Autor: Jack Ketchum
Sprecher: Uve Teschner
Länge: 6 Std. 31 Min. (ungekürzt)

Inhaltsbeschreibung von audible.de:
Maine 1981. Drei junge Paare wollen eine Urlaubswoche in einem abgelegenen Ferienhaus an der Ostküste verbringen. Was sie nicht wissen: Die Gegend wird von einer Gruppe verwahrloster, unter primitivsten Bedingungen lebender Kannibalen heimgesucht. Von jeglicher Zivilisation abgeschottet, betrachten sie Urlauber und Fischer als Beute. Bald bemerken sie die Neuankömmlinge und die Jagd beginnt…

Zum Hörbuch:
Die von ihrem beruflichen Alltagsstress geschlauchte Lektorin Carla hat sich für ein paar Wochen aus der Zivilisation zurückgezogen, um in einer einsamen Holzhütte an der Ostküste Maines ihre Energiereserven wieder aufzutanken und nebenbei ein neues Werk Korrektur zu lesen. Zur standesgemäßen Einweihung ihres vorübergehenden Zuhauses hat sie ihren Lebensgefährten Jim, ihren Exfreund Nick (mit dem sie nun gut befreundet ist) und ihre Schwester Marjie eingeladen, ein paar Tage mit ihr in der Abgeschiedenheit zu verbringen. Marjie und Nick bringen jeweils ihre aktuellen Partner mit, sodass sich die Gruppe mit sechs Personen in dem etwas heruntergekommenen Häuschen einrichtet. Schon kurz nach ihrer Ankunft müssen die Touristen jedoch feststellen, dass sie nicht alleine sind: Ihr Urlaubsquartier liegt mitten im Jagdgebiet einer Horde unzivilisierter Küstenbewohner, auf deren Speiseplan auch frisches Menschenfleisch steht…

Währenddessen bekommt es der erfahrene Sheriff Peters mit dem Fall um eine junge Frau zu tun, die bewusstlos und schwer verletzt aus dem Meer gefischt wurde. Als sie von der Polizei vernommen werden kann, sagt sie aus, dass eine Gruppe Kinder und Jugendlicher sie im Auto angehalten und anschließend durch die Gegend gejagt hat, bis sie schließlich von einer Klippe gesprungen ist, um ihren Verfolgern zu entkommen. Peters geht der Sache besorgt nach und fühlt sich an Ereignisse aus der Vergangenheit erinnert, als mehrere Personen an der Küste plötzlich spurlos verschwanden und nie wieder aufgetaucht sind.

Wer schon mal etwas von Jack Ketchum gelesen hat, der weiß, dass es in seinen Geschichtern keineswegs zimperlich zugeht. Handelte „Evil“ vom seelischen und körperlichen Missbrauch von Kindern in einer amerikanischen Kleinstadt, so geht es in „Beutezeit“ nun noch etwas drastischer zu. Bevor es jedoch richtig zur Sache geht, muss der Hörer eine recht lange Einführung über sich ergehen lassen. Beinahe minutiös schildert Ketchum den Tagesablauf der Lektorin Carla und beginnt detailliert mit dem Einzug in die Holzhütte. Dann wird erst einmal akribisch das Haus inspiziert und geputzt sowie die Figurenkonstellation erläutert.

Diese besteht aus der vermeintlichen Hauptfigur Carla, welche zumindest in den ersten zwei Stunden in den Mittelpunkt der Handlung gerückt wird. Die Lektorin steckt offensichtlich in einem Gefühlswirrwarr und hat sowohl ihren aktuellen Liebhaber als auch ihren Ex-Lover eingeladen, welcher natürlich ebenfalls seine aktuelle Flamme mitbringt. Komplettiert wird die Gruppe von der leicht depressiven Schwester Marjie und ihrem Schwarm Dan. So darf man sich im ersten Drittel allerlei Beziehungskram anhören, welcher aus meiner Sicht aber völlig belanglos ist. Denn kaum hat man einigermaßen verinnerlicht, wer denn nun mit wem in die Kiste steigt, wird die Gruppe auch schon auf die Hälfte dezimiert. Die oberflächliche Charakterisierung der Figuren fungiert lediglich als Pseudo-Hintergrund, kann aber getrost ignoriert werden. Wenn man schon zwei Stunden der ohnehin schon kurzen Spielzeit der Hörbuches auf die Einführung der Protagonisten verschwendet, dann sollte die Charakterzeichnung schon etwas tiefgründiger sein und sich nicht nur um das Sexualleben der Personen drehen.

Nach dem überlangen Einstieg geht es dann aber umso intensiver weiter. Kaum ist es zum ersten Kontakt mit den Kannibalen gekommen, ist die Touristen-Gruppe auch schon arg geschrumpft. Von diesem Zeitpunkt an bietet Jack Ketchum eine atemlose Gewaltorgie ohne Pause bis zum schockierenden aber immerhin konsequenten Showdown. Der Hörbuchanbieter Audible weist auf der Produktseite ausdrücklich darauf hin, dass „Beutezeit“ für Hörer unter 18 Jahren nicht geeignet ist – und selten war dieser Warnhinweis gerechtfertigter. Der Autor schreckt hier wirklich vor nichts zurück. Niedergemetzelte Menschen und abgetrennte Gliedmaßen zählen hier noch zu den harmloseren Szenen. Wer schon immer mal wissen wollte, wie Schädel aufgeschlagen oder Kinder enthauptet werden und ihnen ins Auge geschossen wird, der ist bei „Beutezeit“ definitiv richtig. Ich kann mit Fug und Recht behaupten, dass dieses Hörbuch mit Abstand des Grausamste und Ekligste ist, was ich jemals gehört oder gelesen habe. Hier werden Menschen kompromisslos abgeschlachtet und wie Spanferkel gegrillt, Leichen verstümmelt und Gedärme verspeist.

Lässt man die absolut überzogene Brutalität aber mal beiseite, so bleibt ein relativ innovationsarmer und ideenloser Thriller, dessen Handlung man auf wenige Säte komprimieren kann. Langweilige Charaktere werden von unzivilisierten Menschenfressern niedergemäht, bis schließlich alles auf das ultimative Gemetzel zum Schluss hinausläuft. Die Nebenhandlung mit dem Sheriff Peters dient hier lediglich zur Vorbereitung des Finales und gerät stellenweise fast vollständig in Vergessenheit. Natürlich habe ich kein anspruchsvolles Drama erwartet, aber ein wenig mehr Tiefsinn wäre sicherlich nicht verkehrt gewesen. Am interessantesten ist hier vielleicht noch die Darstellung der Kannibalen selbst. Diese leben offenbar schon seit jeher fernab jeglicher Zivilisation und zu fast steinzeitlichen Bedingungen in einer versteckten Höhle. So sehen sie die Touristen als natürliche Beute an und folgen lediglich dem Gesetz des Stärkeren. Die Gruppe verhält sich annähernd wie eine Horde blutrünstiger Primaten: in den Pausen zwischen den gnadenlosen Menschenjagden geben sie ihren sexuellen Trieben nach und fallen wie verrückt übereinander her. Ob man die Idee einer isolierten Kannibalengesellschaft im amerikanischen Maine für glaubwürdig hält, muss jeder für sich selbst entscheiden. Amüsant fand ich aber, dass die primitiven Geschöpfe offenbar mühelos in der englischen Sprache miteinander kommunizieren, obwohl sie doch fernab der gebildeten Gesellschaft leben und nur zum Jagen mit ihnen in Kontakt kommen…

Zum Sprecher:
Wie schon das Ketchum-Hörbuch „Evil“ wird auch „Beutezeit“ wieder von Uve Teschner gelesen, welcher offenbar sehr gerne für grenzwertige Stoffe gebucht wird. Neben den Ketchum-Titeln liest er nämlich auch die Geschichten von Richard Laymon (u.a. „Die Insel“), welcher eine ähnlich kranke Fantasie hat wie der Autor dieses Hörbuches. Ich muss aber ehrlich sagen, dass Teschner sich immer mehr zu einem meiner Lieblingssprecher entwickelt. Meiner Meinung nach passt seine Stimme sehr gut zu diesen „harten“ Storys und seine Leistung wertet das Buch noch einmal deutlich auf.

Mein Fazit:
Wer sich an ein Jack Ketchum-Hörbuch wagt, sollte eigentlich wissen, was ihn erwartet. Für „Beutezeit“ möchte ich aber noch mal eine ausdrückliche Warnung aussprechen: die Geschichte ist wirklich nichts für zarte Gemüter. Die Story besticht geradezu durch unglaubliche Brutalität, bei der keine Grausamkeit ausgelassen wird. Der Autor schildert jede Verstümmelung bis ins kleinste Detail und schreckt dabei auch nicht vor Kindern zurück. Ich will das Buch jedoch nicht alleine aus diesem Grund verurteilen, hier muss jeder selbst entscheiden wie er zu einem solchen Gewaltporno steht. Lässt man den Splatter-Faktor jedoch beiseite, bleibt leider nur eine recht unkreative und äußerst vorhersehbare Geschichte mit ziemlich oberflächlichen Charakteren. Überrascht habe ich daher im Nachhinein einige Rezensionen bei amazon.de gelesen, wo „Beutezeit“ als Meilenstein der Horrorliteratur gefeiert wird. Richtig guter Horrorstoff zeichnet sich aber meiner Meinung nach auch durch eine spannende Handlung und eine unheimliche Atmosphäre aus, wie es in vielen Stephen King- oder Dean Koontz-Werken der Fall ist. Hier bietet mir „Beutezeit“ ehrlich gesagt ein bisschen zu wenig.

Meine Wertung: 5/10

Informationen:
„Beutezeit“ von Jack Ketchum hat eine Spieldauer von 6 Std. und 31 Min. und ist ungekürzt für 20,95 € bei audible.de erhältlich. Im Flexi-Abo kostet der Titel wie gewohnt nur 9,95 €. Der Trailer zum Buch ist unten eingebettet.

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