Dorothy_Must_Die_Rezi

Die 16-jährige Amy Gumm steht nicht unbedingt auf der Sonnenseite des Lebens: Ihre Mutter lässt sich seit der Trennung von Amys Vater völlig gehen und zwingt ihre Tochter dadurch zu einem öden Leben in einem heruntergekommenen Wohnwagen – womit das Mädchen in der Schule gnadenlos als Außenseiterin gebrandmarkt wird. Nach einem neuerlicher Mobbing-Attacke wird Amy sogar zu Unrecht von der Schule beurlaubt und muss sich zuhause dann auch noch die Vorwürfe ihrer unfähigen Mutter gefallen lassen. Passend zu Amys düsterer Gemütslage zieht dann plötzlich ein Unwetter auf, dass schnell zu einem wahren Wirbelsturm heranreift. Die 16-Jährige ist der Witterung schutzlos ausgeliefert und wird mitsamt Wohnwagen vom Tornado erfasst – und landet in Oz, einem Land, das Amy bisher nur aus Büchern kannte. Allerdings hat das Oz, das sich dem Mädchen bietet, nicht mehr viel mit dem Wunderland aus den Geschichten gemeinsam. Schuld daran ist Dorothy, die sich nach ihrer Rückkehr zu einer unerbittlichen Herrscherin aufgeschwungen hat und mit eiserner Hand regiert – und nur Amy Gunn kann Oz zurück zur alten Herrlichkeit führen…

Danielle Paiges Neu-Interpretation des Klassikers von L. Frank Baum

„Dorothy Must Die“ von Danielle Paige zählte zu den Büchern, auf die ich mich im Jahr 2014 am meisten gefreut und das ich dementsprechend auch vorbestellt habe – von dem Rummel um James Frey’s Book-Packaging-Company „Full Fathom Five“ und deren zweifelhafte Methoden habe ich erst im Nachhinein erfahren. Da lag das Buch aber schon auf meinem Tisch und wenn es schon einmal da ist, wird es natürlich auch gelesen – wenngleich mich bei der Lektüre stets ein etwas fader Beigeschmack begleitet hat. Allerdings soll es hier nun rein um den Inhalt des Buches geben, und da hat Danielle Paige mit ihrer Prequel-Novelle „No Place Like Oz“ im Vorfeld bereits recht gelungen die Verbindung von L. Frank Baums Klassiker „The Wizard of Oz“ geschafft und die Bühne für den Auftritt ihrer Heldin Amy Gumm bereitet. Diese wirkt von Beginn an wie eine „moderne“ Version von Baums Ur-Dorothy und gewinnt auf den ersten Seiten schnell die Sympathien der Leser: Amy erhält als „Salvation Amy“ und „Trailer Trash“ nicht nur schnell den Außenseiter-Bonus, sondern punktet auch mit ihrem bissigen Auftreten gegenüber den mobbenden Schulschönheiten ihrer Highschool – auch wenn sie das nur noch mehr in Schwierigkeiten bringt. Beste Voraussetzungen, um auch das seit der Originalstory deutlich düsterer gewordenen Land Oz ordentlich aufzumischen – zumindest in der Theorie.

Vielversprechende Ausgangsidee, ernüchternde Umsetzung

In der Praxis fällt das Ganze jedoch etwas ernüchternd aus, denn nach der wenig originellen Reise Amys nach Oz (schon wieder ein Wirbelsturm…) und dem anfänglichen Schock über den von der machtbesessenen Dorothy ausgeübten Terror und dem damit verbundenen Niedergang Oz‘ ebbt die Begeisterung leider schnell ab. Bevor Amy nämlich ihre ihr zugeteilte Rolle als Befreierin der unterdrückten Bewohner des Landes einnehmen kann, hat der „Revolutionary Order of the Wicked“ (der von den vermeintlich bösen Hexen angezettelte Widerstand gegen Dorothy), erst einmal ein intensives Vorbereitungsprogramm zwischen die 16-jährige und das Erfüllen ihrer Mission gestellt – und das ist für die Leser leider ziemlich langweilig, denn neben einem kleinen Crashkurs in Magie besteht dieses vor allem aus dem Beibringen von Tischmanieren und sittlichem Verhalten, sodass sich Amy im Umfeld Dorothys bewegen kann, ohne durch ungebührliche Aktionen aufzufallen. „Aufgepeppt“ wird das ganze von Danielle Paige noch mit der unvermeidbaren Romanze, die jedoch durchgängig völlig aufgesetzt und mehr wie ein unliebsames Pflicht-Element wirkt – da kann man sie auch ganz weglassen.

Erfüllt die hohen Erwartungen leider nicht

Ein weiteres Problem ist auch, dass die Wandlung von Oz von dem magischen Paradies zum Ort des Schreckens nicht besonders gut dargestellt wird, vor allem wenn man die eBook-Vorgeschichte „No Place Like Oz“ nicht gelesen hat. Doch selbst mit diesen Kenntnissen hätte man sich mehr Erklärungen gewünscht, wie aus der egoistischen Dorothy am Ende der Novelle letztlich die skrupellose Tyrannin geworden ist – die nebenbei bemerkt als Widersacherin wie fast alle Charaktere relativ blass bleibt. Der größte Witz ist aber die eigentliche Story, denn wer von der Beschreibung auf der Buchrückseite – Amys titelgebender Mission – auf eine actionreiche und böse Geschichte hofft, wird enttäuscht. Nach einem öden Mittelteil und einem etwas besseren Schlussdrittel steht man 10 Seiten vor Ende des Buches genau an der Stelle, die eigentlich die Ausgangssituation von „Dorothy Must Die“ hätte sein sollen. Von den vier Punkten auf Amys To-Do-Liste wird am völlig überstürzten Schluss hastig noch ein Punkt abgearbeitet, damit die Leser nicht völlig enttäuscht aufschreien – den Rest gibt es dann in den Folgebänden, denn „Dorothy Must Die“ ist KEIN EIGENSTÄNDIGER ROMAN. Dies wird vom Verlag meiner Meinung nach ziemlich dürftig kommuniziert (nämlich gar nicht) und hat mich am Ende überrascht und entrüstet zurückgelassen. Danielle Paiges Roman ist trotz aller Schwächen gewiss kein schlechtes Buch – aber ich bin mir noch nicht sicher ob das bisher Abgelieferte reicht, um in mir auch den Wunsch nach den weiteren Teilen zu wecken. Zurzeit eher nicht, zumal die Geschichte für meinen Geschmack insgesamt auch nicht düster genug war…

Dorothy Must Die
  • Autor:
  • Reihe: Dorothy Must Die #1
  • Umfang: 452 Seiten
  • Verlag: HarperCollins
  • Erscheinungsdatum: 1. April 2014
  • Preis Geb. Ausgabe 12,91 €/PB 8,30 €/eBook 5,14 €
Cover:
Charaktere:
Story:
Atmosphäre:
Gesamt:
6/10
Fazit:
Passable Neuinterpretation des Oz-Klassikers, der die hohen Erwartungen mit der sehr langatmigen Story und den eher farblosen Charakteren leider nicht erfüllen kann.

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4 Antworten zu diesem Beitrag

  • „auf eine actionreiche und böse Geschichte hofft, “ darauf hätte ich jetzt gehofft 😀
    Und wenn sie dir schon nicht düster genug war – mmh, dann vllt doch nicht.
    Schade, denn solche Adaptionen les ich recht gerne in letzter Zeit.

    • Es kann aber auch sein, dass ich DMD vielleicht etwas zu sehr aus der Erwachsenen-Perspektive beurteile. Es gibt schon die ein oder andere etwas heftigere Szene, aber für meinen Geschmack hätte man Dorothy einfach noch viel bösartiger und manipulativer machen können – auch ohne eine zu drastische Gewaltdarstellung…

  • mhhh das hatte ich ja auch lange auf meiner Wunschliste, aber ich bin mir nicht so sicher, ob ich das jetzt noch lesen soll…so richtig begeistert ist ja irgendwie keiner (zumindest nicht den Leuten, denen ich traue hahah). Und dann nochmal ne neue Serie anfangen :/ neee…

    • Ich bin da auch wirklich schwer am überlegen ob ich die Reihe noch fortsetze (ich wusste ja nicht mal dass das überhaupt eine ist xD)

      Irgendwie ist man nach dem Buch genauso schlau wie nach dem Lesen des Klappentextes und ich habe das Gefühl das kann sich noch ewig hinziehen…