Autor: Jack Kilborn
Umfang: 400 Seiten
Verlag: Heyne
Erscheinungsdatum: 21. Dezember 2010
Klappentext:
Haben Sie Angst? Sie haben nicht genug…
Als ein schwarzer Militärhubschrauber in der Nähe von Safe Haven, Wisconsin, niedergeht, einem kleinen Provinznest, ahnt noch keiner der Bewohner das drohende Unheil. Denn die fünf Gefangenen, die nach der Bruchlandung entkommen, sind die grausamsten Massenmörder der Vereinigten Staaten – und sie sind auf dem direkten Weg nach Safe Haven. Ein beispielloses Blutbad beginnt…
Zum Roman:
Das kleine amerikanische Städtchen Safe Haven im US-Bundesstaat Wisconsin befindet sich überwiegend im Tiefschlaf, als der Rentner Sal Morton beim nächtlichen Angeln einen Helikopter beobachtet, der nur Sekunden später explodiert. Da die Absturzstelle unweit seines Hauses liegt, macht sich Sal sofort auf den Heimweg, um bei seiner Frau nach dem Rechten zu sehen. Doch kaum ist er in Hörweite des einsam gelegenen Häuschens, hört er bereits die grauenvolle Schreie seiner geliebten Maggie. Als er das Gebäude betritt, findet er dort ein Bild des Schreckens vor. Sals Frau liegt ausgeweidet aber noch lebend in ihrem gemeinsamen Bett und Maggies Peiniger wartet dort schon auf ihn…
Sheriff Arnold Streng wird wenig später von Feuerwehrmann Josh VanCamp angerufen und über den Absturz in Kenntnis gesetzt. Unvermittelt macht er sich auf den Weg nach Safe Haven und landet mitten in einem Albtraum. Die beiden Hubschrauberpiloten wurden enthauptet im Wrack aufgefunden und eine kleine Gruppe von Männern macht nun offenbar Jagd auf die Dorfbewohner. Diese entpuppen sich als eiskalte Tötungsmaschinen, die allem Anschein nach von der US-Regierung selbst ausgesendet wurde. Die sogenannten Red-Ops, eine streng geheime Militäreinheit bestehend aus verurteilten Mördern, werden normalerweise im Krieg eingesetzt um im Gebiet des Feindes unschuldige Einheimische zu ermorden und damit die Moral des Gegners zu schwächen. Doch handelt es sich bei diesem Absturz wirklich um einen Zufall oder wurden die Killer bewusst auf Safe Haven losgelassen? Das würde zumindest erklären, warum die Red-Ops wie besessen den Bruder von Sheriff Streng suchen…
„Safe Haven“ – alleine der Name des Schauplatzes von Jack Kilborns Horror-Thriller „Angst“ ist schon reine Ironie, denn mit Sicherheit hat das kleine Städtchen nach dem Hubschrauberabsturz überhaupt nichts mehr zu tun. Das macht der Autor bereits auf den ersten Seiten deutlich, als das Rentner-Ehepaar Morton auf bestialische Weise ermordet wird. Diese bleiben jedoch bei weitem nicht die einzigen Opfer der Mörder, fast im Minutentakt müssen zu Beginn der Handlung die Dorfbewohner ihr Leben lassen. Über die wahre Identität der Mörder lässt Kilborn die Leser zunächst noch im Ungewissen, sodass man sich wie Sheriff Streng & Co. erschüttert fragt, welches Unheil hier über Safe Haven hereinbricht.
Doch nicht alle Einheimischen ergeben sich wehrlos ihrem Schicksal. Neben Sheriff Streng und Feuerwehrmann Josh leistet auch die Kellnerin Fran heftigen Widerstand, zumal die Red-Ops den Sohn der alleinerziehenden Mutter in ihre Gewalt gebracht haben. Fortan entwickelt sich ein rassiges Katz-und-Maus-Spiel durch die dunklen Wälder Wisconsins, welches sich neben einem sehr hohen Erzähltempo vor allem durch die extreme Gewalt auszeichnet. Schließlich zählen die entlaufenen Killer zu den schlimmsten Massenmördern der USA, und diesem Ruf werden diese auch mehr als gerecht. Menschenfresser, Psychopathen, Vergewaltiger, Serienkiller – bei den Red-Ops ist jede Form menschlichen Abschaums vertreten. So wird dann auch munter gemetzelt, gefoltert und verstümmelt – wer schon mal ein Buch von Jack Ketchum oder Richard Laymon gelesen hat wird sich hier schnell „heimisch“ fühlen.
Auf eine logische Geschichte legt Kilborn nicht wirklich viel Wert. Eine Gruppe Psychopathen im Einsatz der US-Regierung, noch dazu genetisch manipuliert und mit einem Computerchip im Kopf ausgestattet, auf dem die Mission der Einheit vorprogrammiert wurde – wer einen realistischen Thriller erwartet ist hier definitiv falsch. Zudem sind die Red-Ops natürlich unverwundbar und überstehen selbst Kopfschüsse wie durch ein Wunder unverletzt, weil sie ja selbstverständlich mit der neuesten Technologie ausgestattet wurden wie z.B. einer ultraleichten und flexiblen aber gleichzeitig extrem robusten Schutzhülle. Fraglich ist überdies, warum auf der einen Seite die US-Army dem Killerkommando völlig hilflos gegenübersteht, gleichzeitig aber ein Beinahe-Rentner, ein Feuerwehrmann, eine Hausfrau und ein Zehnjähriger mehrfach die Auseinandersetzung mit den Red-Ops für sich entscheiden. Ebenso absurd ist auch, wie das gesamte Dorf mitten in der Nacht (!!!) zusammengetrommelt wird, weil es angeblich bei einer Städtelotterie gewonnen hat und sich nun jeder Einwohner in der örtlichen Schule seinen Gewinn abholen darf. Das stellt offenbar überhaupt niemand in Frage, sodass sich fast alle knapp tausend Bewohner an diesem Ort versammeln, nur um dort einer nach dem anderen auf der Suche nach dem Bruder des Sheriffs verhört und anschließend „entsorgt“ zu werden.
Überraschenderweise hat mich diese überwiegend hanebüchene Story jedoch so gut wie gar nicht gestört, denn Jack Kilborns „Angst“ ist vor allem eines: verflucht spannend. Allen Ungereimtheiten zum Trotz funktioniert der Spannungsaufbau hervorragend und sorgt wie der Buchtitel schon verspricht für blankes Entsetzen. Die Geschichte ist temporeich, mit überraschenden Wendungen und über allem schwebt immer die Frage, was der zurückgezogen lebende Bruder von Sheriff Streng mit dem Massaker zu tun hat. Dies wird dann auch in einem furiosen Finale standesgemäß beantwortet. Gerade auf den letzten Seiten überschlagen sich förmlich die Ereignisse, sodass ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen konnte.
Mein Fazit:
Eine Warnung gleich vorweg: Jack Kilborns „Angst“ ist nichts für Menschen mit schwachen Nerven oder zartbesaitete Gemüter. Hier geht es wirklich von Beginn an kompromisslos und brutal zur Sache und die Anzahl der Toten nimmt am Ende des Romans unfassbare Ausmaße an. Die Story ist zudem sowas von hirnrissig und fast schon bescheuert, dass Logikfetischisten vermutlich das Buch am liebsten zerreißen würden. Trotzdem hat „Angst“ auf gewisse Weise den Charme eines B-Movies. Wer die Handlung nicht allzu ernst nimmt und sich mit computerprogrammierten Killern abfinden kann, kommt hier spannungstechnisch voll auf seine Kosten. So schwachsinnig die Geschichte auch sein mag, so ist sie doch fesselnd, abwechslungsreich und mitreißend. Die Widerständler unter den Dorfbewohnern funktionieren auch ausreichend als Identifikationsfiguren, sodass man gut mit ihnen mitfiebern kann. Wer den Werken von Richard Laymon und Jack Ketchum etwas abgewinnen kann, dürfte auch hier voll auf seine Kosten kommen, denn „Angst“ ist wirklich ein packender Horror-Thriller.
Meine Wertung: 8/10
Informationen:
„Angst“ von Jack Kilborn ist im Heyne Verlag erschienen und hat einen Umfang von 400 Seiten. Das Buch ist für 8,99 € als Taschenbuch erhältlich. Weitere Infos gibt es auf der Verlags-Homepage.
Pings:-
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