eine entsprechend unheimliche Lektüre. Gute Voraussetzungen für spannende und gruselige Oktoberabende bringt hier Kendare Blakes „Anna Dressed in Blood“ mit: ein Geisterjäger als Protagonist, düstere Legenden über die Seelen Verstorbener, die ihr Umfeld heimsuchen, und blutige Aufeinandertreffen zwischen Lebenden und Untoten – einen guten Vorgeschmack auf die Geschichte liefert bereits das erste Kapitel, das die Hauptfigur bei einem seiner nächtlichen Einsätze begleitet und gleich mal dem ersten mordlüsternen Geist einen Strich durch die Rechnung macht. Hier verschwendet die Autorin keine Zeit für lange Einleitungen, sondern wirft ihre Leser direkt mitten ins Geschehen. Zugleich bietet der Auftakt eine gute Gelegenheit, sich mit dem doch ein wenig ungewöhnlichen Helden anzufreunden, denn so viele 17-jährige Geisterjäger, die mit ihrer Kräuterhexen-Mutter Jagd auf rastlose Seelen machen, trifft man in Horrorgeschichten schließlich auch nicht.

Morgens High School, abends Spukhaus-Horror

Nach dem ersten Actionhöhepunkt zu Beginn geht es dann ein wenig gemächlicher weiter. Cas peilt nach erledigtem Auftrag unmittelbar den nächsten Punkt auf der Geister-Landkarte an, womit für ihn dann auch wieder die Eingewöhnung in einem neuen Umfeld auf dem Plan steht – ein Unterfangen, das der Junge sehr nüchtern und mit kühler Routine angeht: nur keine engen sozialen Bindungen aufbauen und so schnell wie möglich Informationen über sein neues Zielobjekt zu Tage fördern. Dass der mit dem vollen Namen Theseus Cassio Lockwood geplagte Protagonist dabei gleich von Null auf Hundert zum neuen Liebling an der Schule wird und sich ihm gleich die High-School-Schönheit nur allzu bereitwillig an den Hals schmeißt, ist sicherlich arg dick aufgetragen, hat aber den Vorteil dass die Geschichte in dieser Phase zügig vorankommt und sich Kendare Blake schnell auf die eigentliche Geistergeschichte konzentrieren kann. Diese hat es durchaus in sich, denn die titelgebende untote Gegenspielerin Anna kommt nicht nur mit dem reißerischem Beinamen „Anna Dressed in Blood“ und entsprechendem optischen Auftritt daher, sondern wird ihrem berüchtigten Ruf auch schnell gerecht – wer die Befürchtung hatte, dass man es hier mit einer weichgespülten Teenie-Geister-Romanze zu tun bekommt, kann sich in dieser Hinsicht recht früh entspannen.

Atmosphärische, aber nicht übermäßig unheimliche Geistergeschichte

Was die Story betrifft, so ist „Anna Dressed in Blood“ zwar alles andere als unvorhersehbar, die Geisterjagd wird aber unterhaltsam und teilweise sogar durchaus actionreich und blutrünstig erzählt. Zudem motiviert das düstere Geheimnis um Annas Schicksal zum Weiterlesen und bringt hin und wieder auch ein wenig Tragik in die Geschichte. Die jungen Geisterjäger und ihre Unterstützer sind durchweg sympathisch und kommen in Teilen auch mit einigen schrulligen Eigenheiten daher, auch wenn Cas als Protagonist wie schon erwähnt vielleicht ein bisschen zu glatt geraten ist – da ist sein unsicherer und häufig etwas ungeschickter Nerd-Sidekick Thomas deutlich interessanter. Erfreulich war für mich auch, dass die zu erwartende Lovestory nicht zu sehr in den Vordergrund gestellt wird, was auch deshalb von Vorteil ist, weil diese doch eher ein wenig unglaubwürdig daherkommt. Und dass der Roman trotz gelegentlicher blutiger Details im Allgemeinen auch nicht übermäßig gruselig geraten ist, ist angesichts der jugendlichen Zielgruppe auch völlig in Ordnung. Wer für die Halloween-Saison also noch eine atmosphärische und spannende Geistergeschichte sucht, der ist mit „Anna Dressed in Blood“ von Kendare Blake sicherlich gut aufgehoben. Da die Geschichte in sich abgeschlossen ist, ist man im Übrigen auch nicht zwangsläufig auf die Fortsetzung „Girl of Nightmares“ angewiesen…

Anna Dressed in Blood
  • Autor:
  • Deutscher Titel: Anna im blutroten Kleid
  • Reihe: Anna #1
  • Umfang: 387 Seiten
  • Verlag: Orchard Books
  • Erscheinungsdatum: 5. Juli 2012
  • Preis Geb. Ausgabe 12,30 €/eBook 1,82 €
Cover:
Charaktere:
Story:
Atmosphäre:
Gesamt:
7/10
Fazit:
Kendare Blake liefert mit „Anna Dressed in Blood“ eine spannende und kurzweilige Geisterjäger-Story mit sympathischen Charakteren und schauriger Atmosphäre, die trotz mancher blutiger Szenen auch für eher schreckhafte Gemüter geeignet ist.

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