Tags: Atlantik Verlag, Gewalt, Hoffmann & Campe, Inspektor Akyl Borubaew, Kirgisistan, Korruption, Mord
Genre: Thriller
Nachdem er bei seiner aufsehenerregenden Mordermittlung im vergangenen Winter für einige Unruhe gesorgt hatte, wird Inspektor Akyl Borubaew von der Hauptstadt Bischkek in die kirgisische Provinz strafversetzt, doch auch dort scheint der unbequeme Mordermittler nicht von brutaler Gewalt verschont zu bleiben: In einem abgelegenen Feld werden die Leichen von sieben Kindern gefunden, wie Abfall in Plastiktüten verpackt und achtlos in der kalten Erde verscharrt. Die sterblichen Überreste befinden sich jeweils in unterschiedlichen Stadien der Verwesung, doch eines haben alle Opfer gemeinsam: am Arm jedes ermordeten Kindes findet sich ein dünnes Plastikarmband, das auf einen Aufenthalt in einem der Waisenhäuser Kirgisistans hindeutet. Borubaew macht diese Entdeckung besonders schwer zu schaffen, denn er selbst hat einen Großteil seiner Jugend in einem der unerbittlichen Kinderheime des Landes verbracht und ist daher über das tragische Schicksal der Toten besonders wütend. Er setzt alles daran, die Verantwortlichen für diese unfassbaren Gräueltaten zur Rechenschaft zu ziehen, muss dabei aber schnell feststellen, dass er sich mit seinen rigorosen Ermittlungen offenbar mit einigen sehr einflussreichen und gefährlichen Leuten anlegt…
Inspektor Borubaew ermittelt in seinem zweiten Fall
Mit seinem Kriminalroman „Blutiger Winter“ entführte der Engländer Tom Callaghan seine Leser im vergangenen Jahr zum ersten Mal ins unwirtliche Kirgisistan, wo sein Ermittler Akyl Borubaew den brutalen Mord an einer jungen Frau aufklären musste. Seitdem sind einige Monate ins Land gegangen, in denen sich die Lage für den eigenwilligen Inspektor nicht gerade verbessert hat: In seinem Hauptstadt-Bezirk hat Borubaew durch seine Ermittlungen zu viel Dreck aufgewühlt und sich in die ein oder andere dubiose Machenschaft verwickeln lassen, sodass ihn seine Vorgesetzten in die kirgisische Provinz abgeschoben haben, wo Akyl selbst mit seiner forschen Art vermeintlich keinen weiteren Schaden mehr anrichten kann. Das klappt aber nur in der Theorie, denn schon kurz nach seiner Versetzung ins Exil wird der Ermittler mit den grausamen Morden an mehreren Waisenkindern konfrontiert, sodass Borubaew auch gleich zu Beginn des zweiten Bandes „Tödlicher Frühling“ wieder auf Konfrontationskurs mit Kriminellen und Autoritäten geht.
Erschütternde Ermittlungen zwischen Korruption und Kinderpornografie
Dabei wird schnell klar, dass auch Callaghans zweiter Kirgisistan-Thriller wieder nichts für zartbesaitete Gemüter ist, denn schon auf den ersten Seiten schockt der Autor mit den grausigen Kindermorden, bei denen wehr- und hilflose Waisenkinder wie Müll entsorgt wurden, nachdem man sie zuvor qualvoll missbraucht hat. Die Spur führt schnell in Richtung Kinderpornographie und es dürfte selbst für abgehärtete Thriller-Leser erschütternd sein, wie viel Menschenverachtung und Kaltblütigkeit die Täter an den Tag legen und welch unfassbares Leid die Opfer vor ihrem Tod durchmachen mussten. „Tödlicher Frühling“ ist also alles andere als ein Wohlfühl-Krimi, wozu auch das unwirtliche Setting wieder viel beiträgt: Zwar spielt die Handlung (wie der Titel schon verrät) nicht mehr im eisigen kirgisischen Winter wie noch der Vorgänger, doch auch bei steigenden Temperaturen zeigt sich das zentralasiatische Land in diesem Buch wieder alles andere als von seiner Sahneseite: Tod und Gewalt lauern anscheinend an jeder Straßenecke, von dem korrupten Polizeiapparat dürfen Bürger keine wirkliche Hilfe erwarten und wer in Städten wie Bischkek, Karakol oder Osch eines natürlichen Todes sterben „darf“, hat in seinem Leben anscheinend das ganz große Los gezogen – zumindest wenn man der Darstellung Tom Callaghans glauben darf, der sich mit dieser Region einen meiner Meinung nach hochinteressanten Schauplatz für seine knallharte Reihe ausgesucht hat.
Ein Ermittler mit bewegter Vergangenheit und unerschütterlichem Gerechtigkeitsgefühl
Mit seinem Inspektor Akyl Borubaew hat der Autor jedoch einen Charakter erschaffen, der sich in diesem Moloch zu behaupten weiß, wie er auch bei seinem zweiten Fall eindrucksvoll unter Beweis stellt, denn ohne Rücksicht auf das eigene Wohlergehen stürzt sich der Ermittler mit vollem Einsatz in die Jagd auf die Kindesmörder – wohl auch deshalb so kompromisslos, weil er seit dem Krebstod seiner geliebten Frau einen gewissen Hang zur Lebensmüdigkeit entwickelt hat und sich durch die ihm auferlegten Torturen anscheinend auch ein Stück weit selbst geißeln will. Im der Fortsetzung feilt Callaghan dabei weiter am Profil seines Protagonisten und man erfährt viel über die Vergangenheit Borubaews, die sich bis in eines der harten Waisenheime Kirgisistans erstreckt. Fans des Vorgängers dürften sich zudem über den erneuten Auftritt von Akyls mysteriöser und nicht weniger toughen usbekischen Mitstreiterin Saltanat freuen, die gemeinsam mit ihrem Kollegen in ihrem Nachbarland mal kräftig aufräumt.
Spannend, düster, knüppelhart
Was die Story betrifft, so bleibt „Tödlicher Frühling“ meiner Meinung nach zwar leicht hinter dem Auftaktband zurück, da manche Entwicklung für mich zu sehr dem Zufall geschuldet war und so mancher Hinweis dem Duo Borubaew/Saltanat eher in die Hände gefallen zu sein schien, trotzdem konnte mich auch die Fortsetzung wieder mitreißen. Tom Callaghans düstere Thriller sind aufgrund des doch recht ausgeprägten Gewaltanteils (der hier nicht nur durch die grausigen Morde, sondern z.B. auch durch eine ziemlich nervenzehrende und detailliert beschriebene Folterszene in die Höhe getrieben wird) sicherlich nicht für jeden Hobby-Ermittler die geeignete Lektüre, wer aber knallharte Thriller mit spannendem Setting, komplexen Charakteren und schockierenden Geschichten sucht, ist bei der Akyl-Borubaew-Reihe sicherlich bestens aufgehoben – das gilt trotz im Vergleich zum Vorgänger kleinerer Abstriche bei der Story auch für „Tödlicher Frühling“.
Cover: | |
Charaktere: | |
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Atmosphäre: |
8/10